Wie erleben Sie den Klimawandel? Folge 2: Francisca Sevilla in Nordnicaragua
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Ort: Los Encuentros, Nordcicaragua

Klimawandel: Meereserwärmung führt zu immer verheerenderen Hurrikanen

Betroffen: Francisca Sevilla

Der Vorhof zur Hölle hat einen Namen: Mitch. Doña Francisca erlebte ihn vor acht Jahren im Ort Los Encuentros, im Norden Nicaraguas.

Zuerst fielen nur ein paar Tropfen, dann regnete es stärker und die steigenden Fluten des Naranjo und Colocondo trieben dicke Steine durch ihr Flussbett. Schließlich tobte der Wind mit 200 Stundenkilometern. Niemand hatte die Bewohner gewarnt. „Wir waren von Meer umgeben“, sagt Francisca Sevilla, 57. „Ich dachte, der Jüngste Tag ist gekommen.“ In sieben Tagen fielen über 1.400 mm Niederschlag.

Hurrikan „Mitch“ riss 1998 allein in Nicaragua über 3.000 Menschen in den Tod. Man nannte ihn Jahrhundertsturm. Der Begriff ist überholt: Im letzten Jahr brach Hurrikan „Beta“ über Nicaragua herein, davor hatte „Stan“ tausende Menschen in der Karibik getötet. „Wilma“ ging letztes Jahr als kräftigster Hurrikan in die Geschichte der Karibik ein. Laut Wissenschaft macht die Meereserwärmung im Atlantik die Hurrikane größer und gefährlicher. „Wir sind von der Katastrophenhilfe zur -vorsorge übergegangen“, sagt Jürgen Schmitz, Leiter der Deutschen Welthungerhilfe in Nicaragua. Finanziert von der EU begannen die DWHH-Mitarbeiter in der Region mit der Katastrophenprävention: Brücken über das sonst fast ausgetrocknete Flussbett bieten im Katastrophenfall Fluchtwege, Rettungsbrigaden wurden ausgebildet. Koordiniert werden die Maßnahmen von einer regionalen Katastrophenzentrale, die es vor dem Präventionsprogramm nicht gab.

Herzstück des Schutzprogramms ist ein flächendeckendes Funkfrühwarnsystem. An den Oberläufen der Flüsse und in der Tiefebene wird täglich die Regenmenge abgelesen und zentral gesammelt, berichtet Doña Francisca, während sie den Besucher zu ihrer Messstation führt. In einer Liste hat sie die Wassermengen der letzten Tage penibel registriert. „Wenn die Flüsse nach Regenfällen ungewöhnlich ansteigen, melde ich das über das Funkgerät dem Zentrum in Limay. Das leitet dann die Evakuierungsmaßnahmen ein.“

Geschwindigkeit ist angesagt, von der Messstation von Doña Francisca bis in die Ortschaft San Juan de Limay braucht ein Wassertropfen nur 18 Minuten – ein Auto braucht für die Strecke mehr als eine Stunde. Während des Hurrikans „Beta“ Ende Oktober 2005 konnten aufgrund des Frühwarnsystems 80 Familien rechtzeitig evakuiert werden.

HANS-ULRICH DILLMANN