Betr.: kinotaz nord

A

Adams Äpfel Dänemark 2005, R: Anders Thomas Jensen, D: Ulrich Thomsen, Mads Mikkelsen

„Ivan ist Landpfarrer in einem kleinen dänischen Kaff. Er ist der überzeugte Gutmensch und betreut immer wieder Schwerverbrecher zur Resozialisierung in seiner Kirche. Dazu gesellt sich Adam, ein überzeugter Neonazi. Alle Zöglinge müssen sich einer besonderen Aufgabe stellen. Adam entschließt sich, von dem im Garten stehenden Apfelbaum einen Kuchen zu backen. Doch das ist gar nicht so einfach. Hervorragende Charaktere in einer Mischung aus Action und schwarzem Humor. Eine bitterbös erzählte Fabel um den religiösen Glauben. Wobei Jensen meint, dass Fabeln interessanter sind als die wirkliche Welt. Selbst von den dänischen Pastoren gab es einen Preis. Wer diese Art von Filme mag ist gut unterhalten.“ (kinokai) HB, HH, KL

Angry Monk - Eine Reise durch Tibet Schweiz 2005 , R: Luc Schaedler / Originalfassung mit Untertiteln

„Während der Westen den tibetischen Buddhismus gerade wegen seiner passiven Modernitätsverweigerung schätzt, wirft der Dokumentarfilm einen anderen Blick auf Tibet: Er porträtiert den Lama Gendun Choephel, der sich 1934 vom Klosterleben abwandte, um die sich modernisierende Welt zu bereisen. Seine Kritik an einem Buddhismus, der sich von der Welt abschottet und in sinnentleerte Rituale zurückzieht, ist doppelt relevant: historisch als Warnung, dass ein erstarrtes Tibet der rasanten Ideologie Chinas nichts entgegenzusetzen hat, aktuell, weil sie das westliche Bild des Buddhismus als vage „Lifestyle-Spiritualität“ entlarvt. Diese doppelte Sinnspitze spiegelt sich auch in der Form, wenn der Bericht des Mönchs durch die Reisebilder der Gegenwart konterkariert wird. Umso klarer wird, wie drängend Choephels Forderung nach einer selbstbewussten tibetischen Kultur ist, die sich gegen die Unterdrückung durch den Osten, aber auch gegen die Vereinnahmungen des Westen zur Wehr setzen kann.“ (filmdienst) H, HH

B

Between the Lines - Indiens drittes Geschlecht Deutschland/Indien 2005, R: Thomas Wartmann / Originalfassung mit Untertiteln

“Dokumentarfilm, der sich dem Wesen und der Welt indischer Transsexueller und Hermaphroditen, genannt Hijras, annähert. Drei Porträts stellen unterschiedliche Lebensumstände vor, wobei überzeugend der Eindruck vermittelt wird, dass der geschlechtliche Zwischenraum als ein Freiraum empfunden wird, der sich auch in der eigentümlichen Verbindung von Tradition, Religiosität und Sexualität niederschlägt. Trotz des eindrucksvollen fotografischen Farbenrauschs leidet der Film an Längen, da ihm eine zwingende Dramaturgie fehlt.“ (filmdienst) H, HB

The Black Dahlia USA 2006, R: Brian De Palma, D: Josh Hartnett, Scarlett Johansson

Nicht nur wegen der betörenden Scarlett Johansson ist es schade, dass Brian De Palma diese Verfilmung des Romans von James Ellroy über den realen und immer noch ungeklärten Mord an dem Starlet Elizabeth Short so verhunzt hat. Dabei stimmt beinahe alles: Ausstattung, Kamera, Schauspieler, Inszenierung und nicht zuletzt die wunderschön melancholische Musik von Mark Isham (mit einem pointiert gesetzten Gastauftritt von k.d. lang) sind grandios, doch das konfuse Drehbuch macht alles zunichte. Einmal mehr bestätigt sich hier, dass de Palma, statt zu erzählen, lieber seine cineastischen Perlen ausstellt. (hip) HB, HH

Blow-Up Großbritannien 1966, R: Michelangelo Antonioni, D: David Hemmings, Vanessa Redgrave / Originalfassung mit Untertiteln

“,Blow Up‘ ist die erste Produktion des Regisseurs außerhalb seiner italienischen Heimat. Der Film erzählt in den grellen Farben und Bildern der Pop-Art eine eigentümliche Kriminalgeschichte, in der es zwar ein Opfer, aber offensichtlich keinerlei Interesse am Täter gibt. Dieser schöne, bis zuletzt spannende Streifen zeichnet auch ein stimmiges und überaus lebendiges Bild der Londoner Beat-Generation.“ (tip) HB

Borat USA 2006, R: Larry Charles , D: Sacha Baron Cohen , Pamela Anderson

„Das Kultusministerium von Kasachstan beauftragt den Reporter Borat Sagdiyev, den Lifestyle der US-Amerikaner zu studieren und nach Osteuropa zu importieren. Obwohl er sich dort aufführt wie ein Neandertaler auf Crack und rassistische Sprüche en masse absondert, findet er immer noch Amis, die peinlicher sind als er. Dem britischen Komiker Sacha Baron Cohen, besser bekannt als Ali G., ist kein Auftritt zu grotesk. Vor laufender Kamera stürzt er sich auf vermeintlich aufrechte Amerikaner, die dem Pseudo-Reporter ihre wahren Fratzen zeigen: als fanatische Christen, Schwulenhasser, Rednecks, College-Chauvis und vermeintlich liberale Bildungsbürger. So entsteht ein unfassbar absurdes Panoptikum - rasend lustig und schmerzlich authentisch zugleich.“ (Cinema) H, HB, HH, HL, OL

C

Cars USA 2006, R: John Lasseter

„Animationsfilm um ein egozentrisches Rennauto, das in einer kleinen Stadt abseits jeden Trubels die wahren Werte des Lebens kennen lernt. Sofern man von der CGI-Komödie kein ununterbrochenes Gagfeuerwerk erwartet, offenbaren sich die Schönheiten dieses Films: der feine Witz im Detail und vor allem der ungeheuer liebevolle Blick auf ein längst verloren geglaubtes Stück Americana, das im 50er-Jahre-Design eines Städtchens an der Route 66 fröhliche Urstände feiert.“ (tip) H, HB, HH, OL

Children of Men USA/Großbritannien 2005, R: Alfonso Cuarón, D: Clive Owen, Michael Caine

„Children of Men“ beschreibt die Zukunft, wie sie erschreckender kaum sein könnte: Im Jahr 2027 gibt es keine Kinder mehr auf der Erde, die Menschen sind schon lange unfruchtbar, weltweit regieren Angst, Terror, Chaos. Der resignierte Angestellte Theo hat sich mit dem sicheren Untergang mehr oder weniger abgefunden, bis ihn eine Rebellenorganisation bittet, ein schwarzes Mädchen , das die Hoffnung der ganzen Welt in seinem Bauch trägt, zu beschützen. Mit schwindelerregendem Tempo und spektakulärer Kameraführung jagt Regisseur Alfonso Cuarón (“Y tu Mamá también“) den Zuschauer in dem sehr sehenswerten Film durch seine finstere wie realistische Version der Apokalypse, ohne dass je eine Sekunde zum Luftholen bliebe.“ (Der Spiegel) DEL, H, HB, HH, HL,OL

