Der schnelle Draht zur Polizei

Nach dem Vorbild Niedersachsens sollen SchulleiterInnen verpflichtet werden, Erkenntnisse über Staftaten weiterzugeben. Damit soll auch Gewalt auf der Discomeile verringert werden

von Eiken Bruhn

SchulleiterInnen sollen in Zukunft Staatsanwaltschaft oder Polizei darüber verständigen, wenn an ihrer Schule Straftaten begangen oder versucht werden. Eine solche Informationspflicht nach dem Vorbild Niedersachsens stellte Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) gestern der parlamentarischen Innendeputation vor. Im Nachbarland gibt es einen Ministeriums-Erlass, nach dem Fälle von sexuellem Missbrauch, das „Abziehen“ von Sachen, gefährliche Körperverletzung, Einbrüche, Drogendealen an die Ermittlungsbehörden weitergegeben werden müssen. Meldepflichtig sind außerdem Sachbeschädigung – worunter ausdrücklich auch Graffiti fallen – und „politisch motivierte Straftaten“. Geplant ist in Bremen zusätzlich eine stärkere Präsenz von Polizei an Schulen, etwa durch Kontrollen. Der Innensenator erwartet, dass auf diese Weise gewalttätige Jugendliche früher polizeilich „erkannt“ werden und sich Gewaltdelikte außerhalb der Schule, etwa auf der Discomeile, verhindern lassen. „Probleme mit jungen Menschen, die sich bewaffnen, kommen in beiden Bereichen vor“, heißt es in einem Bericht des Senators zur Situation an der Discomeile. Vor der Einführung der Informationspflicht steht allerdings noch die Diskussion in einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe unter Federführung des Bildungssenators.

Kritisch äußerte sich gestern der Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Christian Gloede-Noweck zu den Plänen. „Das reiht sich in die restriktive Politik an Schulen ein“, so Gloede-Noweck. Zwar sei es richtig, der vorhandenen Gewalt an Schulen vorzubeugen, doch sei es seiner Meinung nach sinnvoller, dazu Sozialpädagogen einzustellen, die sich mit den Schülern beschäftigen. Sollte die Schule als verlängerter Arm der Polizei wahrgenommen werden, würde das Vertrauensverhältnis empfindlich gestört und möglicherweise sogar verhindert, dass sich Kinder und Jugendliche ihren Lehrern und Lehrerinnen anvertrauen.

Die Bürgerschaftsabgeordneten Hermann Kleen (SPD) und Matthias Güldner (Grüne) hingegen begrüßten den Vorschlag. Es gehe nicht um Bagatelldelikte sondern um zum Teil schwere Kriminalität, um Teenager, die von anderen schwer misshandelt oder abgezogen werden, sagte Kleen. Es sei richtig, wenn Schulen Informationen über solche Vorfälle nicht für sich behielten. „Das kann man nicht intern lösen“, so Güldner. Einen Denunziationscharakter dürfe der Erlass aber nicht haben.

Die Discomeile war auch Thema im Beirat Mitte am Montagabend. Beiratssprecherin Monika Heuß (Grüne) kritisierte, dass der Bausenator nur noch 100.000 statt wie ursprünglich versprochen 500.000 Euro zur Verfügung stelle, um mit baulichen Maßnahmen die Situation vor Ort zu entschärfen. So hatten die Discobetreiber immer wieder gefordert, den sehr engen Gehweg zu verbreitern, um Konflikten vorzubeugen. Jetzt soll die Beleuchtung verbessert werden. „Gleichzeitig soll die Schlachte mit 1,2 Millionen verschönert werden – das steht doch in keinem Verhältnis“, so Heuß.