urdrüs wahre kolumne
: Castor, Castor

Aufrechte Hamburger, die an diesem Wochenende verhindert sind, sich dem Castor entgegenzustellen – sie sind herzlich gebeten, sich um 11 Uhr am Spielbudenplatz dem „Bettlermarsch“ gegen Armut anzuschließen. Wenn die besseren Restaurants in der Innenstadt sich wenigstens an diesem einen Tag als Suppenküche für die armen Leute gerieren – können es dann ja den obligatorischen Freibiergesichtern wie Jette Joop und Kai Diekmann auf die Rechnung pinseln. Dies wäre auch ein ehrendes Gedenken an die wundervollen Elisabethschwestern Bernardis und Erika (71), die gestern auf St. Pauli in der Joseph-Kirche aus ihrem Dienst an den Lazarussen dieser Welt verabschiedet wurden – als letzte ihres Ordens, der über 100 Jahre lang die Verdammten dieses Fleckens Erde mit Tee und Broten, Seife, warmen Socken und ebensolchen Worten versorgte. Kein Nachwuchs. Wollen eben alle Models oder Katja Kesslers werden …

Bremen aber, wo die Kinderarmut noch größer und das Elend noch bedrängender ist, entscheidet in der nächsten Woche im Senat über die Herausgabe eines „frei verwendbaren Bremischen Wappenzeichens“, das sich deutlich von jenem abheben soll, mit dem Stadt und Land regelmäßig ihre Botschaften über den Abbau von Sozialleistungen besiegeln. Wem aber gehört der bremische Schlüssel und wem ist die Speckflagge zu eigen? Macht doch was ihr wollt mit diesem Plunder – als Werbung taugt das eh nicht mehr!

Als die knapp 70 überwiegend versoffenen NPD-Pickelbratzen unter Führung von Führer-Michael-Kühnen-Witwe Christian Worch durch das liebenswerte Bremen-Walle torkelten und sich unter Polizeischutz trotz der 8.000 Antifaschisten noch selbst als Stärkste der Parteien feierten, meinte ein Biba-Bürgersmann beim anschließenden Fußballkucken neben mir nur: „Irgendwie müssen die ja auch Ihre Argumente rüberbringen!“ Hätte er auch die angemessene Antwort als Argument gelten lassen?

Immer energischer führt Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann seinen Kampf um den Titel „Deportator maximus“ und wollte in dieser Woche vor einer neuen Bleiberechtsregelung noch mal die Chance nutzen, ein paar Roma-Familien und Kosovo-Albaner zu Luftpäckchen für den Abtransport im Flieger zu verschnüren. Dass er damit zum Legitimationsagenten seiner landesüblichen Nazibanden wird, sollte ihm mal einer seiner intelligenteren Staatsschützer in die Wichsvorlagen kritzeln.

Nach dem niedersächsischen taz-Kolumnistentreffen mit Publikum in Hannover begegnete mir in der Bahnhofsspelunke „Schluckspecht“ zu später Stunde ein Herr mittleren Alters, der mir versicherte, er habe aus seiner Zeit bei der NVA noch Unterlagen, mit deren Hilfe man Stromnetze auch als Laie noch ganz anders zum Absturz bringen könne als neulich durch die Papenburger Meyer-Werft. Er sicherte mir nach Bezahlung seiner drei Biere zu, die Dokumente sofort aus dem Schließfach zu holen, war jedoch nach zwei weiteren Bieren meinerseits noch nicht wieder zurück. Material bitte umgehend in irgendeinem toten Briefkasten hinterlegen!

Möge die Macht mit Euch sein, Verabschiedet sich für heute in kosmischer Trunkenheit ULRICH
„STERNENKRIEGER“ REINEKING