Das bisschen Fifa

WM 2011 Bei der WM-Auslosung wird dem DFB-Team eine leichte Gruppe zugewiesen, aber spannender war, wer dem Gala-Abend fernblieb. Sepp Blatter hatte wichtige Termine, Oliver Kahn blieb im Schnee stecken

Gruppe A Gruppe C

Deutschland USA

Kanada Nordkorea

Nigeria Kolumbien

Frankreich Schweden

Gruppe B Gruppe

Japan Brasilien

Neuseeland Australien

Mexiko Norwegen

England Äquatorial-Guinea

FRANKFURT taz | WM-Zeit ist angebrochen in Frankfurt. Wer ein bisschen sucht, der findet am Hauptbahnhof die Countdown-Uhr. Die Bahn ist einer der sechs nationalen Förderer der Frauenfußball-WM. 207 Tage sind es noch bis zum Eröffnungsspiel im Berliner Olympiastadion. Dann wird Deutschland gegen Kanada antreten. Das ergab die Auslosung im Frankfurter Kongresszentrum. Das war orange geschmückt im Fifa-Design. 2011 wird Deutschland wieder Fifa-Land. Ein bisschen zumindest.

„Hey, es ist ’ne WM! Wer daran nicht teilnehmen will, dem kann ich auch nicht helfen.“ Steffi Jones, die ehemalige Nationalspielerin, die dem Organisationskomitee vorsteht, will das ganz große Ding aus dem Turnier machen. Ihr Ziel ist es, alle Karten für alle Spiele der 16 Mannschaften zu verkaufen. 350.000 Tickets sind schon weg. Dem internationalen Fußballverband Fifa wird das gefallen.

Dessen Präsident Sepp Blatter wird sich erzählen lassen müssen, was Jones in Frankfurt gesagt hat. Er war nicht da. „Neue Termine“ hätten sich ergeben. Am Donnerstag entscheidet die Fifa-Exekutive, wo in den Jahren 2018 und 2022 die Männerweltmeisterschaften stattfinden. „Er hat mich angerufen“, sagt Steffi Jones, und habe sich entschuldigt. „Wir sollten wirklich Verständnis in dieser Situation haben. Wir würden das auch nicht anders machen, wenn wir so etwas zu klären hätten.“ Morgen stimmen in Zürich Korruptionsmillionäre über Milliardengeschäfte ab. Der Etat der Frauenfußball-WM: knapp 50 Millionen Euro. Ein bisschen Fifa eben.

Einer aus der Fifa-Regierung war da. Worawi Makudi, der Präsident des thailändischen Fußballverbandes, ist in der Exekutive des Weltverbands für den Frauensport zuständig. „Ich danke Ihnen für die Frage“, sagte der Dauerlächler, als er auf die Korruption in der Verbandselite angesprochen wurde, „aber heute bin ich für den Frauenfußball da.“ Schön habe sich der entwickelt. „Früher hat man gesagt, die Frauen spielen langsam. Aber jetzt spielen sie schnell, sind technisch begabt und das Spiel ist unterhaltsam.“ Er freut sich jedenfalls auf die WM 2011.

Gefreut hat er sich auch darüber, dass sich alle so schön bedankt haben bei ihm für sein Erscheinen. Kritische Fragen aber will Makudi nicht hören. Medien sollen den Fußball voranbringen. Gerade als er seine Bewunderung für alle Vertreter von Presse, Funk und Fernsehen zum Ausdruck brachte, ohne die der Fußball nicht dastünde, wo er steht, stellte schon wieder einer eine dieser ungeliebten Fragen. Es ging um einen Protest gegen das für die WM qualifizierte Äquatorial-Guinea. Der Vorwurf: Das Team sei beim Afrika-Cup mit zwei Männern angetreten. „Sie können davon ausgehen, dass es bei der WM fair zugehen wird“, versprach Makudi. Das Problem ist bei der Fifa noch nicht so recht angekommen. Auch in Deutschland tut man sich schwer mit der Angelegenheit, die bald schon eine deutsche sein könnte. Eine der beschuldigten Spielerinnen, Genoveva Anonma, kickt in der Bundesliga beim USV Jena.

Beim weiblichen Superstar des Auslosungabends gibt es dagegen keinerlei Zweifel, was ihr Geschlecht betrifft. Model Adriana Kerembeu, die daherkam, wie eine fleischgewordene Barbie-Puppe, zog zusammen mit Günter Netzer die Lose. Nach getaner Arbeit stand sie auf ihren hohen Schuhen am Rande des Pressebereichs und beobachtete, wie sich andere Frauen, Spielerinnen und Trainerinnen, den Fragen der Medienvertreter stellten. Endlich ging es um den Sport. „Machbar“ sei die deutsche Vorrundengruppe, sagte Bundestrainerin Silvia Neid, die mit ihren Team auf Kanada, Nigeria und Frankreich treffen wird. In Testspielen hatte die DFB-Auswahl in diesem Jahr Kanada mit 5:1 und Nigeria mit 8:0 geschlagen.

Angst vor Zweistelligkeit

Könnte es also langweilig werden? Bei der WM 2007 in China gewannen Deutschlands Frauen ihr Auftaktspiel mit 11:0 gegen Argentinien und lösten damit eine Debatte über die Qualität des Frauenfußballs aus. Silvia Neid ist sich sicher, dass so etwas nicht mehr passieren wird: „Zweistellig, das war wohl einmalig.“

Trotzdem wird es 2011 für den Frauenfußball um mehr gehen als um die Kür eines Weltmeisters, weiß die englische Auswahltrainerin. Beim größten Frauenfußballevent aller Zeiten, so Hope Powell, „haben die Mannschaften eine große Verantwortung. Sie müssen sportlich zeigen, dass sich der Frauenfußball weiterentwickelt hat.“

Davon kann sich dann auch Günter Netzer überzeugen, der versprochen hat, sich zumindest das Eröffnungsspiel am 26. Juni in Berlin anzusehen. Netzer war als Losfee die Zweitbesetzung. Oliver Kahn, der dafür vorgesehen war, wartete angeblich von 9 bis 15 Uhr am verschneiten Münchner Flughafen vergeblich auf den Start einer Maschine nach Frankfurt. WM-Partner Deutsche Bahn braucht für die Strecke von der Isar an den Main kaum mehr als drei Stunden. Hat ihm das wirklich niemand gesagt? Oder war das bisschen Fifa, das da zu Gast war in Frankfurt, dem großen Kahn dann doch zu popelig? ANDREAS RÜTTENAUER