Bete und arbeite nicht

DOKU Mit „Frohes Schaffen“ (23.55 Uhr, ZDF) will Konstantin Faigle die Arbeitsmoral senken

„Der fliegende Ferdinand“ hieß vor 30 Jahren eine tschechoslowakische Kinderserie. Ferdinand wird von einem Meteoriten verschluckt und auf den Planeten der Blumen befördert, von dort bringt er Samen für Wunderblumen mit. Riecht er an einer der Blumen, kann er fliegen.

Ziemlich genauso wie damals sieht es jetzt aus, wenn der Schauspieler Hubertus Hartmann über die Dächer Kölns fliegt. „Frohes Schaffen“ ist ein Dokumentarfilm mit Spielszenen. Der von Hartmann gespielte Ingenieur überwindet Depression und Jobverlust mit Hilfe eines schönen blauen Mofas.

Konstantin Faigles „Film zur Senkung der Arbeitsmoral“ ist eine beachtliche Fleißarbeit, die Zahl der von ihm aufgesuchten Interviewpartner beachtlich. Und der Film ist sehr moralisch. Wenn lediglich der Wirtschaftsforscher Hans-Werner Sinn und ein paar Passanten mit ihrer Verteidigung der Arbeitsgesellschaft vorkommen dürfen, dann nur um die von Faigles anderen Interviewpartnern postulierte These zu bestätigen: dass Arbeit die Religion unserer Tage ist. Ein Zwang. Das sagt zum Beispiel der so renommierte wie umstrittene US-Ökonom Jeremy Rifkin. Das sagt der Historiker Benjamin Hunnicutt: „Im Christentum müssen wir an die Auferstehung glauben. Im Islam daran, dass irgendwo 1.000 Jungfrauen auf uns warten. Doch die Religion der Arbeit übertrifft das alles mit einem noch viel unwahrscheinlicherem Credo: unbegrenztes wirtschaftliches Wachstum!“

Konstantin Faigle ist als Dokumentarfilmer fast so manipulativ, subjektiv und polemisch wie Michael Moore. Und auch fast so unterhaltsam. JENS MÜLLER