Kleinere Klassen überall

Demnächst verkündet Bürgermeister Ole von Beust kleinere Grundschulklassen für sozial schwache Gebiete. Die Opposition will per Haushaltsantrag dafür sorgen, dass die Klassen auch sonst verkleinert werden

Nötig ist es. Aber ist es auch gerecht und dem Wähler zu verklickern? Im Anschluss an die Haushaltsklausur seiner Fraktion wird Bürgermeister Ole von Beust (CDU) am kommenden Sonntag Wohltaten für die Stadtteile in sozialen Problemlagen verkünden. Dazu zählt, wie aus Rathauskreisen zu hören ist, auch die angekündigte Verkleinerung der Grundschulklassen.

Groß sind die Hamburger Klassen indes, weil der Senat vor zwei Jahren die so genannten Frequenzen erhöhte: In jeder vierten Klasse drücken 29 oder mehr Kinder die Schulbank. Zurück genommen werden soll die seinerzeitige Erhöhung aber nur in so genannten „Kess1“- und „Kess2“-Schulen. Das sind Schulen, die laut der 2003 erhobenen Kess-Grundschulstudie auf einer Skala von eins bis sechs den niedrigsten „Sozialindex“ aufweisen. Schätzungen zufolge sind das rund 80 der 230 Hamburger Grundschulen.

Die Nachteile von zu großen Gruppen sind dabei auch für die Kinder in sozial gemischten und besser situierten Vierteln zu spüren. „In großen Klassen werden Schüler häufiger ermahnt, Lehrer drohen häufiger und geben häufiger Strafarbeiten auf“, schrieb unlängst erst der Passauer Erziehungswissenschaftler Fritz Haselbeck in der Süddeutschen Zeitung; er hatte 800 Schüler und 400 Lehrer dazu befragt. Weil in kleineren Klassen die Lernmotivation steige und die Lernatmosphäre „schlicht entspannter“ sei, müsse die Obergrenze bei 25 Schülern liegen.

Genau das fordert die GAL-Schulpolitikerin Christa Goetsch: „Mit jedem Kind zusätzlich wird alles viel schwerer“, sagte sie im Juni nach einer Rundtour durch acht Schulen. Viele Grundschulen wendeten modernste Pädagogik an, stießen aber durch die großen Klassen „an die Grenze“. Für eine Verkleinerung bräuchte es Goetsch zufolge rund 230 zusätzliche Lehrerstellen, was etwa 12,9 Millionen Euro kosten würde. Ein entsprechender Haushaltsantrag ist in Planung.

Von der SPD, die sich über die großen Klassen kräftig empörte, war bisher nur zu hören, dass sie ebenso wie die CDU nur in besagten „Kess“-Schulen die Klassen verkleinern möchte: auf 23, maximal 24 Schüler. „Wir stehen dazu, dass wir diese Schulen besser stellen“, sagt SPD-Schulpolitiker Wilfried Buss. Allerdings berate seine Fraktion an diesem Wochenende einen Haushaltsantrag, der auch die Kess-3- bis Kess-6-Schulen wieder „auf den alten Stand von 2001 zurückversetzen soll“ – damals regierte noch die SPD. In dem Antrag „steht drin, dass keine Klasse über 27 Schüler haben soll“, sagt Buss. Dafür solle die Organisationsfrequenz von derzeit 27 auf 24 gesenkt werden.

Bleibt sie bei der halbherzigen Lösung, könnte die CDU sich mit den Klassengrößen ein unangenehmes Wahlkampfthema einhandeln. Laut ihrem schulpolitischen Sprecher Robert Heinemann beharrt die Union auf der „Zielzahl 27“ und plant lediglich „organisatorische Regelungen“, damit sie seltener überschritten wird. KAIJA KUTTER