Hühnchen dürfen wieder hoffen

TIERSCHUTZ Verfassungsgericht rügt Verordnung über Kleingruppenhaltung von Legehennen

FREIBURG taz | Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) muss neu über die Bedingungen der Hühnerhaltung in Deutschland entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die entsprechende Verordnung jetzt aus formalen Gründen für verfassungswidrig. Aigner hat bis März 2012 Zeit für eine Neuordnung.

Konkret geht es um die 2006 eingeführte Kleingruppenhaltung. In ausgestalteten Käfigen werden dabei 40 bis 60 Legehennen untergebracht. Tierschützer sehen keinen großen Unterschied zur alten Käfighaltung, die das Verfassungsgericht 1999 bereits als nicht artgerecht beanstandete. So argumentierte auch das Land Rheinland-Pfalz, das die Neuregelung der „Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung“ 2007 mit einem Normenkontrollantrag angriff. Karlsruhe nahm diesmal zwar nicht explizit Stellung zu den Anforderungen des Tierschutzes, bemängelte aber das Verfahren beim Beschließen der Kleingruppen-Verordnung. Konkreter Vorwurf: Vor Beschließen der Verordnung sei die Tierschutzkommission, die das Ministerium berät, nicht ergebnisoffen angehört worden. Wegen großen Zeitdrucks habe sich das Agrarministerium, damals unter Horst Seehofer (CSU), bereits vor Anhörung der Kommission politisch festgelegt.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichts verstieß Seehofer damit gegen eine Bestimmung des Tierschutzgesetzes, die die ordnungsgemäße Anhörung der Kommission vorschreibt. Verfassungsrechtlich relevant sei dies, weil eine Verordnung der Regierung den Vorgaben des Gesetzes entsprechen muss. Außerdem fordere auch das 2002 ins Grundgesetz aufgenommene Staatsziel Tierschutz eine strenge Einhaltung der Anhörungsregeln des Tierschutzgesetzes.

Der Deutsche Tierschutzbund sprach am Donnerstag von einer „schallenden Ohrfeige für Geflügelindustrie und Bundesregierung“. Der CDU/CSU-Agrarexperte Peter Bleser forderte die Regierung dagegen auf, den „Verfahrensfehler schnellstmöglich zu heilen“. Die deutschen Hühnerzüchter bräuchten Planungssicherheit, „damit nicht noch mehr Marktanteile an Länder mit weit niedrigeren Tierschutzstandards verloren gehen“. (Az.: 2 BvF 1/07) CHRISTIAN RATH