Verwirrung an jeder Laterne

VOLKSENTSCHEID-PLAKATE

Wie nennt man die heiße Phase vor einem Volksentscheid: Wahlkampf? Einfach Finale? Seit Dienstag haben jedenfalls alle Gruppen und Parteien ihre Plakate zum Tempelhof-Volksentscheid fertig. Es kann losgehen.

Und zwar mit der finalen Verwirrung: Denn statt für klare Positionen zu werben, irritieren die Poster der meisten Gruppen. Beispiel SPD: „Berlin statt Stillstand. Für 100 % Berlin“. Die Prozentangabe ist von der Initiative 100 % Tempelhof geklaut – und soll wohl deren Unterstützer auf die falsche Fährte locken. Ein souveränes Vertreten der eigenen Position – den Bau von knapp 5.000 Wohnungen an den Feldrändern – sieht anders aus.

Beispiel „Aktionsbündnis Tempelhofer Feld für alle“: Das Wörtchen „alle“ ließe sich auch als „100 %“ lesen. Die wollen aber ein freies Feld – „alle“, ein Zusammenschluss aus Wohnungsbauunternehmen, Sozialverbänden, der IHK und Gewerkschaften, sind für eine Bebauung.

Die Grünen: Immerhin, ihr Plakat ist sogleich erkennbar als eines, das den Senat kritisiert. Da fläzt Klaus Wowereit im Regierungssessel, darüber die Frage „Würden Sie diesem Mann noch einen Flughafen anvertrauen?“ Blöd, dass die Ex-Ökos beim kleiner Gedruckten geschlampt haben: Man wird, in dieser Reihenfolge, aufgefordert, Nein zu sagen zum Senatsplan und Ja zu Tempelhof. Dafür muss man jedoch am 25. Mai umgekehrt vorgehen: Zuerst wird beim Entscheid nach der Zustimmung zu dem Gesetzentwurf der 100%ler gefragt, dann nach der Zustimmung zum Senatsplan. Vielleicht artikuliert die Vertauschung ja die Schizophrenie der Grünen: Eigentlich sind sie auch für eine Randbebauung, für den Senat zu werben geht aber auch nicht. Ausnahmen gelten nur für Verwirrte. BERT SCHULZ