D

Dead or Alive USA 2006, R: Corey Yuen, D: Jaime Pressly, Holly Valance

„In der Adaption des beliebten Videospiels prügeln sich schlagfertige Schönheiten um zehn Millionen Dollar Preisgeld. Harmloser, auf das junge Publikum zugeschnittener Action-Klamauk mit sexy Darstellerinnen in textilarmen Outfits – und ebenso knapper Story.“ (Cinema) H,HB, HH

Deutschland. Ein Sommermärchen Deutschland 2006, R: Sönke Wortmann

„Die Spiele, die Euphorie, die Tore, die Partys: Wer die Magie, die sich während der Fußball-Weltmeisterschaft über ganz Deutschland legte, noch einmal spüren möchte, für den ist dieser Film ein Muss. Was Wortmann und sein Co-Kameramann Frank Griebe (‚Das Parfum‘) einfingen, ist mit nichts zu vergleichen, was über die Fernsehsender an die Öffentlichkeit gelangte. Dies ist der ungefilterte Blick auf einen Haufen sympathischer Jungs im Abenteuerland, das gefilmte Protokoll eines Unterfangens, das nach außen zwar staatstragende Züge hat, hinter den Kulissen aber mitunter an die Stimmung bei einer Klassenfahrt erinnert.“ (Cinema) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Dracula - Pages from a Virgin‘s Diary Kanada 2002, R: Guy Maddin, D: Zhang Wie-Qiang, Tara Birtwhistle / Originalfassung ohne Untertitel

Völlig abgedreht ist „Dracula - Pages From a Virgin‘s Diary“, eine Melange aus Ballet und Horrorfilm, bei der Guy Maddin eine Choreographie des Royal Winnipeg Ballet bearbeitete, die auf dem Roman von Bram Stoker basiert. Auf den amerikanischen Kritiker Roger Ebert wirkte der Film wie eine lang verschollen Musical-Version von F. W. Murnaus „Nosferatu“. (hip) HH

E

Eine unbequeme Wahrheit USA 2006, R: Davis Guggenheim

„Seit 1989 zieht Al Gore mit einem Vortrag durch die Lande, mit dem er sein Publikum für die Gefahren der ‚Globalen Erwärmung‘ sensibilisieren will. Dieser Vortrag ist das Kernstück von ‚An Inconvenient Truth‘, einem politischen Dokumentarfilm, der als Vervielfacher der Botschaft fungiert und aus dem Zuschauer/Zuhörer einen unmittelbar Handelnden machen will. Guggenheim und Gore nutzen das Kino selbstbewußt und offensiv als moralische Anstalt, in dem festen Glauben an die demokratische Utopie, dass Veränderungen diskursiv durchgesetzt werden.“ (tip)H, HB, HH, KL, OL

Ein Freund von mir Deutschland 2006, R: Sebastian Schipper, D: Daniel Brühl, Jürgen Vogel

„Es kann keine größere Auszeichnung für den deutschen Film geben, als wenn sich unsere linksrheinischen Kinogötter zu dem Befund hinreißen lassen, es gebe im Lichtspielwesen neuerdings eine Nouvelle Vague Allemande. Der Film „Ein Freund von mir“ von Sebastian Schipper nährt aufs Schönste den Verdacht, die Franzosen hätten womöglich recht. Wie sich in diesem Roadmovie, das kein Roadmovie ist, eine Freundschaft entwickelt, die keine Freundschaft ist, und eine Liebe knospt, deren Blüte eher unwahrscheinlich ist: Das hätten wir dem deutschen Film vor ein paar Jahren nicht zugetraut.“ (Die Welt) H, HB, HH, KL, OL

Ein gutes Jahr USA 2006, R: Ridley Scott, D: Russell Crowe, Marion Cotillard

„Einmal mehr arbeitet Ridley Scott mit dem australischen Schauspieler Russell Crowe zusammen, doch anstatt eines römischen Kriegers gibt Crowe diesmal einen erfolgsverwöhnten Broker, der sein Leben ganz der Arbeit verschrieben hat. Doch dann erbt er von einem Onkel ein Weingut in der Provence. Die Landschaft, der Wein und eine schöne Nachbarin sorgen dafür, dass sein Leben eine neue Richtung nimmt. Der Stoff von „Ein gutes Jahr“ ist nicht gerade originell -- doch die handwerklich perfekte Umsetzung und ein gut aufgelegtes Schauspieler-Ensemble habe dafür gesorgt, dass daraus ein schöner Unterhaltungsfilm geworden ist.“ (Rheinischer Merkur) DEL, H, HB, HH, HL, KL, OL

El crímen del Padre Amaro (Die Versuchung des Padre Amaro) Mexiko/Spanien 2002, R: Carlos Carrera, D: Gael Garçia Bernal, Sancho Gracia / Originalfassung mit Untertiteln

“‘Blasphemie!‘, empörte sich die katholische Kirche angesichts von Carlos Carreras rustikalem Liebes-Melodram über die Verfehlungen eines jungen Priesters in einer abgelegenen Dorfgemeinde. Carreras provokante Haltung sowie der Charme von Shooting-Star Gael Garçia Bernal sorgten dafür, dass der größte Skandal der mexikanischen Filmgeschichte auch einen neuen Besucherrekord aufstellte und zehn mexikanische Filmpreise gewann.“ (tip) HB

Emmas Glück Deutschland 2005, R: Sven Taddicken, D: Jördis Triebe, Jürgen Vogel

„‚Emmas Glück‘ erzählt von der zärtlichsten Halsabschneiderin des Kinos. Die Bäuerin Emma lebt allein unter Schweinen und weiß sie sanft zu töten. Sie küsst und herzt die Tiere, bevor sie ihnen das Messer an die Kehle setzt. Als es einen Autoverkäufer auf Emmas Hof verschlägt, beginnt eine bezaubernde Geschichte über Männer, Schweine, die große Liebe und den Weg allen Fleisches. Basieren auf Claudia Schreibers Roman ist Regisseur Sven Taddicken mit zwei großartig harmonierenden Hauptdarstellern ein ebenso schwungvoller wie bewegender Film gelungen. (Der Spiegel) H, HB, HH

F

Der Fluch - The Grudge 2 USA 2006 , R: Takashi Shimizu, D: Amber Tamblyn, Teresa Palmer

„Mordlüsterne Gespenster in einem Haus in Tokio: Bei nur zehn Millionen Dollar Produktionskosten spielte der Vorgänger satte 143 Millionen ein - also müssen die Geister noch mal ran. Zur Handlung: Die junge Amerikanerin Aubrey (Amber Tamblyn, „Ring“) fliegt nach Japan, um herauszufinden, was mit ihrer Schwester Karen (Sarah Michelle Gellar) passiert ist. Mit Hilfe eines Journalisten (Edison Chen) versucht sie, das Geheimnis des mysteriösen Hauses zu lüften.“ (Cinema) DEL, H, HB, HH, HL, KL, OL

