Der einsame Wikinger Michael Glos

Wieder einmal fordert der Wirtschaftsminister eine Lockerung des Kündigungsschutzes. Diesmal soll Dänemark Vorbild sein. Doch die SPD winkt ab. CDU-Arbeitnehmer haben „verfassungsrechtliche Bedenken“. Grüne nennen Glos-Vorschlag „Unsinn“

AUS BERLIN DANIEL SCHULZ

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) will den Kündigungsschutz lockern. Vorbild sollen Regelungen in Dänemark sein, wo auch mehr Arbeitslosengeld gezahlt wird. Diese Unterstützung ist jedoch mit härteren Auflagen als in Deutschland verknüpft.

Glos machte seine Vorschläge in der Welt am Sonntag und pikste damit in eine kaum verschorfte Wunde aus den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. Damals verabredeten die Parteien, die Probezeit bei Neueinstellungen von sechs Monaten auf zwei Jahre zu verlängern. Erst dann sollte der Kündigungsschutz wirksam werden. Im Gegenzug sollte die aktuelle Möglichkeit beschränkt werden, Arbeitsverträge auf bis zu 24 Monate zu befristen, ohne dies sachlich zu begründen. Doch dazu kam es nicht, weil die Wirtschaftsverbände den Kompromiss ablehnten. Der sei handwerklich so mies, da verfahre man lieber nach den bisherigen Regeln, hieß es. Auch die Union nahm Abstand von dem Projekt, und seitdem liegt es auf Eis. Glos will sich damit offenbar nicht zufriedengeben, in regelmäßigen Abständen fordert er, den Kündigungsschutz zu lockern. Gegen seinen aktuellen Vorschlag gibt es in der SPD, aber auch in der eigenen Partei Vorbehalte.

So sagte Hessens Ministerpräsident Roland Koch zwar, dass die Regeln auf dem Arbeitsmarkt gelockert werden sollten. In einer großen Koalition sei dies aber kaum möglich. Der Sprecher der Arbeitnehmer in der Unions-Bundestagsfraktion, Gerald Weiß, sagte der taz, es gebe „wegen des Sozialstaatsgebotes verfassungsrechtliche Bedenken“ gegen eine ähnliche Lockerung des Kündigungsschutzes wie in Dänemark. Außerdem habe der entsprechende Umbau in dem skandinavischen Land „sehr viel politische Energie gekostet, von der ich mir nicht sicher bin, ob sie derzeit vorhanden ist.“ Weiß schlägt daher vor, in kleinen Schritten vorzugehen und „uns kein absolut unkompatibles System überzustülpen“. Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) lehnte Glos’ Idee ebenfalls ab und verwies auf die Koalitionsvereinbarung. Sozialdemokratische Landespolitiker folgten seinem Beispiel. Auch die Grünen kritisierten den Vorstoß des Wirtschaftsministers. „Das ist völliger Unsinn“, sagte die für Arbeit und Wirtschaft zuständige Fraktionsvize Thea Dückert der taz. „Bisher hat jede seriöse Studie bewiesen, dass eine Lockerung des Kündigungsschutzes keine Arbeitsplätze bringt.“ Dückert hält Glos’ Vorstoß daher für „bloße Symbolpolitik.“