Kafka im Finanzamt
: Anlage K

taz: Was hat Kafka im Finanzamt zu suchen?

Katrin Bretschneider: Als ich vor ein paar Jahren meine Steuererklärung im Finanzamt abgegeben habe, die endlosen Gänge und prächtigen Art-Déco-Treppenhäuser sah und nicht wusste, wohin ich musste, hatte ich sofort ein „kafkaeskes“ Gefühl. Auf „Das Schloss“ bin ich gekommen, weil der Protagonist auf der Suche nach dem Zentrum des Schlosses, der anonymen Autorität ist, die er bis zum Schluss nicht erreichen kann.

Sie haben nachts im Finanzamt geprobt – war das nicht gruslig?

Gruselig nicht, aber aufregend. Ein komisches Gefühl, nachts durch die leeren Gänge zu schleichen und zu einem Kinderkeyboard „Fade To Grey“ zu singen.

War es leicht, den nichtdeutschsprachigen Teilnehmern und Teilnehmerinnen jenes Kafkaeske nahe zu bringen?

Den Roman gibt es in Übersetzungen – das war kein Problem. Außerdem haben wir uns weniger an der literarischen Vorlage abgearbeitet, sondern assoziativ einzelnen Motiven genähert.

Sucht Finanzsenator Nußbaum via Förderung Wege aus der Ausweglosigkeit? Und ist er bei Kafka nicht an der falschen Adresse?

So kurz denken weder wir noch der Finanzsenator. Das Thema der Behördenkritik wird nicht so stark thematisiert. Die Ebenen System und Individuum, Zugehörigkeit und Ausgeschlossensein, bieten interessantere Ansatzpunkte. Dass der Finanzsenator das Projekt unterstützt, ist weniger ein Akt der Verzweiflung als eine Tat, die von Offenheit, Mut zum Ungewöhnlichen und einer gesunden Portion Humor zeugt.

Fragen: Andreas Schnell

Premiere: Samstag, 19.30 Uhr, Haus des Reichs