G

Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe Italien 1969, R: Dario Argento, D: Tony Musante, Eva Renzi, Mario Adorf

„In einer schicken Kunstgalerie versucht eine schwarz gekleidete Person, die Galeristin brutal zu erstechen. Autor Sam Dalmas wird Zeuge der rätselhaften Szene. Im Polizeiverhör kann er die Frage, was er genau gesehen hat, nicht beantworten. Irgendwas stimmt nicht mit dem Bild in seiner Erinnerung. Dario Argentos packendes Filmdebüt wurde zum unerwarteten Erfolg. Frisch, gewagt, stylisch und immer noch einer seiner Besten. (b-movie) HH

H

Der Herrscher Deutschland 1937, R: Veit Harlan, D: Emil Jannings / In der Reihe „Film und Propaganda“

„In Harlans nationalsozialistischer Bearbeitung von Hauptmanns Drama „Vor Sonnenuntergang“ spielt Emil Jannings eine seiner prominentesten Patriarchenrollen: Als Industriemagnat sieht er sich mit einer selbstsüchtigen Verwandtschaft konfrontiert, die ohne Rücksicht auf das Unternehmen die Veräußerung seines Lebenswerks vorantreibt.“ (Kino 46) HB

Hokkabaz Türkei 2006, R: Ali Taner Baltaci, Cem Yilmaz, D: Cem Yilmaz, Mazhar Alanson / Originalfassung mit Untertiteln

„Ein türkisches Road-Movie als zeitgemäße Gauklerposse von G.O.R.A-Darsteller und -Drehbuchautor Cem Yilmaz. Das Regie-Debüt des Kabarettisten und Schauspielers Cem Yilmaz, der gleich noch das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle übernahm, ist eine überdrehte und dennoch warmherzige Komödie über die unbändige Leidenschaft zur Bühne. Eine spritzige, teils brüllend komische, nie jedoch alberne Hommage an alle Gaukler, Zauberer und alle die, für die die Bretter tatsächlich die Welt bedeuten.“ (Blickpunkt:Film ) H, HB, HH, KL

J

Jagdfieber USA 2006, R: Anthony Stacchi, Roger Allers, Jill Culton

„Der Computeranimationsfilm „Jagdfieber“ erzählt vom zahmen und bequem bei der Rangerin Beth lebenden Grizzlybären Boog, der dank der unseligen Aktivitäten des chaotischen und dauerquasselnden Hirschs Elliot in die Wildnis gerät und sich dort irgendwie zurechtfinden muss. Doch die wirklich gelungenen Gags sind eher rar gesät, und auch die finale Auseinandersetzung der Tiere mit ballerfreudigen Jägern fällt enttäuschend unoriginell aus.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KL, OL

Jede Sekunde zählt – The Guardian USA 2006, R: Andrew Davis, D: Kevin Costner, Ashton Kutcher

„Zuschauer, die bei Wolfgang Petersens ‚Der Sturm‘ mitzitterten, als tollkühne Kampfschwimmer vom Hubschrauber in die tosende See sprangen, gehören zur Zielgruppe für dieses routinierte Action-Heldenepos von Regisseur Andrew Davis über die mutigen Such- und Rettungsschwimmer der US-Küstenwache. ‚Wenn Hurrikans die Navy lahm legen, dann gehen wir raus‘, belehrt der Ausbilder Ben Randall seine Rekruten, unter denen der aufsässige Schwimmer Jake erst tüchtig gedrillt werden muss, bevor er andere und damit sich selbst retten kann. Und das dauert mit 139 Minuten voller Macho-Appeal, Edelmut und umfassender Vorhersehbarkeit furchtbar lange.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KL

Jud Süß Deutschland 1940, R: Veit Harlan, D: Heinrich George, Werner Krauß / In der Reihe „Film und Propaganda“

“Der berüchtigste, meistzitierte und vermutlich auch folgenreichste Propagandafilm des „Dritte Reiches“. Vor 1945 wurde er SS-Kommandos vor Einsätzen gegen Juden geeigt; nach dem Krieg machte man mit seiner Hilfe im Nahen Osten Propaganda gegen Israel. In Westdeutschland machte man Harlan wegen dieses Films den Prozeß. Er endete mit einem Freispruch, weil bis heute nicht eindeutig geklärt werden konnte, ob und mit welchem Nachdruck man Harlan zu dieser Inszenierung gezwungen, wer Veränderungen des Drehbuchs und Schnitte im Film veranlaßt hatte. Ganz klar wurde nur, daß dieser Film initiiert wurde, um im deutschen Volk Haß und Abscheu gegen die Juden zu wecken oder zu stärken So, wie dieser Film ganz der Propaganda dienen sollte, lebt er auch ganz aus ihr. Die formale Gestaltung zielt raffiniert auf den Gefühlsappell - mit meist recht grobschlächtigen Kontrasten und eindrucksvollen darstellerischen Leistungen, wobei allerdings vor allem die „Bösewichter“ überzeugen.“ (Reclams Filmführer) HB

Jud Süß - ein Film als Verbrechen? Deutschland 2001, R: Horst Königstein, Joachim Lang, D: Axel Milberg, Florian Martens / In der Reihe „Film und Propaganda“

„Harlan stand zwei Mal nach dem Krieg vor Gericht. Er war angeklagt, mit seinem Film »Jud Süß« Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Kann ein Film ein Verbrechen sein? Welche Verantwortung trägt der Regisseur für den ideologischen Gehalt seines Filmes? Vor dem Hintergrund des ersten Prozesses geht das Doku-Drama diesen Fragen nach.“ (Kino 46) HB

K

Kolberg Deutschland 1943-1945, R: Veit Harlan, D: Heinrich George, Kristina Söderbaum / In der Reihe „Film und Propaganda“

„Nur wenige Monate vor der sich abzeichnenden Niederlage des Deutschen Reichs sollte der von Goebbels in Auftrag gegebene Film »Kolberg« die deutsche Bevölkerung zum Durchhalten motivieren. Thema ist die Verteidigung der pommerschen Stadt Kolberg unter dem preußischen General Gneisenau gegen die Truppen Napoleons. Mit dem Satz »Lieber unter Trümmern begraben, als kapitulieren!« gab der Bürgermeister im Film auch die entscheidende Parole für die Lage am Ende des 2. Weltkriegs aus.“ (Kino 46) HB

L

La Strada Italien 1954, R: Federico Fellini, D: Anthony Quinn, Giulietta Masina

“Guilietta Masina ist die heimatlose Gelsomina (Seele, Unschuld, Geist, Träume); Anthony Quinn ist der starke Kerl Zampano (brutale physische Kraft, Mensch als Tier), und Richard Basehart ist ein Künstler/Narr (Gemüt). Obwohl der Hintergrund des Films eine neorealistische Armut ist, wird er durch die Romantik der Konzeption verwandelt.“ (Pauline Kael) HB

