NS-Raubkunst: Pariser Platz unter Verdacht

NATIONALGALERIE Herkunft des Kokoschka-Gemäldes „Pariser Platz in Berlin“ soll aufgeklärt werden

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) hat sich bereit erklärt, „gemeinsam und intensiv“ mit der Commission for Looted Art in Europe die Herkunft des Bildes „Pariser Platz in Berlin“ (1916) von Oskar Kokoschka aufklären zu wollen. Auslöser der Provenienz-Recherche ist der Verdacht, dass das Kokoschka-Gemälde von den Nazis aus dem Besitz der Galerie Caspari geraubt worden sein könnte und darum zu Unrecht zum Bestand der Berliner Nationalgalerie zählt. Die in London ansässige Commission vertritt die Erben von Anna Caspari, einer ehemals prominenten jüdischen Kunsthändlerin aus München, die 1941 von Deutschland nach Riga deportiert und dort von der SS ermordet wurde.

Nach Ansicht von Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung, sei mit der Commission jetzt eine enge Zusammenarbeit vereinbart worden, „um so rasch und fundiert wie möglich die Umstände des Erwerbs aufklären zu können“. Alle weiteren Entscheidungen müssten auf der Basis gesicherter Erkenntnisse über die Geschichte des Bildes und des möglichen NS-Kunstraubs getroffen werden. Zu der Recherche gehöre auch, den Umfang und die Verluste der Sammlung Caspari insgesamt zu untersuchen, da zu vermuten sei, dass weitere Gemälde aus dem früheren Eigentum Casparis sich in den Berliner Museen befänden, wie die Stiftung betonte.

Erst seit einigen Jahren und nach zum Teil massiver Kritik an ihrer Aufklärungsbereitschaft bemühen sich die Museen in Berlin und dem Rest der Republik verstärkt, ihre Bestände nach von den Nazis aus jüdischem Besitz geraubten Kunstwerken zu durchforsten.

Expressive Ansicht

Der „Pariser Platz in Berlin“, eine expressive Ansicht des Brandenburger Tores von Oskar Kokoschka (1886 bis 1980), hing lange Zeit im Arbeitszimmer Parzingers. Der ließ es erst kürzlich entfernen, als erste Hinweise aufkamen, dass „ein NS-verfolgungsbedingter Entzug des Bildes nicht mehr ausgeschlossen schien“ und dieses nicht den Staatlichen Museen zu Berlin gehöre. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hatte außerdem eine schnelle Aufklärung zugesichert.

ROLF LAUTENSCHLÄGER