Transrapid-Ausschuss gefordert

Landtagsgrüne wollen Schuld am Magnetbahn-Unglück nicht von vornherein bei den Fahrdienstleitern lassen. Genehmigung als Versuchsanlage trotz vieler Besucher

HANNOVER taz ■ Menschliches Versagen – so lautet bislang die Erklärung der Genehmigungs- und Ermittlungsbehörden für das Transrapid-Unglück im Emsland. Die niedersächsischen Grünen wollen sich mit dieser Erklärung, die allein die beiden Fahrdienstleiter auf dem Magnetbahn-Leitstand für den Unfall mit 23 Toten und zehn Verletzten verantwortlich macht, nicht zufrieden geben. Die Landtagsfraktion in Hannover hat einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu dem Unglück beantragt. Er soll vor allem klären, warum es auf der Teststrecke kein „integriertes technisches Sicherungssystem für alle Magnetzüge und Wartungsfahrzeuge“ gab. Das hätte den Transrapid bei besetzter Strecke automatisch gestoppt.

„Außerdem soll der Ausschuss klären, warum das für die Strecke verantwortliche Wirtschaftsministerium nach dem Unfall gemauert, Informationen nur stückweise herausgegeben und sich dabei noch widersprochen hat“, sagte der Verkehrsexperte der Fraktion, Enno Hagenah.

Landeswirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) hatte etwa vor dem Landtag zunächst behauptet, dass auf der Teststrecke im Emsland „kein geringerer Sicherheitsstandard vorgeschrieben war, als er bisher für die Anwendungsstrecke in München in Frage kam“. Mittlerweile hat sein eigenes Wirtschaftsministerium zugegeben, dass dem Eisenbahnbundesamt schon 2005 für die Münchner Strecke ein integriertes, die Wartungsfahrzeuge umfassendes Sicherheitskonzept vorgelegt wurde. Hirche hat also am 11. Oktober vor dem Landtag zumindest objektiv die Unwahrheit gesagt.

Die Grünen verweisen auch darauf, dass bei der Eisenbahn schon seit Jahrzehnten alle Strecken automatisch kontrolliert werden. Bei der Bahn steht neben jedem Signal ein Achszähler. Solange ein Zug nicht vollständig das nächste Signal passiert hat, kann das Stellwerk den Abschnitt nicht wieder freigeben. Auf der Transrapid-Teststrecke wurden die Wartungsfahrzeuge zwar mit einem GPS-Ortungssystem ausgestattet, nachdem Ende 2004 zwei dieser Fahrzeuge kollidiert waren. Das zeigte dem Leitstand zwar die Position der Wartungsfahrzeuge an, führte aber gerade nicht zur automatischen Sperrung der besetzten Strecke.

Den niedrigen Sicherheitsstandard auf der Teststrecke führt der Grüne Hagenah auch auf deren Genehmigung nach dem Versuchsanlagengesetz zurück. Eine reine Versuchsanlage war die Strecke im Emsland aber schon lange nicht mehr. Seit dem Jahr 1999 kauften dort 492.000 Besucher eine Transrapid-Fahrkarte und machten mit der über 400 Stundenkilometer schnellen Magnetbahn eine touristische Rundfahrt.

Untersuchen soll der Ausschuss zudem eine Reihe kleinerer Zwischenfälle auf der Teststrecke, über die das Wirtschaftsministerium erst kürzlich informiert hat. Für den Untersuchungsausschuss braucht die Grünen-Fraktion allerdings die Unterstützung der SPD im Landtag. Die will sich erst nach einer weiteren Anhörung im Wirtschaftsausschuss entscheiden. Diese Anhörung findet heute statt. JÜRGEN VOGES