Die totale Blockade

Beim HSV ist der unbedingte Wille zum Sieg mal wieder nicht zu erkennen. Ändern wird sich trotzdem nichts: Der Vorstand ist nicht handlungsfähig, Trainer Doll hat das letzte Druckmittel aus der Hand gegeben

Bernd Hoffmann bebte vor Zorn: „Wir brauchen elf HSVer, die fighten – aber ich habe nicht den Eindruck, dass das alle begriffen haben.“ Wer ihnen das vermitteln könnte? „Das kann ich schlecht tun. Dafür haben wir Trainer und Sportdirektor“, grenzt der HSV-Boss sich ab. Die versuchen das seit drei Monaten, erfolglos. Konsequenzen wird es dennoch nicht geben. Denn es ist in Hamburg ein offenes Geheimnis, dass die Transferpolitik des HSV gescheitert ist. Und die verantwortet Hoffmann mit den beiden. Er müsste also mitgehen, wenn er jemanden feuern wollte.

Trainer Thomas Doll hatte den Spielern schon am Tag vor der Partie gegen Borussia Mönchengladbach gesagt, dass er nicht zurücktreten werde – und damit sein letztes Druckmittel aus der Hand gegeben. „Ich gehe diesen Weg bis zu Ende mit ihnen“, gab er das große mecklenburgische Ehrenwort. Jetzt können die Spieler darüber rätseln, was das Ende ist – der Abstieg, Dolls Vertragsende 2008 oder doch der Rauswurf.

Die Mannschaft schien danach sichtlich beruhigt, ging es gegen völlig verunsicherte Gladbacher gemächlich an und ließ zu, dass die schlechteste Auswärtsmannschaft der Liga sich allmählich ins Spiel kämpfte, wenn auch auf unterstem Niveau. In einer der spielerisch dürftigsten HSV-Partien der Saison sah es lange aus, als hätten sich alle auf ein 0:0 geeinigt, um Schlimmeres zu verhindern. Bis Timothée Atouba ein einziges Mal keinen Sicherheitspass spielte, seinen massigen Körper mit sichtbarer Mühe in Fahrt brachte und auf Danijel Ljuboja flankte. Der Serbe war an diesem Tag zwar einer der Fleißigsten, aber all seine Schüsse und Schüsschen schienen wie magisch von den Gladbacher Torwarthandschuhen angezogen zu sein. Auch nach jenem feinen Hackentrick in der 64. Minute hätte der Ball wohl noch die Hände des eingewechselten Christopher Heimeroth gefunden, hätte ihn nicht die Stiefelspitze des Gladbacher Verteidigers Tobias Levels ins Tor gelenkt.

Nach dem Führungstreffer folgte die schon fast gewohnte Zehn-Minuten-Offensive des HSV, und als sie verpufft war der ebenso vertraute Gegentreffer durch den ersten Torschuss von Nationalspieler Oliver Neuville.

„Das ist zu wenig“ ist der Satz, den Thomas Doll nach dem Spiel gestoppte sieben-, aber gefühlte siebenhundertmal in die Mikrofone sagte. Über die letzten Wochen hat er schon Mantra-Qualitäten entwickelt. Darüber, warum es so wenig ist, darf Doll nicht sprechen. So blieb es dem mit den ersten Auswärts-Punkt nicht unzufriedenen Gästetrainer Jupp Heynckes überlassen, die unbequeme Wahrheit auszusprechen: „Spieler wie Van Buyten und Boulahrouz kann man nicht so einfach ersetzen.“

JAN KAHLCKE