Gipfel nur mit Separatisten

EUROPA Moskau stellt Bedingungen für neues Treffen zur Lösung der Ukraine-Krise

AUS WIEN RALF LEONHARD

Die prorussischen Milizen in der Süd- und Ostukraine sollen diplomatisch aufgewertet werden. Das ist die zentrale Botschaft von Russlands Außenminister Sergei Lawrow – und seine Bedingung für einen neuen Ukraine-Gipfel.

Ohne die Teilnahme der nach Moskaus Darstellung unabhängig agierenden Separatisten sei ein neues Treffen nicht sinnvoll. Wenn die „Opposition“ nicht mit am Tisch sitze, hätte ein Gipfel „keinen Nutzen und bringt uns der Lösung nicht näher“, so Lawrow. Dringlich sei hingegen ein „nationaler Dialog“ in der Ukraine: „Wir müssen alle an einen Tisch bringen.“

Die Äußerungen fielen Dienstag in Wien, wo Lawrow beim Ministertreffen des Europarats auf seine Amtskollegen traf. Normalerweise bieten die jährlichen Treffen wenig schlagzeilentaugliches Material. Diesmal war das anders, denn nach dem Genfer Abkommen vom 21. April bot sich die erste Gelegenheit, den seither dramatisch aus dem Ruder gelaufenen Konflikt in der Ukraine zu entschärfen.

Allerdings reiste Lawrow Dienstagnachmittag wieder ab, ohne den europäischen Amtskollegen viel Hoffnung auf ein Einlenken Moskaus zu machen. Russlands Außenminister hält auch die für 25. Mai vorgesehenen Wahlen für nicht sinnvoll. Es sei „ungewöhnlich“, Wahlen zu veranstalten, während das ukrainische Militär gegen Teile der eigenen Bevölkerung vorgehe, bestätigte Lawrow, was Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, bereits zuvor verkündet hatte: Wahlen unter diesen Umständen seien „absurd“, denn die Ukraine sei Schauplatz von „Strafaktionen“ und „Massenmord“.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier dagegen warnte Moskau davor, die ukrainischen Wahlen zu torpedieren. Er erschien nicht beim Europarat, sondern traf seine Amtskollegen aus Russland und der Ukraine einzeln am Wiener Flughafen Schwechat.

Der Europarat mit Sitz in Straßburg hat 47 Mitglieder, zu denen neben den 28 EU-Staaten auch Russland und die Ukraine gehören. Er wurde 1949 gegründet und hat die Aufgabe, die Mitgliedsstaaten bei der Einhaltung der Menschenrechte, dem Ausbau von Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit zu unterstützen. Exekutive Gewalt hat er keine und fungiert daher eher als Vermittlungsinstanz, wenn Mitglieder miteinander in Streit geraten, und als moralisches Druckmittel, wenn die Europäischen Menschenrechtskonventionen verletzt werden.

Dementsprechend durfte man von dem Treffen in Wien auch keine Lösungen erwarten. Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der sein Land wieder als Vermittler für internationale Krisen ins Spiel bringen will, hat sowohl Lawrow als auch den ukrainischen Außenminister Andrej Deschtschiza noch Montagabend getroffen.

Ihm gehe es darum, als Gastgeber einen „Gesprächskanal zu bieten“. Die Atmosphäre sei äußerst angespannt. Für ihn ist allein die Teilnahme der Konfliktgegner eine Erfolg. Es sei auch bereits zu einer Begegnung gekommen. Deschtschiza beschuldigte Russland in einem Interview mit dem ORF, „einen versteckten Krieg gegen die Ukraine“ zu führen. Gut ausgebildete und bewaffnete russische Spezialagenten führten dort Gebäudebesetzungen an und folterten Gefangene, so Deschtschiza