Betr.: kinotaz nord

A

Absolute Wilson Deutschland/USA 2005, R: Katharina Otto-Bernstein

“Seine Bühnenproduktionen gelten in der darstellenden Kunst als revolutionär, doch die Person hinter den Kulissen ist ein Rätsel geblieben, bis heute: Robert Wilson. Der Dokumentarfilm ‚Absolute Wilson‘ bietet nun erstmals einen Einblick in Leben und Wirken dieses Visionärs, der so grandiose Theaterinszenierungen wie ‚Deafman Glance‘, ‚Einstein on the Beach‘ und ‚Black Rider‘ schuf und sich auch durch seine Arbeit mit Lernbehinderten einen Namen machte. Fünf Jahre lang hat die Hamburger Filmemacherin Katharina Otto-Bernstein den Bühnenregisseur Robert Wilson für ihren Film mit der Kamera begleitet. Entstanden ist das spannende Portrait eines Künstlers, der als schüchterner Außenseiter in Texas aufwuchs, und später mit seinen bahnbrechenden Inszenierungen die internationale Theaterwelt veränderte wie kaum ein anderer.“ (zelluloid) H, HH

Adams Äpfel Dänemark 2005, R: Anders Thomas Jensen, D: Ulrich Thomsen, Mads Mikkelsen

„Ivan ist Landpfarrer in einem kleinen dänischen Kaff. Er ist der überzeugte Gutmensch und betreut immer wieder Schwerverbrecher zur Resozialisierung in seiner Kirche. Dazu gesellt sich Adam, ein überzeugter Neonazi. Alle Zöglinge müssen sich einer besonderen Aufgabe stellen. Adam entschließt sich, von dem im Garten stehenden Apfelbaum einen Kuchen zu backen. Doch das ist gar nicht so einfach. Hervorragende Charaktere in einer Mischung aus Action und schwarzem Humor. Eine bitterbös erzählte Fabel um den religiösen Glauben. Wobei Jensen meint, dass Fabeln interessanter sind als die wirkliche Welt. Selbst von den dänischen Pastoren gab es einen Preis. Wer diese Art von Filme mag ist gut unterhalten.“ (kinokai) HB, HH, KL

Alien Autopsy Großbritannien 2005, R: Johnny Campbell, D: Declan Donelly, Bill Pullman

„Herrlich absurder Film über Loser, Träumer, Abzocker und den wohl größten Schwindel des 20. Jahrhunderts. UFO-Fans wissen alles über die Legende von Roswell: Im Juni 1947 soll dort, im US-Staat New Mexico, eine fliegende Untertasse abgestürzt sein. Anschließend, so besagt die Mär, schaffte das US-Militär das interstellare Flugobjekt in eine geheime Forschungseinrichtung und leugnet seitdem hartnäckig dessen Existenz. 1995 machte der Zwischenfall erneut Schlagzeilen, als die Briten Ray Santilli und Gary Shoefield durch Zufall an einen Film über die Autopsie eines Roswell-Aliens kamen und ihn veröffentlichten. Die körnigen Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeigen Männer in weißen Schutzanzügen, die sich über einen fremdartigen Körper beugen. Eine Weltsensation? Jetzt präsentiert das Duo Santilli/Shoefield einen selbst produzierten Spielfilm, der ihre wilde Geschichte erzählt. Ufologen und Esoterikjüngern dürfte er nicht gefallen, denn: Die Autopsie war ein Fake! Ein so dilettantischer obendrein, dass man sich fragt, warum er nie aufgeflogen ist.“ (Cinema) HB, HH

Anders als Du und ich (§ 175) Deutschland 1957, R: Veit Harlan, D: Paula Wessely, Paul Dahlke / In der Reihe „Film und Propaganda“

„Die teilweise verzweifelten Versuche Harlans, in der BRD Kinofilme zu produzieren, führten zu einem Film über Homosexualität. Erzählt wird die Geschichte des jungen Klaus Teichmann, der sich immer häufiger in der Gesellschaft von Schwulen bewegt, und von den Bemühungen der Eltern, ihren Sohn wieder ‚auf die rechte Bahn‘ zu bringen. Ein schwulenfeindliches Machwerk voll faschistoider Elemente.“ (KommunalkinoBremen) HB