Das Leben, das ich immer wollte Italien 2004, R: Giuseppe Piccioni, D: Luigi Lo Cascio, Sandra Ceccarelli

„Bei den Dreharbeiten zu einem herzschmerzenden Kostümfilm lernen sich Laura und Stefano kennen und kämpfen mit der Ähnlichkeit zwischen dem Leben vor und hinter der Kamera. Wunderbar der Kontrast zwischen den hochemotionalen Dialogen, die sich die beiden am Jahrhundertwende-Set aus den Herzkammern schütten, und den Niederungen des postmodernen Beziehungsclinchs. Elegant und sehr unterhaltsam lustwandelt Piccioni zwischen den beiden Erzähl- und Zeitebenen. Waren es damals die gesellschaftlichen Konventionen, gegen die die Liebenden mit glühender Leidenschaft rebellierten, stehen sie sich heute zögernd, zaudernd und in eigenen Eitelkeiten gefangen vornehmlich selbst im Weg.“ (Der Tagesspiegel) HB

Das Leben der Anderen Deutschland 2005, R: Florian Henckel von Donnersmarck, D: Ulrich Mühe, Sebastian Koch

„‚Das Leben der Anderen‘ ist ein weiterer von den deutschen Filmen in diesem Frühjahr, die von jungen Regisseuren mit einer ganz erstaunlich komplexen und reifen Erzählhaltung inszeniert werden. Florian Henckel von Donnersmarcks Debütfilm handelt von einem Theater-Regisseur, der 1984 in der DDR von der Staatssicherheit beobachtet wird. Doch der heimliche Held des Films ist ausgerechnet der Stasi-Hauptmann, der diese Überwachun USA 2006, R: Oliver Stone, D: Nicolas Cage, Michael Penag leitet und sich langsam in einen Schutzengel für den Künstler verwandelt. Mit großem Ernst und Inspiration inszeniert, hat diese Geschichte nichts von der Ost-Nostalgie anderer Filme über die DDR, stattdessen ist dieses Drama zugleich hochpolitisch und mit Mitgefühl erzählt.“ (hip) H, HB, HH

Der letzte Zug Deutschland 2006, R: Joseph Vilsmaier, Dana Vávrová, D: Gedeon Burkhard, Lale Yavas

„Berlin, Frühjahr 1943: Zum Geburtstag soll der Führer ein „judenfreies Berlin“ bekommen. Die Gestapo geht daran, die wenigen noch verbliebenen Juden am Bahnhof zusammenzutreiben, in Viehwaggons zu laden und Richtung Auschwitz zu deportieren. Der neue Film von Joseph Vilsmeier spielt größtenteils in einem dieser Waggons und zeigt, wie eine bunt zusammengewürfelte Gruppe unter den höllischen Bedingungen des Transports ums Überleben kämpft. Trotz seiner starken Geschichte krankt der Film daran, dass er seine Figuren stark typisiert; zudem setzt Vilsmeier auf Rührseligkeit und melodramatische Effekte, statt den historischen Stoff wirklich ernst zu nehmen.“ (Rheinischer Merkur) H, HB, HH, KL, OL

Loggerheads USA 2005, R: Tim Kirkman, D: Tess Harper, Bonnie Hunt

Kirkmans Drama um die Liebe zweier Männer und die Aufarbeitung der eigenen Herkunft und Versäumnisse zeichnet sich in erster Linie durch seinen Ehrgeiz zu großen Gefühlen aus, bleibt dabei aber steril und gänzlich humorlos. Trotz großartiger Darsteller bleibt der Film eine relativ zähe Angelegenheit.“ (tip) H

Loulou Frankreich 1979 R: Maurice Pialat, D: Isabelle Huppert, Gerard Depardieu / Originalfassung mit englischen Untertiteln

“Eine junge Frau aus bürgerlichem Haus verläßt wegen eines stellenlosen Hilfsarbeiters ihren Partner, einen Werbeberater, mit dem sie seit Jahren zusammenlebt. Zustandsbeschreibung einer Gruppe von ,Aussteigern‘, die Motive und soziales Umfeld nicht näher beleuchtet. Durch die weitgehend unkritische Zeichnung der Figuren und seine unentschiedene Haltung verliert der Film an Glaubwürdigkeit.“ (Lexikon des internationalen Films) H

M

Marie Antoinette USA 2006, R: Sofia Coppola, D: Kirsten Dunst, Jason Schwartzman

„Porträt der französischen Königin Marie Antoinette von ihrer Verlobung mit dem Dauphin und späteren König Ludwig XVI. bis hin zur Flucht des Paares aus Paris während der französischen Revolution. Regisseurin Sophia Coppola blendet soziale und politische Zusammenhänge aus und lässt sich ganz auf die subjektive Sicht ihrer Hauptfigur ein, die sich mit Kauforgien, Partys und einer schalen Affäre aus der Langeweile und der strengen Etikette flüchtet. Ohne selbst in Oberflächlichkeiten zu erstarren, werden dabei konsequent die Grenzen der dekadenten höfischen Welt reflektiert.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI,OL

Mit Herz und Hand Neuseeland/USA 2005, R: Roger Donaldson, D: Anthony Hopkins, Jessica Cauffiel

„Burt Munro (Anthony Hopkins) ist ein Original, das am liebsten in seiner Garage in der neuseeländischen Provinz an seinem geliebten Motorrad, einer alten „Indian“, herumschraubt. Eines Tages erfüllt er sich einen Traum und macht sich auf die weite Reise nach Utah, um dort an der legendären „Speed Week“ teilzunehmen und einen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen. Auf der sehr skurrilen Reise begegnen ihm die verschiedensten Menschen, die sich allesamt vom kauzigen Charme des „Kiwi“ anstekken lassen. Der Film ist eine liebevolle Hommage an einen symphatischen Außenseiter, der trotz aller seiner Ecken und Kanten durch seine humorige Lebensweisheit stets die Zuneigung aller auf seiner Seite hat. Der überzeugende Sportfilm lebt in erster Linie von der Präsenz seines hervorragenden Hauptdarstellers.“ (Neue Zürcher Zeitung) HB, HH, KI

Morgen, Findus, wird‘s was geben Schweden / Dänemark / Deutschland 2005, R: Jørgen Lerdam, Anders Sørensen

„Es weihnachtet sehr im winterlichen Schweden, wo der alte Pettersson schwer damit beschäftigt ist, pünktlich zum Fest einen automatischen Weihnachtsmann für seinen kecken Kater Findus zu erfinden, denn der will nie wieder Weihnachten feiern, wenn der Weihnachtsmann nicht persönlich vorbeikommt. Zwar wurden unter der Regie von Jørgen Lerdam und Anders Sørensen Erzähl- und Animationsstil der ersten beiden Kinder-Cartoons geglättet und perfektioniert, aber wie immer bestehen die Helden auch dieses Kino-Abenteuer um Freundschaft und Hilfsbereitschaft mit Bravour und sorgen für herzerwärmendes Vorweihnachtsvergnügen.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL

