Der Sparstrumpf hat langsam ausgedient

Wer sein Geld unter dem heimischen Kopfkissen oder auf einem Sparbuch versauern lässt, ist selber schuld: Tagesgeldkonten bieten bessere Zinsen

Anleger wissen längst, dass Erspartes nicht in den Sparstrumpf gehört. Denn dieser hat ein Loch: Die Inflationsrate sorgt dafür, dass der Geldwert ständig abfließt. Sparstrümpfe haben zugleich die Eigenart, dass sie keine Zinsen abwerfen.

Die negativen Merkmale eines Sparstrumpfs kehren jedoch in anderer Form zurück: Verbraucher lassen das Geld auf dem Girokonto liegen, ohne dass es einen Cent Zinsen abwirft. Oder es versauert mit Minizinsen langsam auf dem Sparkonto, das im Grunde nur als Notgroschen taugt. Die größte Hürde beim Kurzfristsparen ist die eigene Bequemlichkeit. Sich für wenige Wochen oder Monate zu engagieren, halten viele Verbraucher für übertrieben. Denn ein Girokonto oder Sparbuch hat fast jeder, mehr oder minder gut mit Geld bestückt. Die Barreserven dort zu belassen, ist eine große Verführung. Mehr als 150 Milliarden Euro haben die Deutschen dort gebunkert – zur Freude der Banken. Alternativ preisen diese Premium-Girokonten an. Dafür verlangen sie vergleichsweise hohe monatliche Gebühren und bieten neben Zusatzleistungen auch eine kleine Verzinsung des Guthabens an. Oft sind es 0,5 Prozent: Das ist noch unattraktiver als die magere Verzinsung des Sparbuchs, die im Durchschnitt bei 1,25 Prozent liegt. Eine deutlich höhere Verzinsung bekommen Verbraucher dieser Tage, wenn sie sich für ein Tagesgeldkonto entscheiden. Wie beim klassischen Sparkonto ist auch hier die Einlage täglich verfügbar. Die Bank 1822 direkt, eine Tochter der Frankfurter Sparkasse, bietet derzeit 3,1 Prozent bis zu einem Betrag von 500.000 Euro. Die ING-Diba bietet 2,75 Prozent und ist nicht nur nach Meinung von Max Herbst von der Frankfurter FMH-Finanzberatung bei Tagesgeldern „seit langem eine gute Adresse“.

Es geht noch höher hinauf – allerdings nur bei Direktbanken. Cortal Consors bietet 4,5 Prozent für Tagesgelder ab dem 1. Januar 2007 für ein Jahr – allerdings nur Neukunden, die zugleich ein gebührenpflichtiges Depotkonto eröffnen. Dieses Konto darf nicht unter 2.500 Euro sinken, sonst geht der Superzins verloren. Kostenlos ist das Depotkonto nur, wenn mindestens ein Handel pro Quartal stattfindet oder ein laufender Sparplan bei Cortal Consors eingerichtet wird. Das Tagesgeldkonto sollte dagegen nicht mehr als 10.000 Euro aufweisen, denn nur auf diesen Betrag gibt es die 4,5 Prozent. Cortal Consors wirbt seit längerem mit solch hakenreichen Schnäppchen für Neukunden. Andere Direktbanken machen ihren Neukunden ähnliche Angebote mit vergleichbar vielen Hürden. Filialbanken haben in aller Regel schlechtere Konditionen für Tagesgelder als ihre Internet-Kollegen, die höhere Zinsen bieten.

Karin Baur, Expertin für Geldanlage bei Finanztest, möchte Sparern zu solchen Angeboten von Direktbanken für Neukunden weder zu- noch abraten. „Es kommt auf den Anleger an, ob er den Aufwand betreiben möchte.“ Max Herbst, Chef der Frankfurter FMH-Finanzberatung, rät dagegen „zum Mitnehmen. Sparer sollten aber den möglichen Gewinn genau kalkulieren und zum persönlichen Aufwand für die Formalitäten ins Verhältnis setzen.“ ING-Diba verzichtet auf solche hürdenreiche Angebote für Neukunden. Ihr Sprecher Ulrich Ott bezeichnet die rastlose Renditejagd als „Freizeitsport“. Besonders lästig seien der mit dem Austausch der Kontobeziehung verbundene Schriftwechsel und die ständige Informationssuche.

Eine Alternative zu Tagesgeldkonten sind Festgelder. Bei dieser Sparform laufen die Verträge automatisch aus. Die festgelegten Gelder sind während der Laufzeit gar nicht oder nur unter Verzicht auf Zinsgewinne verfügbar. Zurzeit sind Tagesgelder bei Direktbanken attraktiver als Festgelder. Weil die Finanzbranche mit steigenden Zinsen rechnet, spricht auch in nächster Zukunft alles für Tagesgelder. Das war nicht immer so. Herbst glaubt, dass diese Situation anhalten wird, weil die Direktbanken ihre Lockvogel-Strategie fortsetzen würden.

Eine weitere Alternative für Kurzfristsparer sind Geldmarktfonds. Besonders Kunden von Filialbanken fahren damit oft besser als mit Tagesgeldern. Für Geldmarktfonds spricht auch, dass sie im Gegensatz zu Festgeldern jederzeit flüssiggemacht werden können. Sparer ohne Depot müssen allerdings mit einer Gebühr für die Eröffnung des Depotkontos rechnen. Geldmarktfonds gibt es seit 1994. Sie investieren in kurzlaufende Wertpapiere. Am Geldmarkt handeln vorwiegend Banken und der Staat. Die in die Geldmarktfonds gespeisten Anleihen sind wegen der kurzen Laufzeit im Allgemeinen kursstabil. Anleger sollten auf niedrige Gebühren achten, sonst schmilzt die Rendite dahin.TILMAN VON ROHDEN