Archangel Kanada 1990, R: Guy Maddin, D: Kyle McCulloch, Michael Gottli / Originalfassung mit Untertiteln

In „Archangel“, Maddins Schauerstück über den ersten Weltkrieg aus dem Jahr 1990, das wie eine Kifferversion von Dr. Schiwago wirkt, hebt der Filmheld mit dem bezeichnenden Namen „Jannings“, nachdem er von einem Bolschewiken erstochen wurde, seine Eingeweide (die wie Partywürstchen aussehen) vom Boden auf und erwürgt damit seinen Mörder. „Mit Gedärmen erwürgt“ steht auf dem folgenden Zwischentitel. Im gleichen Film findet sich eine Sequenz von traumhafter Schönheit, in der erschöpfte Soldaten in ihren Schützengräben einschlafen und von einer Invasion aus dem Himmel fallender Kaninchen heimgesucht werden. (hip) HB, HH

B

Das Badehaus – Xizhao China 1999, R: Zhang Yang, D: Zhu Xu, Pu Cun-Xin / Originalfassung mit Untertiteln

“Das alte und das neue China treffen und vermischen sich in diesem Film, der auch von den rasanten Veränderungen in der chinesischen Gesellschaft handelt. Erzählt wird die Geschichte eines Vaters und seiner zwei Söhne. Der ältere Sohn hat die Familie vor einiger Zeit schon verlassen, um Karriere zu machen. Der Vater ist in Peking geblieben und führt zusammen mit dem jüngeren, geistig behinderten Sohn ein traditionelles Badehaus. Xizhao ist ein perfektes Vergnügen – deftig gemacht, berührend, amüsant, dramatisch und tiefgreifend bedeutend. Denn der Film gibt auf sensible Weise Einblick in das Verschwinden einer traditionellen Kultur, die von der modernen Welt überrollt wird.“ (Toronto International Filmfestival) HH

The Black Dahlia USA 2006, R: Brian De Palma, D: Josh Hartnett, Scarlett Johansson

Nicht nur wegen der betörenden Scarlett Johansson ist es schade, dass Brian De Palma diese Verfilmung des Romans von James Ellroy über den realen und immer noch ungeklärten Mord an dem Starlet Elizabeth Short so verhunzt hat. Dabei stimmt beinahe alles: Ausstattung, Kamera, Schauspieler, Inszenierung und nicht zuletzt die wunderschön melancholische Musik von Mark Isham (mit einem pointiert gesetzten Gastauftritt von k.d. lang) sind grandios, doch das konfuse Drehbuch macht alles zunichte. Einmal mehr bestätigt sich hier, dass de Palma, statt zu erzählen, lieber seine cineastischen Perlen ausstellt. (hip) HB, HH

Borat USA 2006, R: Larry Charles , D: Sacha Baron Cohen , Pamela Anderson

„Das Kultusministerium von Kasachstan beauftragt den Reporter Borat Sagdiyev, den Lifestyle der US-Amerikaner zu studieren und nach Osteuropa zu importieren. Obwohl er sich dort aufführt wie ein Neandertaler auf Crack und rassistische Sprüche en masse absondert, findet er immer noch Amis, die peinlicher sind als er. Dem britischen Komiker Sacha Baron Cohen, besser bekannt als Ali G., ist kein Auftritt zu grotesk. Vor laufender Kamera stürzt er sich auf vermeintlich aufrechte Amerikaner, die dem Pseudo-Reporter ihre wahren Fratzen zeigen: als fanatische Christen, Schwulenhasser, Rednecks, College-Chauvis und vermeintlich liberale Bildungsbürger. So entsteht ein unfassbar absurdes Panoptikum – rasend lustig und schmerzlich authentisch zugleich.“ (Cinema) DEL, H, HB, HH, HL, KL, OL

C

Careful Kanada 1992, R: Guy Maddin, D:Kyle McCulloch, Gosia Dobrowolska / Originalfassung ohnte Untertitel

