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Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Schön, dass am Ende des überreichen Monats der Fotografie noch viele Ausstellungen weiterlaufen. Bei Jörg Maass Kunsthandel etwa „Street Photography“, wo weniger bekannte Arbeiten von sehr bekannten Fotografen wie Berenice Abbott, Weegee, Brassai oder Henri Cartier Bresson zu sehen sind, um nur einige zu nennen. Dazu kommt eine Reihe interessanter Aufnahmen von weniger bekannten Fotografen, wie etwa die großartigen Bilder, die Erika Stone in den 40er Jahren in der New Yorker Bowery schoss. Mit diesen Streets begann sich die 1924 in Frankfurt am Main geborene jüdische Emigrantin einen Namen als Fotojournalistin zu machen. Und dann überrascht Laszlo Moholy-Nagys Aufnahme vom Brixton Fishmarket, die Teil einer Serie ist, die er für Mary Benedettas „The Street Markets of London“ fotografierte. Jörg Maass hat das 1936 erschienene Buch, das zeigt, dass der Fotopurist Moholy-Nagy großen Spaß auf der Straße hatte und ein hervorragender Fotoreporter war.  Insofern er seinem Stil treu bleibt, überraschen die Fotografien, die Michael Rutschky bei Anselm Dreher zeigt, im vorher genannten Sinne nicht. Es überrascht aber sehr wohl und aufs Neue, wie abwechslungsreich sich seine fotografischen Streifzüge durch den gemeinen Alltag gestalten. Auch „Bamberg“ 2008/09 zeigt wie die 80er-Jahre-Serien „Mit Dr. Siebert in Amerika“ oder „Vor dem Fenster“ Porträts von kleinen Dingen wie einen „Mahnzettel wegen Müll“ oder „Tomatensaft“. Anders als bei den frühen Serien ist in diesem weitestgehend privaten Bilderbogen jetzt aber Farbe im Spiel. Und mit ihr erfahren die vermeintlich absichtslos, aber durchweg treffend gefundenen Bildmomente eine neue Scharfstellung. Der bislang favorisierte Moment tritt hinter der Perfektion des Bildes zurück, etwa bei der „Heuschrecke auf Zeitung“. Das Foto ist überraschend schön.

■ Street Photography. Beispiele aus sechs Jahrzehnten; bis 10. Dezember, Mo.–Fr. 10–18 Uhr, Jörg Maass Kunsthandel, Rankestr. 24; ■ Michael Rutschky: Creme… Fotografien 1986–2009; Di.–Fr. 14–18.30, Sa. 11–14 Uhr, Galerie Anselm Dreher, Pfalzburger Str. 80

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