Der Rock in seinen Großbuchstaben und eher bedeckt gehalten, im Post-Format: Baby Universal und Saroos

Es gibt viel zu beachten als Rockband. Zuerst einmal braucht man einen Namen. Der darf ruhig dämlich sein, Hauptsache, er merkt sich leicht. Zweitens schadet es nicht, wenn der Sänger zum Exhibitionismus neigt. Und drittens, nicht ganz unwichtig, sollte man in einem Genre, dem die neuen Ideen ausgegangen sind, nicht unbedingt ein Problem damit haben, vornehmlich Altbekanntes wiederzukäuen

So gesehen könnte Baby Universal eine große Rockkarriere bevorstehen. Nicht nur haben sie einen ausgesprochen bescheuerten Namen, der zwar von einem Tin-Machine-Song geklaut ist, aber vor allem so hervorragend Rockklischees wachruft, dass man sich fragt, warum noch niemand vor ihnen drauf gekommen ist. Außerdem entblößt Sänger Cornelius Ochs auf Fotos gern seinen durchtrainierten Oberkörper. Und nicht zuletzt weist das Quintett mit diesem zwar schon dritten, aber doch selbst betitelten Album nach, wie man heute noch ROCK in Großbuchstaben deklinieren kann. Dazu schrecken sie vor dem schweinischen Gitarrensolo ebenso wenig zurück wie vor einer gut abgehangenen Blues-Stimmung oder Melodien mit großer Geste. Man hört, dass Baby Universal vor allem allerhand Doors gehört haben.

Aufgenommen hat die aus Halle stammende Band stilecht nicht etwa digital, sondern in ihrem Berliner Studio auf Bandmaschinen, wie sie schon in den Siebzigern verwendet wurden. Nun darf man sich einbilden, nicht nur bei den stimmungsvollen Balladen das Glimmen der Röhrenverstärker hören zu können. Wichtiger aber ist, dass Baby Universal nicht nur den längst klassischen Rock bitterernst nehmen, sondern auch ein paar Songs geschrieben haben, die sich im Ohr festsetzen.

Da macht es gar nichts mehr, dass Ochs die Liebe in den Ruinen dieser Stadt besingt, dann aber von der Liebsten draußen im Dunkeln gelassen wird. Auf Englisch hört sich das, wenn man genau hinhört, sogar noch klischeeträchtiger an. Aber man muss ja nicht genau auf die Texte hören. Denn so leicht, wie Ochs das hinsingt, wie dann frech die Geigen einsetzen und der Doo-Do-Do-Chor, wie der Pop im Rock immer federleichter wird, da kann man Baby Universal nicht mehr wirklich böse sein

Einen geradezu gegenteiligen Ansatz verfolgen Saroos auf ihrem zweiten Album „See Me Not“. Bei ihnen kommt Rock zuerst mit seinem endgültigen Abgesang, dem Post-Rock, vor. Und der wird dann systematisch mit den neuesten technischen und musikalischen Errungenschaften verschmolzen. Dazu erforscht das Berlin-Münchener Trio, dessen Mitglieder sonst in so Formationen wie Lali Puna, Notwist oder Contriva spielen, einerseits zwar die Vergangenheit wie den allseits beliebten Krautrock, aber experimentiert auch mit den grellen Oberflächen aktueller Popmusik. Die wenigen Stimmen wabern nur noch wie Gespenster durch die stoisch pluckernden Tracks, als wollten sie den Hörer daran erinnern, wie Rock einmal war und heute nicht mehr sein darf. Außer natürlich, man gibt sich einen dämlichen Namen wie Baby Universal. THOMAS WINKLER

■ Baby Universal: „Baby Universal“ (Dreaminc/EMI), live am 1. 12. im Bassy Club

■ Saroos: „See Me Not“ (Alien Transistor/Indigo), live 5. 12. Nbi