„Careful ist Maddins wahrscheinlich bester, jedenfalls sein prächtigster, enigmatischster Langfilm ist eine entzückende Pro-Inzest-Träumerei, gekreuzt mit Referenzen an den deutschen Bergfilm. Im unseligen Tiroler Bergort Tolzbad kommt es zu unerhörten Verwirrungen der Gefühle, denen kein freier Lauf gelassen werden darf: Das geringste Geräusch könnte eine tödliche Lawine auslösen. Eine brillante, hoch komische Satire über kanadische Zurückhaltung und Furchtsamkeit.“ (Christoph Huber) HB

Cars USA 2006, R: John Lasseter

„Animationsfilm um ein egozentrisches Rennauto, das in einer kleinen Stadt abseits jeden Trubels die wahren Werte des Lebens kennen lernt. Sofern man von der CGI-Komödie kein ununterbrochenes Gagfeuerwerk erwartet, offenbaren sich die Schönheiten dieses Films: der feine Witz im Detail und vor allem der ungeheuer liebevolle Blick auf ein längst verloren geglaubtes Stück Americana, das im 50er-Jahre-Design eines Städtchens an der Route 66 fröhliche Urstände feiert.“ (tip) H, HB, HH, OL

Casino Royale USA 2006, R: Martin Campbell, D: Daniel Craig, Dame Judi Dench

„Bonds 21. Mission markiert einen Neuanfang. Statt Actionoverkill, Effektspektakel und immer fantastischeren Szenarios, setzt Martin Campbell (‚Goldeneye‘) auf mehr Realismus, körperlichen Einsatz und Emotion. Zwar ist das Skript überschaubar kreativ, doch Daniel Craigs athletisch-intensive Neudefinition der Figur ist der Garant, dass Bond auch mit reduzierter Hardware ein langes Leben haben kann.“ (Blickpunkt:Film) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Children of Men USA/Großbritannien 2005, R: Alfonso Cuarón, D: Clive Owen, Michael Caine

„‚Children of Men‘ beschreibt die Zukunft, wie sie erschreckender kaum sein könnte: Im Jahr 2027 gibt es keine Kinder mehr auf der Erde, die Menschen sind schon lange unfruchtbar, weltweit regieren Angst, Terror, Chaos. Der resignierte Angestellte Theo hat sich mit dem sicheren Untergang mehr oder weniger abgefunden, bis ihn eine Rebellenorganisation bittet, ein schwarzes Mädchen , das die Hoffnung der ganzen Welt in seinem Bauch trägt, zu beschützen. Mit schwindelerregendem Tempo und spektakulärer Kameraführung jagt Regisseur Alfonso Cuarón (‚Y tu Mamá también‘) den Zuschauer in dem sehr sehenswerten Film durch seine finstere wie realistische Version der Apokalypse, ohne dass je eine Sekunde zum Luftholen bliebe.“ (Der Spiegel) DEL, H, HB, HH, HL,OL

D

Deutschland. Ein Sommermärchen Deutschland 2006, R: Sönke Wortmann

„Die Spiele, die Euphorie, die Tore, die Partys: Wer die Magie, die sich während der Fußball-Weltmeisterschaft über ganz Deutschland legte, noch einmal spüren möchte, für den ist dieser Film ein Muss. Was Wortmann und sein Co-Kameramann Frank Griebe (‚Das Parfum‘) einfingen, ist mit nichts zu vergleichen, was über die Fernsehsender an die Öffentlichkeit gelangte. Dies ist der ungefilterte Blick auf einen Haufen sympathischer Jungs im Abenteuerland, das gefilmte Protokoll eines Unterfangens, das nach außen zwar staatstragende Züge hat, hinter den Kulissen aber mitunter an die Stimmung bei einer Klassenfahrt erinnert.“ (Cinema) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben Großbritannien 1963, R: Stanley Kubrick, D: Peter Sellers, George S.Scott

