Nette Migranten dürfen bleiben

Hamburg will das Ausländerrecht vermenschlichen: Innenminister sollen Arbeitserlaubnis und Bleiberecht für gut Integrierte beschließen. Die anderen sollen konsequent abgeschoben werden

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Hamburgs Senat will seine Ausländerpolitik humanisieren. Ein Bleiberecht und eine Arbeitserlaubnis für gut integrierte MigrantInnen, die in der Hansestadt lediglich geduldet werden (siehe Kasten), will Hamburg Ende nächster Woche auf der Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern (IMK) in Nürnberg durchsetzen. Das ist „unsere Botschaft an die Menschen“, erklärte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gestern bei einem Pressegespräch im Gästehaus des Senats.

Der „Grundgedanke“ sei, allen AusländerInnen einen gesicherten Aufenthalt in der Hansestadt zu ermöglichen, „die schon eine geraume Zeit hier leben und erfolgreich sozial und wirtschaftlich integriert sind“, sagte von Beust. Diese Linie sei mit Innensenator Udo Nagel (parteilos) sowie den „direkt betroffenen Senatorinnen“ seiner Partei, Birgit Schnieber-Jastram (Familie und Soziales) und Alexandra Dinges-Dierig (Schule), abgestimmt.

Der „Standpunkt“, mit dem der Senat nun Nagel auf die IMK schickt, sieht im Detail Folgendes vor. Ein Bleiberecht sollen alle Familien mit Kindern erhalten, die seit mindestens sechs Jahren in Hamburg geduldet werden, Familien ohne Kinder und alleinstehende Erwachsene nach acht Jahren. Zudem müssen sie „sozial und wirtschaftlich integriert“ sein. Die beiden Kriterien dafür sind gute Deutschkenntnisse und ein gesichertes Einkommen ohne Sozialhilfe.

Dass Letzteres ein Problem darstellt, wissen auch von Beust und Nagel. Denn Geduldete dürfen gar nicht regulär arbeiten, bestenfalls ein bisschen jobben. Deshalb müssten sie „die rechtliche Möglichkeit bekommen, sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen zu dürfen“, findet der Bürgermeister, „denn sonst passt das ja nicht zusammen“. Für die Umsetzung sei jedoch Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) zuständig: „Der muss das entscheiden.“ Signale aus Berlin deuteten darauf hin, „dass das klappen wird“, sagte von Beust.

Bei den Betroffenen, die kein Bleiberecht erhalten können, gebe es zwei Möglichkeiten, sagte Nagel. Jeder Einzelfall werde „sorgfältig geprüft“, im Zweifel auch vom Petitionsausschuss der Bürgerschaft und der Härtefallkommission. Dabei werde „die soziale Lage und die Bildungssituation von Kindern berücksichtigt“. Abschiebungen während der Schulzeit oder einer beruflichen Ausbildung soll es demnach nicht mehr geben.

Alle anderen aber, und das sei „die Kehrseite der Medaille“, würden „konsequent zurückgeführt“, kündigten Bürgermeister und Innensenator an. AusländerInnen, die keine der genannten Kriterien erfüllten, „werden das Land verlassen müssen“. Ausnahmen gebe es nur „wenn internationale Konventionen dem entgegenstehen“. Die Interpretation aber, in welchem Land Krieg oder Bürgerkrieg herrscht oder welcher Staat eine Folterdiktatur ist, wurde in Hamburg bislang immer sehr weit ausgelegt.

Über die Chancen des Hamburger „Standpunkts“ auf der Konferenz der Innenminister wollten von Beust und Nagel nicht spekulieren. Es gebe aber einen gewissen Konsens, „dass wir mit den Menschen nicht länger so umgehen dürfen wie bisher“, sagte von Beust: „Das Problem muss endlich gelöst werden.“ Das sei auch seinen Kollegen aus den anderen Ländern „klar“, sagte Nagel.