Nebengleis zum Ziel

VON STEPHAN KOSCH

Letzte Woche sah es noch so aus, als bliebe die Deutsche Bahn AG auch in den kommenden Jahren eine Bundesbahn im Staatsbesitz. Doch gestern verkündete Bahnchef Hartmut Mehdorn, dass das Unternehmen doch vielleicht schon 2008 an die Börse gebracht werden kann. Denn am Mittwochabend hatten sich Verkehrspolitiker des Bundestages und Vertreter der Bundesregierung nach langem Streit auf ein Modell für den Börsengang geeinigt. Mehdorn begrüßte das als „gutes Signal“.

Das überrascht nicht. Denn der Bahnchef, der in der vergangenen Woche noch offen über das mögliche Aus für die Privatisierung geredet hatte, hat viel von dem erreicht, was er wollte. Zwar wird das Schienennetz nicht, wie von ihm gewünscht, im Besitz des Konzerns bleiben, sondern zukünftig dem Bund gehören. Allerdings erhält die DB AG „die Möglichkeit, Schienenverkehr und Infrastruktur in einer wirtschaftlichen Einheit zu betreiben und zu bilanzieren“. So steht es in dem von CDU und SPD formulierten gemeinsamen Antrag an den Bundestag, mit dem die Privatisierung der Bahn auch vom Parlament abgesegnet werden soll.

Danach ist die Beteiligung von Privatinvestoren an dem Schienennetz ausgeschlossen, was immer von der CDU/CDU, aber auch den Oppositionsparteien und Verbraucherschützern gefordert wurde. Diese befürchteten, dass private Investoren das aus Steuermitteln finanzierte Schienennetz nicht ausreichend pflegen, um eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Zudem argumentierten die Gegner des „integrierten Börsenganges“, dass ein Schienennetz in Bahn-Eigentum schlecht für den Wettbewerb sei, weil die DB AG so unliebsame Konkurrenten behindern könnte.

Doch ob dies mit dem nun gefundenen Kompromiss ausgeschlossen wird, ist fraglich. Denn noch ist nicht klar, zu welchen Bedingungen, die Bahn die wirtschaftliche und organisatorische Kontrolle über das Netz erhält. Sollte ein solches Recht über einen langen Zeitraum von 20 oder 30 Jahren vergeben werden, bleibt die Bahn noch lange in sehr mächtiger Position. Und weil sie das Netz in ihrer Bilanz berücksichtigen darf, ist der Wert des Unternehmens deutlich höher als bei einer strikten Trennung.

So sieht zum Beispiel die verkehrspolitische Sprecherin der Linkspartei, Dorothee Menzner, in den Ankündigungen den „drittklassigen Versuch, den Börsengang mit Netz jetzt über ein Nebengleis in Fahrt zu bringen“. Das angestrebte Eigentumsmodell sei „völlig schleierhaft“. Auch der Verkehrsexperte der Grünen im Bundestag, Winfried Hermann, sieht die Konflikte und Diskussionen nur verschoben. Entscheidend sei, wie der Vertrag mit der Bahn gestaltet werde, sagte er der taz. Grundsätzlich sei die nun gefundene Variante aber „günstig für die Deutsche Bahn“.

Und das liegt auch an einem finanziellen Detail der Einigung. Das Privatisierungsgesetz, dass Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bis Ende März kommenden Jahres vorlegen soll, wird nämlich ergänzt durch eine „Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung“. Darin soll festgelegt werden, dass der Bund der Bahn jährlich bis zu 2,5 Milliarden Euro für den Erhalt des Netzes geben soll. Dafür muss die Bahn eine gewisse „Infrastrukturqualität“ gewährleisten. Was darunter zu verstehen ist, soll ein Vertrag regeln. Doch auch der muss noch in den kommenden Monaten ausgehandelt werden.