Wie erleben Sie den Klimawandel? Folge 10: Klimaaktivist Wen Bo in China
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Ort: PekingKlimawandel: steigender Meeresspiegel; Taifune, Fluten und Dürre drohen – doch die Stadtbevölkerung fühlt sich sicherBetroffen: trotzdem alle

Wen Bo trägt Jeans und braune Halbschuhe. Mit 34 Jahren sieht er immer noch aus wie ein Student. Wenn der Winter in Peking einzieht, rät er seinen Freunden, dickere Pullover anzuziehen, statt gleich die Heizung anzuschmeißen. Vor allem aber verlangt er, auf ein Auto zu verzichten. Wen leitet das China-Programm der kalifornischen Umwelthilfsorganisation Pacific Environment. Er verteilt amerikanische Spenden des Global Greengrants Fund für den Aufbau neuer Umweltgruppen und legt damit vielleicht den Grundstein für eine breite Bewegung.

Was den Klimawandel betrifft, glaubt Wen, dass sich in China dringend mehr Menschen des Problems annehmen müssen. Nicht etwa, dass sich die Chinesen des Klimawandels nicht bewusst wären. Daran mangele es nicht. Nur seien Öffentlichkeit und Umweltgruppen mit vermeintlich drängenderen Problemen beschäftigt. Luft- und Wasserverschmutzung ebenso wie die Giftmüllproblematik beeinträchtigen ihren Alltag unmittelbar. Dagegen bleibe der Klimawandel ein abstraktes Thema.

Zwar gebe es in Regierung und Öffentlichkeit immer mehr Stimmen für eine Reform der Energiemonopole. Doch für Wen sind das noch keine Anzeichen eines klimapolitischen Wandels. China sei eben ein Land mit wenig maritimem Bewusstsein. Wenn der Meeresspiegel steige, störe das in Peking niemanden. Und von Taifunen, Fluten und Trockenheiten sei sowieso jahrein, jahraus die Rede.

Wen kann auch das ehrgeizige Ziel der chinesischen Regierung nicht trösten, die Energieeffizienz in China bis 2010 um 20 Prozent zu steigern: „Das Ziel ist sehr schwer zu erreichen.“ Es fehle am politischen Willen auf lokaler Ebene und ökonomischen oder steuerlichen Anreizen, um eine effektive Erhöhung der Energieeffizienz zu erreichen. Im Grunde sei es schwer genug, die Energieeffizienz auch nur auf dem bisherigen Niveau zu halten, geschweige denn sie zu steigern. Denn China befinde sich auf der Überholspur zu einem immer höheren Energieverbrauch.

Nach neuesten Prognosen wird China schon im Jahr 2009 die USA, das Land mit der höchsten Treibhausgasemission, überholen. Und Wen hat kürzlich dem US-Magazin Time anvertraut, dass es „manchmal ein sehr einsamer Job“ sei, als Umweltaktivist in China zu arbeiten. GEORG BLUME