“‚Dr. Strangelove‘ ist die wohl ultimative schwarze Komödie über das Thema einer außer Kontrolle geratenen Technik. Und während Pilot Slim Pickens auf seiner Atombombe den Cowboyhut schwenkend der Vernichtung der Menschheit entgegenrast, streiten sich der amerikanische Präsident (Peter Sellers) und der russische Premier in einem unglaublichen Telefongespräch darüber, wem die ganze Sache mehr leid tut. Tröstlich, dass sie eine Kompromisslösung finden: Es tut beiden gleich Leid.“ (taz) HH

E

Eine unbequeme Wahrheit USA 2006, R: Davis Guggenheim

„Seit 1989 zieht Al Gore mit einem Vortrag durch die Lande, mit dem er sein Publikum für die Gefahren der ‚Globalen Erwärmung‘ sensibilisieren will. Dieser Vortrag ist das Kernstück von ‚An Inconvenient Truth‘, einem politischen Dokumentarfilm, der als Vervielfacher der Botschaft fungiert und aus dem Zuschauer/Zuhörer einen unmittelbar Handelnden machen will. Guggenheim und Gore nutzen das Kino selbstbewußt und offensiv als moralische Anstalt, in dem festen Glauben an die demokratische Utopie, dass Veränderungen diskursiv durchgesetzt werden.“ (tip)H, HB, HH, KL, OL

Ein Freund von mir Deutschland 2006, R: Sebastian Schipper, D: Daniel Brühl, Jürgen Vogel

„Es kann keine größere Auszeichnung für den deutschen Film geben, als wenn sich unsere linksrheinischen Kinogötter zu dem Befund hinreißen lassen, es gebe im Lichtspielwesen neuerdings eine Nouvelle Vague Allemande. Der Film „Ein Freund von mir“ von Sebastian Schipper nährt aufs Schönste den Verdacht, die Franzosen hätten womöglich recht. Wie sich in diesem Roadmovie, das kein Roadmovie ist, eine Freundschaft entwickelt, die keine Freundschaft ist, und eine Liebe knospt, deren Blüte eher unwahrscheinlich ist: Das hätten wir dem deutschen Film vor ein paar Jahren nicht zugetraut.“ (Die Welt) H, HB, HH, OL

Ein gutes Jahr USA 2006, R: Ridley Scott, D: Russell Crowe, Marion Cotillard

„Einmal mehr arbeitet Ridley Scott mit dem australischen Schauspieler Russell Crowe zusammen, doch anstatt eines römischen Kriegers gibt Crowe diesmal einen erfolgsverwöhnten Broker, der sein Leben ganz der Arbeit verschrieben hat. Doch dann erbt er von einem Onkel ein Weingut in der Provence. Die Landschaft, der Wein und eine schöne Nachbarin sorgen dafür, dass sein Leben eine neue Richtung nimmt. Der Stoff von ‚Ein gutes Jahr‘ ist nicht gerade originell – doch die handwerklich perfekte Umsetzung und ein gut aufgelegtes Schauspieler-Ensemble habe dafür gesorgt, dass daraus ein schöner Unterhaltungsfilm geworden ist.“ (Rheinischer Merkur) DEL, H, HB, HH, HL, KL, OL

Emmas Glück Deutschland 2005, R: Sven Taddicken, D: Jördis Triebe, Jürgen Vogel

„‚Emmas Glück‘ erzählt von der zärtlichsten Halsabschneiderin des Kinos. Die Bäuerin Emma lebt allein unter Schweinen und weiß sie sanft zu töten. Sie küsst und herzt die Tiere, bevor sie ihnen das Messer an die Kehle setzt. Als es einen Autoverkäufer auf Emmas Hof verschlägt, beginnt eine bezaubernde Geschichte über Männer, Schweine, die große Liebe und den Weg allen Fleisches. Basieren auf Claudia Schreibers Roman ist Regisseur Sven Taddicken mit zwei großartig harmonierenden Hauptdarstellern ein ebenso schwungvoller wie bewegender Film gelungen. (Der Spiegel) H, HB, HH

F

Der Fluch – The Grudge 2 USA 2006, R: Takashi Shimizu, D: Amber Tamblyn, Teresa Palmer

