Streitbare Bauwagen

Vor dem Landgericht hat die Berufungsverhandlung zur Bauwagen-Demo aus dem April 2004 begonnen

Mit einem juristischen Schlagabtausch hat gestern das Berufungsverfahren im Musterprozess um die Demo „Einmal im Leben pünktlich sein…“ von 99 Bauwagen an der Hafenstraße begonnen. Die drei Angeklagten waren vom Amtsgericht wegen Nötigung verurteilt worden. Die Polizei hatte die Aktion am 24. April 2004 brutal aufgelöst, weil die Demo vornehmlich das Ziel gehabt haben soll, die Straße zu blockieren und Autofahrer zu nötigen.

Anwalt Claus Gericke warf der Staatsanwältin Mona Rickert vor, dass ihre Behörde den Komplex als „Mammutverfahren zur Farce“ gemacht habe. Obwohl vereinbart gewesen sei, in einem Pilotverfahren die Grundsatzfragen zu klären, seien mittlerweile 40 Verfahren im Gange. Mehrere Amtsgerichte hätten hanebüchene Urteile gefällt. Jeder dürfe sich unter freien Himmel ohne Anmeldung friedlich versammeln, referierte Gericke das Grundgesetz. Wer Autos quer stelle, und dort mehrere Stunden bleiben wolle, will die Straße blockieren, konterte Rickert.

Auch einen Ermittlungsauftrag des Vorsitzenden Richters Rolf Helbert habe ihre Behörde „eigenmächtig abgeändert“, so Gerickes Vorwurf. Und so war der erste Zeuge Hans-Peter S. vom Führungs- und Lagedienst der Polizei auch tatsächlich wenig in der Lage, die Frage des Gerichts nach Art und Umfang von Behinderungen bei Veranstaltungen zu beantworten. Er berichtete nur, dass 841 Versammlungen im Jahr 2004 registriert worden seien und eine nicht bekannte Zahl von Konsum- und Sport-Events sowie Straßenfesten stattgefunden haben.

Augenzeugen der Bauwagenaktion, die Polizisten Hauke N. und Hartmut W., die für Verkehrslenkung an dem Morgen bis zur Räumung zuständig waren, wiederholten ihre Angaben aus anderen Prozessen: „Es gab keine Staus – Die Stadt schlief noch.“ Indes stand die Frage im Raum, ob die Polizeiführung bereits tags zuvor von der Aktion Wind bekommen hatte. Dazu verlangt das Gericht nun Aufklärung. „Ob ich noch fünf weitere Zeugen laden oder fünf weitere Fortsetzungstermine ansetzen muss, ist doch Banane“, sagte Richter Heibert locker. „Wir müssen das Verfahren gut erledigen.“ Zur Not terminiere er „bis Ende 2009“. Zunächst sind nur fünf Prozesstage angesetzt. Weiter geht’s am Freitag. Kai von Appen