Bush-Debakel: Strafe muss sein
: KOMMENTAR VON BERND PICKERT

In einer Wahl, die von der nationalen Unzufriedenheit über die Arbeit von Regierung und Kongress bestimmt war, sind die US-Republikaner endlich deutlich abgestraft worden. Mit der Übernahme des Repräsentantenhauses und vermutlich sogar des Senats haben die Demokraten von den Wählern die Möglichkeit, aber auch die Verpflichtung erhalten, das System von „Checks and Balances“ wiederherzustellen. Das hat die sechsjährige Herrschaft der Republikaner in Repräsentantenhaus, Senat und Weißem Haus so katastrophal demontiert.

Vor vier Jahren hatte George W. Bush die Zwischenwahlen zu einem Referendum über seine Präsidentschaft und den Krieg gegen den Terror ausgerufen – und haushoch gewonnen. Jetzt haben die Demokraten die Referendumsidee aufgenommen – und Bush die überfällige Abfuhr erteilt. Das stellt Vertrauen in die US-Politik wieder her.

Aber auch wenn mit Nancy Pelosi eine erklärte Linksliberale die Führung des Repräsentantenhauses übernimmt, so wäre es doch Unsinn, die Wahl vom Dienstag zu einem Linksruck in den USA erklären zu wollen. Viele der neu gewählten demokratischen Abgeordneten sind von Michael-Moore-Positionen genauso weit entfernt wie ihre Kollegen aus der republikanischen Fraktion. Und der Mainstream in den USA ist in den vergangenen Jahren strukturell klar nach rechts gerückt. Daran ändern auch diese Wahlen nichts. Allerdings eröffnet das Ergebnis die Möglichkeit, dass auch in den USA wieder eine echte Debatte stattfindet, dass über die engen Grenzen republikanischer Parteiloyalität hinweg diskutiert wird.

Kritik an seiner Arbeit wollte Bush nie hören, die offene Diskussion war seine Sache nicht. Das wird sich ändern müssen. Auch in den Reihen der Republikaner wird die Distanz zum Präsidenten weiter wachsen. Wie sich die inzwischen an die Minderheitsposition gewöhnten Demokraten als neue Mehrheit in den nächsten zwei Jahren verhalten: Davon hängen ihre Chancen für die Präsidentschaftswahl 2008 ab. Erst ein Wechsel im Weißen Haus kann tatsächlich jene Kursänderung garantieren, die die Wähler jetzt gefordert haben – und die für die USA und den Rest der Welt so überfällig ist.