„Mordlüsterne Gespenster in einem Haus in Tokio: Bei nur zehn Millionen Dollar Produktionskosten spielte der Vorgänger satte 143 Millionen ein – also müssen die Geister noch mal ran. Zur Handlung: Die junge Amerikanerin Aubrey (Amber Tamblyn, ‚Ring‘) fliegt nach Japan, um herauszufinden, was mit ihrer Schwester Karen (Sarah Michelle Gellar) passiert ist. Mit Hilfe eines Journalisten (Edison Chen) versucht sie, das Geheimnis des mysteriösen Hauses zu lüften.“ (Cinema) DEL, H, HB, HH, HL, KL, OL

G

Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe Italien 1969, R: Dario Argento, D: Tony Musante, Eva Renzi, Mario Adorf

„In einer schicken Kunstgalerie versucht eine schwarz gekleidete Person, die Galeristin brutal zu erstechen. Autor Sam Dalmas wird Zeuge der rätselhaften Szene. Im Polizeiverhör kann er die Frage, was er genau gesehen hat, nicht beantworten. Irgendwas stimmt nicht mit dem Bild in seiner Erinnerung. Dario Argentos packendes Filmdebüt wurde zum unerwarteten Erfolg. Frisch, gewagt, stylisch und immer noch einer seiner Besten. (b-movie) HH

Große Freiheit Nr. 7 Deutschland 1943/44, R: Helmut Käutner, D: Hans Albers

„Der schönste aller St. Pauli-Filme – mit Hans Albers als Stimmungssänger im ‚Hippodrom‘. Als er sich in ein junges Mädchen vom Lande verliebt, zieht die jedoch einen Jüngeren vor. Den singenden Seemann zieht es darum wieder hinaus auf die See.“ (Metropolis) HH

Guy Maddin – Waiting for the Twilight Kanada 1997, R: Noam Gonick / Originalfassung ohne Untertitel

„Noam Gonick beobachtet in seinem Dokumentarfilm die Vorbereitungen und Dreharbeiten zu Twilight of the Ice Nymphs in der riesigen Lagerhalle einer stillgelegten Stahlgießerei in Winnipeg. Zwischen bizarren Requisiten erzählt Maddin von seiner Kindheit, von seinen künstlerischen Vorbildern und von den guten Geistern, die seine Arbeit lenken.“ (Kommunalkino Bremen) HB

H

Hans Warns – Mein 20. Jahrhundert Deutschland 1999, R: Gordian Maugg, D: Florian Höber, Shenja Lacher

Der Elsflether Kapitän Hans Warns hat sein Leben lang – seit er als Vierzehnjähriger 1914 als Schiffsjunge zu seiner ersten großen Fahrt aufbrach – Fotos und Schmalfilme von seinen Seefahrten gemacht. Diese und seine Lebensgeschichte sind die Basis des Films, der aber trotzdem kein reiner Dokumentarfilm ist. Regisseur Maugg inszenierte nämlich die Schlüsselszenen des Seemannslebens mit Schauspielern nach - und er fuhr zum Teil auch für Aufnahmen zu damaligen Reisezielen wie Chile und Norwegen. Das einzige Manko des ästhetisch und erzählerisch so gelungenen Films liegt darin, dass man die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion schwer erkennen kann. (hip) HH

Hokkabaz Türkei 2006, R: Ali Taner Baltaci, Cem Yilmaz, D: Cem Yilmaz, Mazhar Alanson / Originalfassung mit Untertiteln

„Ein türkisches Road-Movie als zeitgemäße Gauklerposse von G.O.R.A-Darsteller und -Drehbuchautor Cem Yilmaz. Das Regie-Debüt des Kabarettisten und Schauspielers Cem Yilmaz, der gleich noch das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle übernahm, ist eine überdrehte und dennoch warmherzige Komödie über die unbändige Leidenschaft zur Bühne. Eine spritzige, teils brüllend komische, nie jedoch alberne Hommage an alle Gaukler, Zauberer und alle die, für die die Bretter tatsächlich die Welt bedeuten.“ (Blickpunkt:Film ) H, HB, HH, KL

