Stein oder Nichtstein

TEMPELHOFER FELD Eine Diskussion im taz-Café zeigte, dass Bauen viel heißen kann

Weniger als zwei Wochen sind es noch bis zum Tempelhof-Volksentscheid, der Abstimmungskampf kommt so langsam auf Touren. Das zeigte die Diskussion „Das Tempelhofer Feld – eine Jahrhundertchance?“ im taz-Café am Montagabend, moderiert von taz-Redakteurin Nina Apin.

Die grobe Richtung gab gleich zu Beginn Rolf Lautenschläger vor. Es gehe beim Tempelhofer Feld, in Anlehnung an Shakespeare, um „Stein oder Nichtstein“, so der taz-Redakteur für Architektur. Also um die Frage, ob dort Wohnungen gebaut werden dürften oder nicht. Letzteres fordert die Initiative 100 % Tempelhof, die den Volksentscheid am 25. Mai initiiert hat. Für Lautenschläger ist die Frage entschieden: Er will die 385 Hektar freihalten. Komplett.

Nichts liegen lassen

Auch für Manfred Kühne, Leiter der Abteilung Städtebau in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, ist die Entscheidung gefallen: Auf dem Feld müssten die vom Senat geplanten rund 4.700 Wohnungen entstehen, davon rund die Hälfte zu Mieten um 6,50 Euro pro Quadratmeter. Schließlich stehe der Senat in der Pflicht, angesichts der Engpässe auf dem Wohnungsmarkt etwas zu unternehmen: „Die Berliner erwarten, dass gebaut wird und dass wir keine Flächen brachliegen lassen“, sagte Kühne.

Das sah Johanna Schlaack vom Center for Metropolitan Studies der TU genauso. Allerdings kritisierte sie scharf den sogenannten Masterplan des Senats. Zu viele Kompromisse sehe dieser vor, viel experimenteller müsste vorgegangen werden. Denn: „Selbst ich als Planerin kann keine Qualität in diesem Entwurf erkennen. Wie soll jemand, der diese Vorkenntnisse nicht hat, wissen: Das wird ein guter Ort?“ Und es sei unklar, was die Politik an diesem Ort will.

Vorschläge zerredet

Kühne wies diese Vorwürfe zurück, musste aber zugeben, dass die Senatsverwaltung die Hoheit über die Debatte eingebüßt hat. Zu oft würden deren Vorschläge – von denen es zahlreiche gab – in der Debatte zerredet oder nur auf Details abgehoben. „Alles wird gegen uns verwendet“, so Kühne. Und letztlich werde der Entscheid „auch eine Abstimmung über den Senat sein“.

Auch Wolfgang Schuster, Vorsitzender des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Berlin, stritt für eine Bebauung – allerdings in ganz anderen Dimensionen. 25.000, 30.000, ja 35.000 Wohnungen sollten auf dem Feld entstehen – alles andere wäre eine Verschwendung der Fläche. Und nur bei dieser Größenordnung wäre eine Vermietung zum Quadratmeterpreis von 6 Euro finanzierbar. Das müsste nicht auf einen Schlag passieren, sondern sei ein langer Prozess. An Visionen fehlt es also nicht. BIS