Gülle bleibt unkontrollierbar

AGRARINDUSTRIE Niedersachsens Güllekataster kommt – aber zunächst nur auf freiwilliger Basis

Niedersachsens grünem Landwirtschaftsminister Christian Meyer droht eine Niederlage bei einem zentralen politischen Projekt: Die Daten für das Güllekataster, das der 38-Jährige immer wieder gefordert hat, sollen zunächst nur auf freiwilliger Basis erhoben werden – mit Zustimmung der Landwirte. Damit bleibt weiter unklar, auf welchen Flächen genau welche Menge Gülle und Mist aus der Massentierhaltung landen und dort das Grundwasser belasten.

Umweltschützer und Wasserverbände warnen seit Jahren vor überdüngten Böden in Deutschlands Tiermast-Land Nummer 1. Die Gülle der 8,7 Millionen Schweine und der 2,6 Millionen Rinder, die über Äcker entsorgt wird, enthält Nitrat. Das gelangt auch in tiefe Grundwasserschichten – und wird im menschlichen Körper in Krebs erregendes Nitrit umgewandelt. Aktuell gilt das Wasser unter 60 Prozent der niedersächsischen Landesfläche als belastet: Der EU-Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter wird überschritten.

Minister Meyer wollte Massentierhalter deshalb verpflichten, genau anzugeben, auf welchen Flächen sie ihre Gülle verklappen. Doch offenbar hat sich vorerst der „Landvolk“ genannte Landwirtschaftsverband durchgesetzt: Im ersten Anlauf soll das Güllekataster aus bereits bestehenden Daten zusammengesetzt werden, wie sie etwa bei Anträgen auf Subventionen oder Meldungen an die Veterinärämter anfallen – wenn die Landwirte dieser Verwendung trotz Datenschutzbedenken zustimmen.

„Diese Freiwilligkeit bleibt ein Problem“, räumte der Agrarexperte der grünen Landtagsfraktion, Hans-Joachim Jansen, gegenüber der taz ein. Außerdem scheint die Zahlenbasis fragwürdig: Insider warnen, der als Versicherung fungierenden Tierseuchenkasse würden viel größere Nutztierbestände gemeldet als den Veterinärämtern. ANDREAS WYPUTTA