I

In the Mood for Love Hongkong 2000,R: Wong Kar-Wai, D: Maggie Cheung, Tony Leung / Originalfassung mit Untertiteln

“Anfang der 60er Jahre lernt ein Journalistin einem Mietshaus in Hongkong seine Nachbarin kennen und teilt mit ihr bald die traurige Gewissheit, dass ihre jeweiligen Ehepartner miteinander ein Verhältnis haben. Dramaturgisch wie Kamera-ästhetisch formvollendeter Film, der über die Unmöglichkeit einer Rückkehr in persönliche wie kollektive Erinnerungen an die frühen 60er Jahr trauert und ein differenziertes Bild seelischer Befindlichkeiten zeichnet.“ (filmdienst) HH

J

Jagdfieber USA 2006, R: Anthony Stacchi, Roger Allers, Jill Culton

„Der Computeranimationsfilm ‚Jagdfieber‘ erzählt vom zahmen und bequem bei der Rangerin Beth lebenden Grizzlybären Boog, der dank der unseligen Aktivitäten des chaotischen und dauerquasselnden Hirschs Elliot in die Wildnis gerät und sich dort irgendwie zurechtfinden muss. Doch die wirklich gelungenen Gags sind eher rar gesät, und auch die finale Auseinandersetzung der Tiere mit ballerfreudigen Jägern fällt enttäuschend unoriginell aus.“ (tip) DEL, H, HB, HH, HL, KL, OL

Die Jahreszeit des Glücks Tschechien/Deutschland 2005, R: Bohdan Sláma, D: Pavel Liska, Tatiana Vilhelmova

“Der in Tschechien gefeierte Jungregisseur setzt auf den realistischen Blick auf die Lebensumstände seiner liebenswerten Figuren: Einfühlsam zeigt er die Chancenlosigkeit und Resignation der Alten sowie die Versuche der Jungen, im veränderten Tschechien ihren eigenen Weg zu finden. Glück ist flüchtig, aber es findet einen.“ (tip) HB

L

Das Leben, das ich immer wollte Italien 2004, R: Giuseppe Piccioni, D: Luigi Lo Cascio, Sandra Ceccarelli

„Bei den Dreharbeiten zu einem herzschmerzenden Kostümfilm lernen sich Laura und Stefano kennen und kämpfen mit der Ähnlichkeit zwischen dem Leben vor und hinter der Kamera. Wunderbar der Kontrast zwischen den hochemotionalen Dialogen, die sich die beiden am Jahrhundertwende-Set aus den Herzkammern schütten, und den Niederungen des postmodernen Beziehungsclinchs. Elegant und sehr unterhaltsam lustwandelt Piccioni zwischen den beiden Erzähl- und Zeitebenen. Waren es damals die gesellschaftlichen Konventionen, gegen die die Liebenden mit glühender Leidenschaft rebellierten, stehen sie sich heute zögernd, zaudernd und in eigenen Eitelkeiten gefangen vornehmlich selbst im Weg.“ (Der Tagesspiegel) HB

Das Leben der Anderen Deutschland 2005, R: Florian Henckel von Donnersmarck, D: Ulrich Mühe, Sebastian Koch

„‚Das Leben der Anderen‘ ist ein weiterer von den deutschen Filmen in diesem Frühjahr, die von jungen Regisseuren mit einer ganz erstaunlich komplexen und reifen Erzählhaltung inszeniert werden. Florian Henckel von Donnersmarcks Debütfilm handelt von einem Theater-Regisseur, der 1984 in der DDR von der Staatssicherheit beobachtet wird. Doch der heimliche Held des Films ist ausgerechnet der Stasi-Hauptmann, der diese Überwachun USA 2006, R: Oliver Stone, D: Nicolas Cage, Michael Penag leitet und sich langsam in einen Schutzengel für den Künstler verwandelt. Mit großem Ernst und Inspiration inszeniert, hat diese Geschichte nichts von der Ost-Nostalgie anderer Filme über die DDR, stattdessen ist dieses Drama zugleich hochpolitisch und mit Mitgefühl erzählt.“ (hip) H, HB, HH, HL, KI

