Der Präsident steigt ins „U-Boot“

Beim Besuch der Gedenkstätte Hohenschönhausen fordert Horst Köhler mehr Unterstützung für die Opfer der Stasi

Bundespräsident Horst Köhler zeigte sich sehr beeindruckt. „Der Besuch hier in Hohenschönhausen macht eindringlich klar: Hier darf nichts vergessen werden und Gerechtigkeit zu schaffen braucht einen langen Atem“, schrieb der Bundespräsident gestern beim Besuch der Stasiopfer-Gedenkstätte im ehemaligen Untersuchungsgefängnis des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit ins Gästebuch. Er sei „bedrückt“, sagte Köhler, nachdem er vor einer Zelle in dem „U-Boot“ genannten Kellertrakt ein Blumengebinde niedergelegt hatte.

Die Erinnerung an das SED-Unrechtssystem dürfe nicht verblassen, so Köhler: „Die Opfer dürfen nicht in die Defensive kommen.“ Viele hätten psychische Schäden erlitten, die Unterdrückung habe „perfekt und systematisch“ funktioniert. Der Bundespräsident sagte, er könne bei der Neufassung des Stasi- Unterlagengesetzes nicht direkt eingreifen, er werde sich aber für die weitere Aufarbeitung der Diktatur einsetzen.

Der Leiter der Gedenkstätte, Hubertus Knabe, sagte, es gehe nicht an, dass sich Stasi-Täter als Opfer darstellten. Ihre massiven Versuche, die Geschichte umzuschreiben, dürften nicht geduldet werden. Rings um das frühere Stasi-Gelände in Hohenschönhausen wohnen noch immer ehemalige Offiziere. Bei einer Diskussion hatten sie hier Opfer öffentlich verhöhnt.

Die frühere DDR-Fernsehansagerin Edda Schönherz, die wegen Fluchthilfe in Hohenschönhausen saß und heute Besucher führt, freute sich darüber, dass Köhler sehr aufmerksam zugehört habe. Die einstigen Verfolgten wollten keine Hatz auf Stasi-Leute, sagte Schönherz. „Aber wir wollen Aufarbeitung.“ Die 62-Jährige regte an, eine deutsche Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus zu schaffen.

Johannes Rau hatte im Jahr 2002 als erster Bundespräsident die Gedenkstätte besucht. Hier saßen auch Bürgerrechtler wie Bärbel Bohley oder Jürgen Fuchs. Ironie der Geschichte: Letzter Gefangener war nach der Wende Stasi-Chef Erich Mielke, bevor er Anfang Oktober 1990 in ein Gefängnis im Westteil der Stadt verlegt wurde. EPD