My Dad is 100 Years Old Kanada 2005, R: Guy Maddin, D: Isabella Rossellini, Isaac Paz Jr. / Originalfassung ohne Untertitel

„Bei dieser einzigartigen Zusammenarbeit zwischen Isabella Rossellini und Guy Maddin feiert die Schauspielerin Leben und Werk ihres Vaters, des Regisseurs Roberto Rossellini, der 2006 hundert Jahre alt geworden wäre. In wagemutigen Auftritten verkörpert sie nicht nur ihre Mutter Ingrid Bergman, sondern auch weitere Ikonen der Filmgeschichte wie Federico Fellini, Alfred Hitchcock, Charlie Chaplin oder die Produzenten-Legende David O. Selznick.“ (Kino 46) HH

N

No. 2 Neuseeland 2005 R: Toa Fraser, D: Ruby Dee, Tuva Novotny

„Eine Familienfeier im großen Stil steht an, so jedenfalls wünscht es die willensstarke Matriarchin Nana Maria. Die Maori-Sippe allerdings ist zerstritten oder zumindest mit eigenen Alltagssorgen befasst. Von den kleineren Unebenheiten und Nervereien vermag der Neuseeländer Toa Fraser in seinem Familienporträt sehr lebendig zu erzählen auf angenehm beiläufige, doch nie nachlässige Weise.“ (tip) HH

O

Oh, wie schön ist Panama Deutschland 2006, R: Martin Otevrel

„Erste Verfilmung des Klassikers von Janosch über den kleinen Tiger und den kleinen Bär, die sich auf die Reise nach Panama machen, um festzustellen, dass es nirgends schöner ist als daheim. Sehr eng hält sich Regisseur Martin Otrevel (Janosch-erfahren mit ‚Papa Löwe und seine glücklichen Kinder‘) bei der ersten Verfilmung der längst zum Klassiker avancierten Kindergeschichte von Janosch aus dem Jahr 1978 an die Vorlage. Der Film besticht durch seine absolut kindgerechte Erzählung und den zeitlosen Charme der Figuren und Geschichte. Als Sprecher für die Hauptfiguren konnten die Top-Stars Til Schweiger und Anke Engelke gewonnen werden, die u.a. von den Comedians Mirko Nontschew und Ralf Schmitz unterstützt werden.“ (Blickpunkt:Film) H, , HB, HH,OL

P

Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders Deutschland 2006, R: Tom Tykwer, D: Ben Whishaw, Dustin Hoffman

„Das Parfüm“ ist im Grunde ja eine zutiefst pessimistische Geschichte, und Jean-Baptiste Grenouille bleibt ein mörderischer Anti-Held, für den man bis zuletzt kaum Mitgefühl sondern eher eine manchmal schon an Ekel grenzende Faszination empfindet. Und hierbei ist Tykwer erstaunlich werktreu geblieben. Anders als bei den meisten anderen Literaturadaptionen, die Bernd Eichinger produzierte, wurde hier nicht alles Provozierende der Vorlage verwässert und glatt gebügelt. Tykwer hat das Paris des 18. Jahrhunderts in grandiosen Bildern lebendig werden lassen. Aber die Geschichte, die er erzählt, bleibt düster und brutal. Er hat auch einen verschwenderisch ausgestatteten Kostümfilm inszeniert, in dem 1000 Komparsen sich bei der Hinrichtungsszene die Kleider vom Leib reißen und sich orgiastisch miteinander vergnügen. Nicht nur bei dieser Sequenz, die Tykwer weder prüde noch obszön inszenierte, erweist er sich als ein stil sicherer Filmemacher, der so kreativ ist, dass er a(filmdienst) uch bei solch einer aufwendigen Literaturverfilmung seine eigene Duftmarke nicht verliert. (hip) DEL, H, HB, HH, HL,OL

Play Your Own Thing - Eine Geschichte des Jazz in Europa Deutschland/Dänemark/Schweiz/Norwegen/Finnland 2006, R: Julian Benedikt

„In seinem dritten Film über Jazz richtet Julian Benedikt seinen Blick auf Europa. Ein weites Feld, wie sich zeigt; entsprechend prall gefüllt ist der Film mit Konzertszenen, Archivbildern und Interviews mit Größen wie Juliette Gréco, Albert Mangelsdorff oder Palle Mikkelborg. Leichter als mit Worten überträgt sich die Faszination am Jazz allerdings oft angesichts der Musiker in Aktion - in Gestalt von bizarren Freejazz-Improvisationen bis hin zur Live-Sessions im DDR-Fernsehen.“ (tip) HB, HH

S

Santa Clause 3 USA 2006, R: Michael Lembeck, D: Tim Allen, Elizabeth Mitchell

„Die Vorgänger von 1994 und 2002 zogen ihren Reiz daraus, dass ein Mann aus der realen Welt (Tim Allen) zum Santa Clause in der Märchenwelt am Nordpol wird. Dieser Reiz ist im dritten Teil nicht mehr vorhanden, hier geht es um den witzlosen Streit von Santa und seinem Widersacher Jack Frost, ausgetragen vor kitschigen Billigkulissen. Wer‘s unbedingt sehen will, sollte bis zum Schluss im Kino sitzen bleiben: die Outtakes im Abspann sind das Beste.“ (Cinema), DEL, H, HB, HH, HL, KL, OL

Science of Sleep – Anleitung zum Träumen Frankreich 2005, R: Michel Gondry, D: Gael Garcia Bernal, Charlotte Gainsbourg

„Stéphane, ein Mexikaner in Paris, erweist sich als hoffnungsloser Träumer, wenn er unter anderm eine Zeitmaschine erfindet, um 1 Sekunde in die Zukunft zu reisen. Einzig Stéphanie von nebenan scheint Stéphane in seine Welt folgen zu wollen. Et voilà: Er verliebt sich in sie, sie sich hingegen nicht in ihn; so dass mancher Traum Wirklichkeit wird und die Wirklichkeit sich zu einem wahren Albtraum auswächst. Indes der Autor-Regisseur Michel Gondry, ebenfalls in kindlichem Übermut, seine entzückenden Kunststücke am liebsten alle auf einmal vorführen möchte – die Pappmaché-Autos, das Zellophanwasser wie aus einem russischen Trickfilm, die (taz) H wollenen Schäfchenwolken –, bis unsre Lider schwer … und schwerer werden.“ (Neue Zürcher Zeitung) H, HH

Scoop - Der Knüller Großbritannien/USA 2006, R: Woody Allen, D: Scarlett Johansson, Woody Allen

