Schlangentanz und Synthie-Pop

Der Begriff „Weltmusik“ ist irgendwann aus der Mode gekommen. Zu Recht. Eigentlich sagt er nichts aus, denn die Welt ist schließlich alles.

Nun, da das Wortungetüm keiner mehr haben will, könnten es eigentlich die 17 Hippies endgültig für sich vereinnahmen. Denn die Berliner, die zwar lange schon nicht mehr so anarchisch wie früher organisiert, aber immer noch eher Musiknetzwerk als Band sind, spielen Weltmusik im besten Sinne: Musik aus aller Welt.

„Biester“ ist bereits ihr 18. Album und wartet wieder mit dem gewohnten Parforceritt durch Länder, Stile und Zeitalter auf. „So leicht“ ist ein verknautschtes Chanson mit sehnsüchtiger Trompete, „Peaches en regalia“ ein wehmütiges Instrumental, das mal nach Westernspelunke und wenige Takte später schon nach Chinatown klingt. „Jamais out“ wiederum ist ein fröhlicher Bastard aus afrikanischen Rhythmen und südeuropäischer Stimmung.

Außerdem im Angebot: ein arabischer Schlangentanz und ein Walzer, Melodien aus Albanien und Rumänien, Songs von Franz Zappa und Bill Laswell und vieles, vieles mehr. Doch erstaunlich ist nicht diese Stilvielfalt, am erstaunlichsten ist, mit welcher Selbstverständlichkeit die 17 Hippies aus diesem Mischmasch einen eigenständigen, originären, ja sogar kongruenten Sound geformt haben, der sogar einen gehörigen Wiedererkennungswert besitzt.

Das kann man von Fuck Art, Let’s Dance nicht eben behaupten. Die Hamburger Band spielt auf ihrem Debütalbum einen flotten, eingängigen Electro-Pop, wie er heutzutage jedoch inflationär produziert wird. „Atlas“ wurde in Berlin aufgenommen, von hier kam zuletzt mit dem Album „Anthems“ von I Heart Sharks eine ganz ähnlich klingende Platte.

Die Plug-Ins imitieren Synthies aus den Eighties, die E-Beats hüpfen gut gelaunt und die Melodien sind melancholisch, aber nicht zu sehr. Gesungen wird über „Fake Days“ und „These Dancing Days“, der Schnippfinger kommt wie von selbst in Gang. Schon klar: Man kann nicht immer das Rad neu erfinden, die Popmusik schon gleich gar nicht.

So gesehen, könnte man auch sagen: Fuck Art, Let’s Dance bewegen sich mit ihrem flotten, eingängigen Electro-Pop auf der Höhe der Zeit. Dort oben aber kommt man, so ist das nun mal, niemals aus der Mode.

THOMAS WINKLER

■ 17 Hippies: „Biester“ (Hipster/Soulfood), 20. 5., 20 Uhr, Lindenpark Potsdam

■ Fuck Art, Let’s Dance: „Atlas“ (Audiolith/Broken Silence), 16. 5., Badehaus Szimpla