Panama heißt die Kompromisslösung

Die beiden Kontrahenten Venezuela und Guatemala um einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat ziehen ihre Bewerbung zurück und machen damit den Weg für Panama frei. Venezuelas UN-Botschafter spricht von einer „ersten Lektion für die USA“

VON GERHARD DILGER

Der neben Peru zweite nichtständige Vertreter Lateinamerikas im UN-Sicherheitsrat heißt ab 2007 Panama. Nach 47 geheimen Wahlgängen in der UNO-Vollversammlung, bei der weder Venezuela noch Guatemala die erforderliche Zweidrittelmehrheit erreichten, einigten sich die Kontrahenten am Mittwoch auf das zentralamerikanische Land als Kompromisslösung.

Diego Cordovez, der vermittelnde UN-Botschafter Ecuadors, gab die Entscheidung in New York bekannt. Gestern stimmten die Regierungen der lateinamerikanischen und karibischen Staaten der Lösung zu. „Ich kann nicht behaupten, dass ich eine große Freude empfinde“, sagte Guatemalas Außenminister Gert Rosenthal. Die offene Unterstützung seines Landes durch die USA sei ein „zweischneidiges Schwert“ gewesen: „Auf manchen Gebieten war sie eine Hilfe, aber auf anderen hat sie uns geschadet.“

Für seinen venezolanischen Kollegen Nicolás Maduro zeigt die Einigung, dass „Lateinamerika fähig ist, souverän Entscheidungen zu treffen“. Beide Minister lobten den Kompromisskandidaten über den grünen Klee. „Panama ist sowohl Zentralamerika und Venezuela nahe und kann eine einigende Rolle zwischen Süd- und Zentralamerika spielen“, sagte der Guatemalteke Rosenthal. Maduro bezeichnete Panama als „Punkt eines glücklichen Konsenses“ und als „Treffpunkt von Südamerika, Zentralamerika und der Karibik, so wie es einst der Befreier Simón Bolívar erträumt hatte“.

Das vom Sozialdemokraten Martín Torrijos regierte Land „übernimmt die unerwartete Ehre und Verantwortung“ gerne, heißt es in einer Erklärung des Außenministeriums. Diese „Mission“ falle mit dem „Beginn der transzendentalen Etappe des Kanalausbaus“ zusammen, den die Regierung am 22. Oktober durch ein Referendum hatte absegnen lassen.

„Wir haben große Lehren aus diesem Prozess gezogen“, sagte Venezuelas Außenminister. Die „erste Lektion für die USA“ erläuterte UN-Botschafter Francisco Arias Cárdenas gestern in einem Radiointerview: Die Weltmacht müsse verstehen, dass sie „die Länder respektieren muss, ihre Macht nicht missbrauchen darf und dass man im Dialog viel mehr erreichen kann als durch Druck und Erpressung“.

Über die Lehren für ihren Staatschef Hugo Chávez schwiegen sich die Diplomaten aus. Im September hatte Chávez in der UNO-Vollversammlung George W. Bush als „Teufel“ bezeichnet, was ihn entscheidende Stimmen für die monatelang aufwändig vorbereitete Kandidatur gekostet haben dürfte. Auch sein Versuch, Bolivien in der vergangenen Woche als Kompromisskandidaten ins Spiel zu bringen, scheiterte an den Gegensätzen zwischen jenen Staaten, die stark auf Washington ausgerichtet sind, und der „antiimperialistischen“ Achse Havanna-Caracas-La Paz.

Panama gehört der Gruppe jener Mitte-links-regierten Länder an, die sich bislang enthalten oder für Venezuela votiert hatten. Panama wird Nachfolger Argentiniens, das zum 1. Januar 2007 aus dem UN-Sicherheitsrat ausscheidet. Der 2006 und 2007 amtierende Vertreter Lateinamerikas ist Peru. Am 9. Oktober wurden bereits Südafrika, Belgien, Indonesien und Italien für die Jahre 2007 und 2008 gewählt.

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