STIPENDIATENBESUCHER
: Tiere und Menschen

Und Tao sagte: „You need poison to clean your mind“

Wie die meisten sprachen sie Bleckede falsch aus, also „Bläckede“, nicht „Blékede“. Vor zwei Jahren hatten wir uns dort kennengelernt. Tina und Tao waren Stipendiaten, und ich war der Stipendiatenbesucher gewesen. Nun war Tao wieder zu Besuch in Berlin. Wir saßen in der kleinen Küche von Tina und aßen, und der junge Künstler erzählte. Von einem schüchternen Freund, der mit einem Bären zusammengewohnt hatte. Manchmal habe er ihn besucht, und die beiden hätten immer zusammen am Tisch gesessen und Dame gespielt. Später, als der Bär dann größer geworden war, habe ihn der Freund in den Zoo gebracht und dort noch manchmal besucht.

Und die Geschichte von dem Mann, der eine Riesenschildkröte in seiner Badewanne gehalten hatte. Als er sie dann freiließ, war sie ins Meer hinausgeschwommen. Dabei habe sie mehrmals den Kopf umgewandt, um zurückzusehen. So schwer war ihr der Abschied gefallen. Das sei im Fernsehen gezeigt worden, und Tao hätte beinahe geweint beim Zuschauen. „So cute!“

Und die Geschichte von den Tempelaffen, die die Mönche beim Meditieren gestört hatten. Ein wütender Mönch habe einen Stein nach ihnen geworfen, und in der Nacht dann hatten sich diese Affen zusammengetan und das Kloster verwüstet. Das Fernsehen berichtete davon: „Today is no time for meditation; today is time for fight.“

Drei Zigarettenschachteln lagen auf dem Tisch. Zwei Lucky Strike, eine Camel ohne. Auf allen Packungen stand derselbe: „Rauchen kann tödlich sein“. Ich war mir sicher, der Satz ist falsch. Völlig unsinnig. Auch weil die Person in dem Satz, der Rauchende, der seine Lebensbahn durch das Rauchen mit gewisser Wahrscheinlichkeit verkürzt, so ungreifbar versteckt in dem tödlichen Rauch, eigentlich unsichtbar ist. Alles ist endlich; alles kann tödlich sein. Und Tao sagte: „You need poison to clean your mind.“ DETLEF KUHLBRODT