Die Moderaten werden an Einfluss verlieren

Die kommenden zwei Jahre dürften die Republikaner zur Neuorientierung nutzen. Ihre Hauptaufgabe aber werden sie darin sehen, eine neue, effektive Führungsmannschaft zu etablieren. Und ein verstockter George Bush kann immer noch dazu dienen, sich von ihm zu distanzieren

WASHINGTON taz ■ Sicher kann niemand sein. Doch auch die Republikaner gehen davon aus, dass sie wohl ihre seit zwölf Jahren andauernde Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren.

Die kommenden zwei Jahre dürften insofern innerhalb der Republikaner durchaus zur Neuorientierung dienen – ihre Hauptaufgabe aber werden sie darin sehen, innerhalb des Kongresses eine neue, effektive Führungsmannschaft zu etablieren. Diejenigen, die in Bushs erster Amtszeit die republikanischen Abgeordneten und Senatoren mit eiserner Faust zusammengehalten hatten, sind inzwischen über Skandale gestolpert und zurückgetreten.

Der jetzige Mehrheitsführer im Senat, Bill Frist, scheidet im Januar aus dem Senat aus, weil er auf die Präsidentschaftskandidatur 2008 hofft. Der jetzige Haussprecher Dennis Hastert ist wegen seiner Rolle im Skandal um den Abgeordneten Mark Foley, der wegen expliziter E-Mails an Schülerpraktikanten zurücktreten musste, so diskreditiert, dass auch seine Tage als führender Republikaner gezählt sein dürften.

Für lang andauernden Frust haben die Republikaner gleichwohl keinen Grund. Denn selbst eine Niederlage bei dieser Wahl würde weithin als Bush-Referendum interpretiert. Der aber tritt nun einmal 2008 nicht mehr an, und die Republikaner haben alle Chancen, in zwei Jahren erneut die Wahlen zu gewinnen.

Denn all das, was sie in den letzten Jahrzehnten an konservativer Basisbewegung aufgebaut, an Werteverschiebung nach rechts erreicht haben, geht mit einer Denkzettelwahl über den Irakkrieg nicht verloren. Das gilt genauso für ihre hervorragend arbeitende Wahlkampfmaschinerie.

Allerdings: Die nächsten zwei Jahre werden auch definieren, ob die Partei weiterhin im gleichen Maße an den rechten Rand strebt wie in den vergangenen sechs Jahren. Doch gerade die wenigen verbliebenen Moderaten werden durch die heutige Wahl weiter an Einfluss verlieren – sie kommen aus liberaleren Wahlkreisen, die genau deshalb zwischen Demokraten und Republikanern stärker umkämpft sind.

Wenn die nationale Stimmung gegen die Republikaner umschlägt, verlieren diese Moderaten eher ihren Sitz als erzkonservative Kandidaten aus strikt konservativen Wahlkreisen. Ein solches Schicksal könnte etwa dem republikanischen Senator Lincoln Chafee aus Rhode Island drohen, dem anerkannt liberalsten Konservativen im Senat.

Andererseits aber lässt der Schwung, den die Konservativen nach dem 11. September 2001 aufnehmen konnten, doch inzwischen deutlich nach. Der Irakkrieg gilt auch vielen republikanischen Wählern als Desaster.

Die Warnungen, die Demokraten paktierten mit den Terroristen, überzeugen nicht mehr wirklich. Und auch die Neokonservativen, weithin als treibende Kraft hinter Bushs Außenpolitik angesehen, orientieren sich derzeit neu.

Richard Perle etwa, der als „Fürst der Finsternis“ bekannte Militärstratege und einer der Architekten des Irakkrieges, beklagt sich heute bitter darüber, wie inkompetent der Krieg geführt worden sei. Perle geht in einem Vorabdruck der Januarausgabe von Vanity Fair sogar soweit zu sagen: Wenn er damals gewusst hätte, wie sich die Dinge entwickeln würden, hätte er nach anderen Optionen als der militärischen gesucht. Diese Argumentationslinie war bislang opportunistischen demokratischen Senatoren vorbehalten.

Die Republikaner werden sich in den kommenden zwei Jahren demnach teilweise neu erfinden – oder sie werden zumindest so tun. Dabei dürfte es den republikanischen Kongressmitgliedern gerade recht sein, wenn George Bush zum Beispiel nicht dem Druck nachgibt, Donald Rumsfeld als Verteidigungsminister zu entlassen.

Die Logik dahinter ist: Je mehr der Präsident seinen Kurs hält, desto schöner kann man sich für die Zukunft davon distanzieren – und die Proteststimmen nicht den Demokraten überlassen. An der Basis aber wird sich nichts ändern: Fox News und konservative Talk Radios werden weiterhin täglich das ideologische Fundament dafür zimmern, dass die Republikaner ihren Direktzugriff auf die Köpfe nicht verlieren. BERND PICKERT