Pleite ohne Menschen

Mit der „Erlebniswelt Renaissance“ wollte das Weserbergland den Tourismus ankurbeln. Doch das Renommier-Projekt machte vor allem mit seinen Pannen von sich reden. Die Besucher blieben weg

VON DANIEL WIESE

Er sei „felsenfest davon überzeugt, dass dieses europaweit einzigartige Projekt über die Grenzen Deutschlands hinaus für Furore sorgen wird“, sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister Walter Hirche (CDU) bei der Eröffnung der „Erlebniswelt Renaissance“ in Hameln. Das war im September vergangenen Jahres. Der Optimismus dürfte inzwischen verflogen sein. Das 18 Millionen schwere Renommier-Projekt steckt tief in den roten Zahlen. Am Montag wurde Geschäftsführer Thomas Gersmeier entlassen.

Dass ausgerechnet bei der Eröffnungsveranstaltung die Technik ausfiel, hätte als böses Omen gewertet werden können. „So mussten die mehr als 400 geladenen Gäste bei ihrem Gang durch die beeindruckenden Kulissen auf ihren audiovisuellen Begleiter verzichten“, notierte die Hannoversche Allgemeine Zeitung. „Den Machern stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben“, berichtete die Deister- und Weserzeitung vom Ort des Desasters.

Die „audiovisuellen Begleiter“ sind kein zusätzlicher Gimmick. Sie sind Dreh- und Angelpunkt eines mit Europa-Geldern geförderten Konzepts, mit dem der Tourismus im Weserbergland wiederbelebt werden soll. Weil sich immer weniger Besucher für die Reste der Spätrenaissance bei Hameln und Bückeburg interessierten, war der Landkreis auf die Idee gekommen, seine Kulturdenkmäler virtuell aufzupeppen.

Ein „e-Guider“ sollte die Besucher durch die historischen Kulissen führen und mittels Minibildschirm und Kopfhörern „authentische Ereignisse und Personen“ auftauchen lassen – darunter Galilei und Dürer, die sich nie ins Weserbergland verirrt haben dürften.

Leider erwies sich der e-Guider als extrem anfällig. Auch die Ortungs-Software, die das Programm mit dem Standort des Besuchers abstimmen sollte, machte Probleme. Die Folge: Die Touristen blieben aus – und mit ihnen das Eintrittsgeld, mit dem man fest gerechnet hatte.

„Im Grunde funktioniert die Erlebniswelt erst seit wenigen Wochen“, sagt Thomas Wahmers, Pressesprecher der Stadt Hameln, in der mit dem „Hochzeitshaus“ das Zentrum der Ausstellung liegt. Einen „Skandal“ kann er nicht erkennen. Schließlich habe man der „Erlebniswelt Renaissance“ ursprünglich ein Jahr unter „normalen Bedingungen“ geben wollen. Ein Jahr also müsse man noch warten.

Die Stadt Hameln will von der „Erlebniswelt“ profitieren, bezahlen müssen die Pleite andere: die Landkreise Hameln-Pyrmont, Schaumburg und Holzminden. Sie haben Bürgschaften in Höhe von viereinhalb Millionen Euro übernommen.

Man wolle mit der Erlebniswelt weitermachen, heißt es aus dem Büro des Landrats von Hameln-Pyrmont, Rüdiger Butte. Auch das niedersächsische Wirtschaftsministerium hält an dem „Leuchtturmprojekt“ fest. Man stehe mit einer halben Million Euro bereit, sagte Sprecher Andreas Beuge.