hartz
: Reform der Reform

Kein Gesetz hat bisher so viel Verwirrung und Ärger hervorgerufen wie Hartz IV. Die Urteile des Bundessozialgerichts verdeutlichen dies noch einmal. Doch die Entscheidungen werfen auch neue Fragen auf: Müssen jetzt tausende arbeitslose Eigenheimbesitzer ihr Häuschen verkaufen, weil es zu groß ist? Welche Kriterien muss ein örtlicher Mietspiegel eigentlich erfüllen? In Köln etwa gesteht man alleinstehenden Arbeitslosen nach der dortigen Preistabelle gerade einmal 297 Euro Kaltmiete zu. Unter diesen Bedingungen ist in der Stadt allerdings kaum eine Wohnung zu finden. Unklarheiten dieser Art sind nur ein weiterer Beweis dafür, dass die so genannte Jahrhundertreform übers Knie gebrochen wurde.

KOMMENTAR VONNATALIE WIESMANN

Und darunter leiden nicht nur die Arbeitslosen. Die Sozialgerichte in Nordrhein-Westfalen kommen mit der Bearbeitung von Klagen kaum nach, vor allem weil die Gesetzgeber sich nicht vorher überlegt haben, ab wann ein Paar eine Bedarfsgemeinschaft bildet und für einander aufkommen muss. Die Kommunen und lokalen Arbeitsämter sind immer noch mit ihren neuen Strukturen und fehlerhafter Software beschäftigt, so dass die Förderung von Arbeitslosen weiterhin viel zu kurz kommt. Noch im Juli gab die Bundesagentur für Arbeit zu, dass mehrere Milliarden Euro, die für Förderung vorgesehen waren, nicht ausgegeben wurden. Und die mehrheitlich verschuldeten Kommunen in NRW fühlen sich im Stich gelassen, weil sie etwa bei den Wohnzuschüssen weniger entlastet werden als versprochen. Zu Recht erinnern sie die Bundesregierung immer wieder daran, dass sie mit den zusätzlichen Geldern eigentlich Betreuungsplätze für unter Dreijährige schaffen sollten. NRW-Ministerpräsident Rüttgers hat daher ausnahmsweise Recht, wenn er nach einer Generalrevision von Hartz IV ruft. Die Bundesregierung sollte die vielen Klagen über Hartz endlich Ernst nehmen und das System grundsätzlich überarbeiten.