„“Scoop“ wäre ein klassischer Murder-Mystery, wären da nicht Sid und Sondra, Woody Allen und seine ideale Partnerin Scarlett Johansson, die sich als angebliches Vater-und-Tochter-Paar zusammentun, um in der feinen englischen Gesellschaft einem Serienkiller auf die Spur zu kommen. Es ist Woody Allens lustigster Film seit langem, auch wenn er keinen Kalauer auslässt. Als linkshändiger Magier verbreitet der bald 71-Jährige so viel altmodischen Charme, dass man die vielen schwergängigen Allen-Filme der vergangenen Jahre mit ihrer aufgesetzten Erotik - den letzten, den brillanten „Match Point“ natürlich ausgenommen - schnell wieder vergisst.“ (Neue Zürcher Zeitung) H, HB, HL

Shortbus USA 2006, R: John Cameron Mitchell, D: Raphael Barker, Lindsay Beamish

„‚Shortbus‘ ist eine Filmreise ins Wunderland der körperlichen Liebe, die der US-Regisseur John Cameron Mitchell rund um den New Yorker Privatclub Shortbus inszeniert hat. In dem Etablissement treffen sich allerlei experimentierfreudige Männer und Frauen, die auf sexuelle Selbstverwirklichung hoffen, weil sie von kleineren Nöten gepeinigt werden. Gleich zu Beginn sieht man etwa einem Paar dabei zu, wie es sich durch eine Art Hochleistungs-Kamasutra vögelt; eine Domina quält in einem Apartment mit Blick auf Ground Zero einen reichen jungen Schnösel; und ein junger Schwuler besorgt es sich selbst, indem er sich so lange verbiegt, bis er seinen Penis in den eigenen Mund befördert hat. Derlei amüsante Sensationen präsentiert Mitchell ohne Scheu vor pornografischen Bildern, aber mit umwerfendem Charme - frei nach der Devise: Befreie deine Triebe, dein Hirn wird folgen!“ (Der Spiegel) H, HH

7 Jungfrauen Spanien 2005; R: Alberto Rodríguez, D: Juan José Ballesta, Jesús Carroz

„Wer „Sieben Jungfrauen“ spielt, erfährt angeblich seine Zukunft. Für Tano aus Sevilla sind die nächsten 48 Stunden auch so klar vorgezeichnet. Im Sonderurlaub vom Jugendknast - sein großer Bruder heiratet - haut der Teen mit seinen kriminellen Freunden auf den Putz: Sex, Prügeleien, Saufen, Diebstähle und Drogenkonsum -- alles in so rascher Abfolge, dass einem erst nach dem Kinobesuch bewusst wird, wie oberflächlich der Film ist.“ (Cinema) H, HB, HH

7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug Deutschland 2006, R: Sven Unterwaldt jr., D: Otto Waalkes, Mirco Nontschew

„Der Wald ist nicht genug“ für die debilen Gnome, die vor zwei Jahren fast sieben Millionen Zuschauer in die deutschen Kinos lockten. Im Fortsetzungsfilm soll ausgerechnet der einfältigste aller Zipfelmützenträger (gespielt von Otto Waalkes) die Zwerge gegen Rumpelstilzchen in den Kampf um Schneewittchens Kind führen. Der wüste Märchenmix setzt auf das bewährte All-Star-Team deutscher Komiker, doch statt der anarchischen Ausgelassenheit des ersten Teils breitet sich langatmige Einfallslosigkeit aus. Selten wirkte Dummheit auf der Leinwand so ermüdend.“ (Der Spiegel) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Snow Cake Großbritannien/Kanada 2006, R: Marc Evans, D: Alan Rickman, Sigourney Weaver

„Ein wortkarger Engländer nimmt bei einer Fahrt durch das winterlich kalte Ontario eine junge Anhalterin mit, die wenig später bei einem Unfall ums Leben kommt. Als er ihre Mutter aufsucht, wird er mit dem befremdlichen Verhalten einer scheinbar gefühlskalten Autistin konfrontiert, die den Tod ihrer Tochter ungerührt zur Kenntnis nimmt. Er bleibt bis zum Begräbnis bei ihr, wodurch auch bei ihm innere Narben zu schmerzen beginnen. Leises, berührendes Drama, das sich an Verdrängungen und seelischen Wunden abarbeitet, wobei manche Wendung des weitgehend über Bilder und Stimmungen erzählten Plots allzu abrupt und konstruiert wirkt.“ (filmdienst) H, HB, HH, OL

Sommer 04 Deutschland 2005, R: Stefan Krohmer, D: Martina Gedeck, Robert Seeliger

„Während der Sommerferien an der Schlei in Schleswig-Holstein fühlt sich eine etwa 40-jährige Frau für die frühreife Freundin des Sohnes verantwortlich, will sie vor den angeblichen Avancen eines Amerikaners schützen und verliebt sich selbst in ihn. Daraus entwickelt sich ein komplexes Familiendrama um die Grenzen von Moral, Schuld und Liebe; was in leichter Ferienatmosphäre beginnt, endet tragisch. Hervorragend gespielt und eindrucksvoll fotografiert, verbindet der anspielungs- und bedeutungsreiche Film die Nonchalance und Beiläufigkeit des französisches Kinos mit einer tiefgründigen Reflexion über das Sexuelle als treibende Kraft im menschlichen und sozialen Leben sowie das Schweigen und die Unaufrichtigkeit im Umgang der Generationen.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI

Die Spitzenklöpplerin (La dentilliere) Deutschland/Frankreich/Schweiz 1977, R: Claude Goretta, D: Isabelle Huppert, Yves Beneyton / Originalfassung mit englischen Untertiteln

“Die unglücklich endende Geschichte eines jungen Mädchens, dessen Persönlichkeitsentfaltung gehemmt und dessen Selbstvertrauen erschüttert wird durch das Unverständnis eines Studenten, den es liebt. Ein außergewöhnlich eindringliches, subtiles Plädoyer für jene, die ihre Gefühle sprachlich nicht auszudrücken vermögen. Gorettas Meisterwerk.“ (Lexikon des internationalen Films) HB

Step Up USA 2006, R: Anne Fletcher, D: Channing Tatum, Jenna Dewan

„Ein Krimineller verliebt sich in eine Ballett-Schülerin. Nach ‚Dance!‘ kommt hier der nächste Film, in dem widerspenstige junge Menschen mittels flotter Sohle in die Arme der Gesellschaft zurü (taz) Hckfinden. In diesem Mix aus Amore, wummernden Beats und heißen Tanzeinlagen (taz) Hüberzeugen allerdings nur letztere. Denn wenn die Darsteller den Mund aufmachen, wird die Lust an ihren geschmeidigen Bewegungen erheblich geschmälert.“ (Cinema) H, HB, HH, KL, OL

Swinger Club Deutschland 2005, R: Jan Georg Schütte, D: Stephan Schad, Susanne Wolff

„Das Treffen von fünf Freunden wird zur hochnotpeinlichen Angelegenheit, als sich diverse sexuelle Verwicklungen offenbaren und es im Spannungsfeld von Ansprüchen und Sehnsüchten zu gegenseitigen Verletzungen kommt. Spielfilm als Ergebnis einer schauspielerischen Improvisation. Reizvoll in seinem experimentellen Ansatz, mangelt es am visuellen Konzept sowie an der Verdichtung des Materials, sodass die Beziehungsfarce wenig mehr als ihre klischeebeladene Grundkonstellation zu bieten hat.“ (filmdienst) HH

