Extraticket statt Einheitstarif

SPD kritisiert Tarifungerechtigkeit im Nahverkehr nach Bremen-Nord. Grüne fordern mehr Züge am Abend

Bremen-Nord fühlt sich abgehängt, jedenfalls beim öffentlichen Nahverkehr von und nach Bremen. Das Angebot ist zu teuer, sagt die SPD. Und am Abend ist es zudem schlecht, sagen die Grünen. Aktueller Anlass ist eine Debatte in der heutigen Sitzung der Verkehrsdeputation.

„Eine Stadt, zwei Tarife“, kritisiert der Chef der Vegesacker SPD-Beiratsfraktion, Alexander Doden die anhaltende Tarifungerechtigkeit im Nahverkehr. Während alle anderen EinwohnerInnen zum Einheitstarif ins Zentrum fahren, müssen die NordbremerInnen seit Jahren teurere Tickets kaufen. Mit der geplanten Fahrpreiserhöhung werde erneut die Chance verpasst, diese Diskriminierung aufzuheben, sagt Doden.

Sein Appell stößt bisher in der Landesregierung auf wenig Reaktionen. Dabei hatten SPD und CDU bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages noch beteuert, sich für einen einheitlichen Tarif stark machen zu wollen. Davon will Verkehrssenator Ronald-Mike Neumeyer (CDU) heute nichts mehr wissen: „Die Tarifhoheit liegt beim Verkehrsverbund“, schiebt sein Sprecher die Verantwortung ab.

Sehr viel mehr Engagement wurde in den vergangenen drei Jahren wohl auch nicht an den Tag gelegt. „Bei uns liegt überhaupt keine Anfrage vor“, sagt Wolfgang Müller, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Bremen-Niedersachsen (VBN). Sollte dies politisch gewollt werden, wolle Müller diese Idee „gerne aufgreifen“ – solange die Lösung kostenneutral sei.

Damit die 90.000 BremerInnen oberhalb der Lesum ebenfalls zum Einheitspreis fahren können, müssten die restlichen 450.000 tiefer in die Tasche greifen. Die NordbremerInnen bezahlen für ihr Jahresticket bisher knapp die Hälfte mehr als der Rest der BremerInnen.

„80 Prozent der Arbeitnehmer aus Bremen-Nord pendeln“, weiß auch Bürgermeister Jens Böhrnsen. Der Mann kennt sich aus, schließlich wohnt er oberhalb des Weserzuflusses. Die Hälfte der Senatoren schätzen ebenfalls die strukturschwache Nord-Idylle. Sollten sie den Dienstwagen für ihren Weg in die Stadt nutzen, fällt ihnen wohl auch nicht auf, dass die jeweils letzte Zugverbindung von Bremen nach Bremen-Nord und Bremerhaven gestrichen wurde. Ab 10. Dezember fährt der letzte Zug nach Bremerhaven um 23.34 Uhr (statt bisher um 0.45 Uhr), nach Vegesack kommt man von Bremen aus zuletzt um 23.38 Uhr (statt bisher um 0.25 Uhr). Die Grünen lehnen das „strikt“ ab. Sie fürchten ein weiter verschlechtertes Zugangebot in den kommenden Jahren. Der Grund: Die Fördermittel des Bundes werden gekürzt. rag/mnz