T

Tales from the Gimli Hospital Kanada 1988, R: Guy Maddin, D: Kyle McCulloch, Michael Gottli / Originalfassung mit Untertiteln

„Zu Beginn des 20. Jahrhunderts besuchen zwei Kinder ihre sterbende Mutter im Krankenhaus. Dort erzählt ihnen ein Verwandter eine isländische Sage von zwei Männern während einer Pestepidemie. Maddins düster-bizarres Spielfilmdebüt im suggestiven Stummfilmstil drehte er für wenig Geld und zusammen mit einigen Freunden im Schönheitssalon seiner Tante. Der Film lief mehrere Monate als Mitternachtsvorstellung in New York.“ (Kommunalkino Bremen) HB

Der Teufel trägt Prada USA 2006, R: David Frankel, D: Meryl Streep, Anne Hathaway

„Lauren Weisbergers gleichnamiger Bestseller aus dem Jahr 2003 erschütterte weder die Welt der Mode, noch geriet die Bücherwelt aus den Fugen, aber die meisten Fashion-Victims krochen Weisberger auf den Leim. Viel pfiffiger als die selbstmitleidgetränkte ‚Abrechnung‘ zwischen Buchdeckeln ist die Leinwandversion. Es ist einmal mehr die Geschichte von Aschenputtel/Cinderella, die auch schon eine Audrey Hepburn oder Julia Roberts hell erstrahlen liess. Im Film spielt die erst 23-jährige Anne Hathaway einen Trampel, der keinen Schimmer hat von Mode. Die Pomeranze bewirbt sich beim Modemagazin ‚Runway‘ und wird von der Chefredaktorin, der teuflischen Miranda Priestly, als zweite Assistentin angestellt. Es beginnt ein Martyrium, denn Mirandas Eleganz ist gnadenlos. Meryl Streep ist satanisch gut in der Titelrolle, und Anne Hathaway ist ganz bezaubernd. Die Haute-Couture-Roben und -Kostüme, unerschwinglich für unsereiner, sind ein Gedicht.“ (Neue Zürcher Zeitung) , DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Thank You for Smoking USA 2005, R: Jason Reitman, D: Aaron Eckhart, Maria Bello

„Weniger der Tabakindustrie als den skrupellos wahrheitsverdrehenden ‚spin doctors‘ jeder Branche gilt diese brillante Satire. Aaron Eckhart verkörpert den aalglatten und wortgewandten Tabak-Lobbyisten Nick, der es mit krebskranken Teenagern ebenso aufnimmt wie mit politisch korrekten Senatoren, verführerischen Reporterinnen und einem bewaffneten Ex-‚Marlboro Man‘. In weiteren Rollen glänzen Robert Duvall, Maria Bello, William H. Macy und Katie Holmes. Jason Reitmans Adaption des Romans von Christopher Buckley ist ebenso bissig wie spassig, für Paffer genauso wie für Passivraucher.“ (Neue Zürcher Zeitung) HH

Thumbsucker USA 2006, R: Mike Mills, D: Lou Taylor Pucci, Keanu Reeves

„‚Thumbsucker‘ erzählt von einem 17-jährigen Daumen-Dauerlutscher (Lou Taylor Pucci), der allerlei Therapieformen ausprobiert, um sich von seinem lästigen Zwangsverhalten zu befreien, das ihn oft zum Schweigen und zur Einhändigkeit verdammt. Wohlmeinende Eltern (Vincent D‘Onofrio und Tilda Swinton), ein Kieferorthopäde (Keanu Reeves), der auch die Seele einrenken will, und sexuell experimentierfreudige Mädchen stehen ihm zur Seite. Mit viel feinsinniger Komik beschreibt Regisseur Mike Mills die Mühen des Erwachsenwerdens in einer Welt, in der die Eltern oft infantiler sind als ihre Kinder.“ (Der Spiegel) HB, HL

Der tierisch verrückte Bauernhof USA 2006, R: Steve Oedekerk

„Auf einem Bauernhof, wo alle Tiere sprechen können, ohne dass die Menschen dies ahnen, übernimmt ein junger Bulle nach dem Tod seines Vaters widerwillig die Leitung, wobei er gegen die partyhungrigen Hoftiere ebenso vorgehen muss wie gegen hungrige Kojoten. Unterhaltsamer Trickfilm in erstklassiger Computeranimation, mit plastischen Figuren und einigen hübschen Einfällen. Das Vergnügen trüben einige dann doch allzu unglaubwürdige Details sowie düstere (Kampf-)Szenen mit den ‚feindlichen‘ Kojoten.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, KI, OL

TKKG – Das Geheimnis um die rätselhafte Mind-Machine Deutschland 2006, R: Tomy Wigand, D: Svea Bein, Lukas Eichhammer

„Die Hobbydetektive Tim, Karl, Klößchen und Gaby alias TKKG schreiten ein, als ein genialischer Mitschüler die ‚rätselhafte Mind-Machine‘ erfindet: eine gefährliche EEG-Apparatur wie aus Frankensteins Labor, mittels derer auch aus Unbegabten neue Einsteins werden. Tomy Wigands Verfilmung der Hörspielserie von 1979 bietet zeitgemäßes, erfrischendes Jugendkino, das die unsägliche TV-Adaption von 1985 vergessen lässt. Neben den Jungschauspielern überzeugen u.a. Jürgen Vogel, Ulrich Noethen und Jeanette Hain in Nebenrollen.“ (tip) H, HB, HH, KL, OL

Tod in Venedig Italien 1970, R: Luchino Visconti, D: Dirk Bogarde, Silvana Mangano

“Zur Erholung nach Venedig gekommener deutscher Künstler verfällt in platonische Liebe zu einem schönen polnischen Jüngling und erleidet in einer choleraverseuchten Stadt einen moralischen und psychischen Zusammenbruch. Eine in der Beschwörung der Atmosphäre großartige Verfilmung von Thomas Manns 1912 erschienener Novelle.“ (Lexikon des internationalen Films) H, HH

Die toten Augen des Dr. Dracula Italien 1966, R: Mario Bava, D: Giacomo Rossi-Stuart, Erika Blanc

„Doktor Eswani wird in ein kleines Bergdorf gerufen um den Selbstmord einer jungen Frau zu untersuchen. Dort angekommen, findet er heraus, dass dies nicht der erste mysteriöse Selbstmord ist. Das Dorf scheint verflucht, denn Jeder, dem ein kleines, sehr unartiges Mädchen erscheint, muss sterben. Schließlich begibt sich Eswani zusammen mit der schönen Monika zum Schloss Graps, dem Ursprung des Bösen. Spukstimmung mit unwirklichen Farben und schleichendem Grauen, die Auflösung der Grenzen zwischen Realität und Traum: Mario Bavas ganz spezielle Geisterbahn-Ästhetik macht „Operazione Paura“ (so der Originaltitel) zu einem der schönsten Gothic-Horrorfilme überhaupt.“ (b-movie) HH

Twilight of the Ice Nymphs Kanada 1997, R: Guy Maddin, D: Nigel Whitmey,, Shelley Duvall / Originalfassung ohne Untertitel

Bei „Twilight of the Ice Nymphs“ konnte Guy Maddin 1997 zum ersten Mal mit einem Millionen-Budget und internationalen Stars wie Shelley Duvall arbeiten und das Ergebnis war eine erotische Idylle im Stil der Gemälde der französischen Symbolisten des 19. Jahrhunderts. (hip) HB

V

Volver – Zurückkehren Spanien 2006, R: Pedro Almodóvar, D: Penélope Cruz, Carmen Maura

„Es sind keine schrillen Weiber am Rand des Nervenzusammenbruchs, die Pedro Almodóvar hier inszeniert, sondern Frauen, die mitten im Leben stehen, lebende und höchst lebendige Tote. ‚Surrealistischen Naturalismus‘ nennt der Spanier sein Stilprinzip, das ihm erlaubt, mühelos zwischen der Welt der Lebenden und derjenigen der Toten zu wechseln und sein großartiges Frauenensemble durch eine Geschichte zu dirigieren, in der sich Witz und unvermittelter Ernst, Komik und plötzliche Beklemmung auf bezaubernde Weise die Hand reichen. Das kulminiert in den Szenen, in denen die tote Mutter (Carmen Maura) den Schwestern Sole (Lola Dueñas) und Raimunda erscheint, letztere verkörpert von einer hinreißend schönen Penélope Cruz, der der Regisseur auf erotische Weise huldigt.“ (Neue Zürcher Zeitung) HH

W

Warum halb vier? Deutschland 2006, R: Lars Pape

“Anhand von Interviews mit bekannten wie unbekannten Zeitgenossen versucht der Dokumentarfilm die Faszination des Fußballs zu ergründen. In einigen Aussagen durchaus erhellend und unterhaltsam, findet der Film jedoch zu keiner Form, die seinem Sujet gerecht würde. Auch die sinn- und gemeinschaftsstiftende Funktion des Fußballs kommt nur ungenügend zum Ausdruck.“ (filmdienst) HB, HI, OL

Water Kanada/Indien 2005, R: Deepa Mehta, D: Lisa Ray, Seema Biswas

„Ein achtjähriges indisches MädcWicker Man hen, das von den Eltern zwangsverheiratet wurde, wird nach dem Tod des Ehemanns nach hinduistischem Brauch in einen Ashram für Witwen gesteckt. Hier trifft es Frauen, die ihr Schicksal teilen, vor allem aber eine Leidensgefährtin, die als Prostituierte für die Finanzierung des Ashrams sorgen muss. Gegen Ende der 1930er-Jahre in Benares spielender Abschluss der ‚Elemente‘-Trilogie von Deepa Mehta über das Schicksal indischer Frauen. Der subtil inszenierte, detailreich ausgestattete Film erzählt von einer traditionellen Form der Unterdrükkung; die zwischen Trauer und Hoffnung, Melancholie und Romantik pendelnde Geschichte wird durch den märchenhaften Schluss aufgebrochen.“ (filmdienst) HB

Wenn die Gondeln Trauer tragen Großbritannien/ Italien 1973, R: Nicholas Roeg , D: Julie Christie, Donald Sutherland

„Roeg erzählt die Geschichte des Kirchenrestaurators John Baster und seiner Frau Laura, die durch den Unfalltod ihrer Tochter zutiefst verletzt sind, vor dem Hintergrund des winterlichen Venedigs, vor allem psychologisch differenziert. Die von einem merkwürdigen Touristenpaar übermittelten Warnungen aus dem Jenseits, Johns eigene Todesahnungen und die zahlreichen beunruhigenden Details, die Roeg in der Lagunenstadt entdeckt, verbinden sich zu einem filmischen Alptraum, der gleichzeitig durch seine formale Brillanz besticht und durch seine Intensität betroffen macht. Im Genre des parapsychologischen Gruselfilms ist dies ein besonders schillerndes Exemplar: Undurchsichtig und in der Auflösung irre, doch innerhalb des Bannkreises atmosphärischer Hysterie von einer zwanghaften Logik.“ (AZ) H

The Wicker Man USA 2006, R: Neil LaBute, D: Nicolas Cage, Ellen Burstyn

„Ein Polizist reist auf eine kleine Privatinsel, um nach einem lange vermissten Mädchen zu fahnden. Er trifft dort auf eine sektenähnliche, oberflächlich sehr friedliche Gemeinschaft, die unter der Leitung einer „Königin“ eine Gesellschaftsform ähnlich der Bienen aufgebaut hat. Doch das Matriarchat birgt ein dunkles Geheimnis, das dem Polizisten zum Verhängnis zu werden droht. Kraftlos-prüde Adaption eines Gruselklassikers aus dem Jahr 1973, dem es trotz vielversprechender Ansätze nicht gelingt, aus der in die Gegenwart transportierten Geschichte das angestrebte intellektuelle Angstkino zu machen.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, KI, OL

Wo ist Fred!? Deutschland 2006. R: Anno Saul, R: Til Schweiger, Jürgen Vogel

„Um seiner allein erziehenden Freundin Mara seine Liebe zu beweisen, muss der Vorarbeiter Fred einen Wunsch ihres Sohnes Linus erfüllen: einen echten Ball der Basketballmannschaft Alba-Berlin. Da nach jedem gewonnen Spiel ein Ball in die Behindertentribüne geworfen wird, haben Fred und sein Kumpel Alex einen Plan ausgeheckt. Fred gibt sich als stummer Rollstuhlfahrer aus und fängt schließlich den begehrten Ball. Von der Besetzungsliste her ein deutscher Blockbuster (Til Schweiger , Jürgen Vogel, Alexandra Maria Lara , Christoph Maria Herbst), aus Sicht der Story aber nicht mehr als ein durchschnittlicher Fernsehfilm. Zum Glück schafft es das gut gelaunte Starensemble aus „Wo ist Fred!?“ eine liebenswürdige und unterhaltsame Komödie zu machen, bei der man auch einmal über kleine Schwächen und Durchhänger in der Handlung hinwegsehen kann.“ (moviemaze) H, HB, HH, HL, KL, OL

Z

Zaina, Königin der Pferde Frankreich/Deutschland 2005, R: Genre: Bourdem Guerdjou, D: Aziza Nadir, Sami Bouajila

„Ein Mädchen wächst unter widrigen Umständen auf, lernt wichtige Lektionen fürs Leben und triumphiert am Ende auf dem Rücken eines Rennpferdes: Was Hollywood als zuckersüßes Märchen verpacken würde, erhält im Nomaden-Milieu, vor der Kulisse des Atlas-Gebirges in Marokko, eine raue Authentizität. Auch wenn die Geschichte mitunter zäh daherkommt und vieles in unseren Augen fremd erscheint - Pferdenarren werden Zaïna lieben.“ (Cinema) H, HB, HH, KL, OL