Der letzte Kuss USA 2006, R: Tony Goldwyn, D: Zach Braff, Jacinda Barrett

„‚Der letzte Kuss‘ zeigt, für Hollywood-Verhältnisse recht ernsthaft, die Furcht junger Männer vor dem Erwachsenwerden. Architekt Michael erfährt kurz vor seinem 30. Geburtstag von seiner Freundin Jenna, dass sie schwanger ist. Auf die erste Freude folgt bei Michael die Ernüchterung: Der Rest seines Lebens scheint begonnen zu haben - bis sich eine Studentin in ihn verliebt. Dank guter Darsteller und wohldosierter Situationskomik fällt kaum auf, dass Tony Goldwyn (Regie) und Oscar-Preisträger Paul Haggis (Drehbuch) in ihrem Remake des italienischen Films ‚L’Ultimo bacio‘ (2001) auch sehr viele Klischees bedienen.“ (Der Spiegel)H, HB, HH, KI, OL

Der letzte Zug Deutschland 2006, R: Joseph Vilsmaier, Dana Vávrová, D: Gedeon Burkhard, Lale Yavas

„Berlin, Frühjahr 1943: Zum Geburtstag soll der Führer ein ‚judenfreies Berlin‘ bekommen. Die Gestapo geht daran, die wenigen noch verbliebenen Juden am Bahnhof zusammenzutreiben, in Viehwaggons zu laden und Richtung Auschwitz zu deportieren. Der neue Film von Joseph Vilsmeier spielt größtenteils in einem dieser Waggons und zeigt, wie eine bunt zusammengewürfelte Gruppe unter den höllischen Bedingungen des Transports ums Überleben kämpft. Trotz seiner starken Geschichte krankt der Film daran, dass er seine Figuren stark typisiert; zudem setzt Vilsmeier auf Rührseligkeit und melodramatische Effekte, statt den historischen Stoff wirklich ernst zu nehmen.“ (Rheinischer Merkur) H, HB, HH, KL, OL

M

Marie Antoinette USA 2006, R: Sofia Coppola, D: Kirsten Dunst, Jason Schwartzman

„Porträt der französischen Königin Marie Antoinette von ihrer Verlobung mit dem Dauphin und späteren König Ludwig XVI. bis hin zur Flucht des Paares aus Paris während der französischen Revolution. Regisseurin Sophia Coppola blendet soziale und politische Zusammenhänge aus und lässt sich ganz auf die subjektive Sicht ihrer Hauptfigur ein, die sich mit Kauforgien, Partys und einer schalen Affäre aus der Langeweile und der strengen Etikette flüchtet. Ohne selbst in Oberflächlichkeiten zu erstarren, werden dabei konsequent die Grenzen der dekadenten höfischen Welt reflektiert.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI,OL

Mit Herz und Hand Neuseeland/USA 2005, R: Roger Donaldson, D: Anthony Hopkins, Jessica Cauffiel

„Burt Munro (Anthony Hopkins) ist ein Original, das am liebsten in seiner Garage in der neuseeländischen Provinz an seinem geliebten Motorrad, einer alten „Indian“, herumschraubt. Eines Tages erfüllt er sich einen Traum und macht sich auf die weite Reise nach Utah, um dort an der legendären ‚Speed Week‘ teilzunehmen und einen Geschwindigkeitsrekord aufzustellen. Auf der sehr skurrilen Reise begegnen ihm die verschiedensten Menschen, die sich allesamt vom kauzigen Charme des ‚Kiwi‘ anstekken lassen. Der Film ist eine liebevolle Hommage an einen symphatischen Außenseiter, der trotz aller seiner Ecken und Kanten durch seine humorige Lebensweisheit stets die Zuneigung aller auf seiner Seite hat. Der überzeugende Sportfilm lebt in erster Linie von der Präsenz seines hervorragenden Hauptdarstellers.“ (Neue Zürcher Zeitung) HB

Morgen, Findus, wird’s was geben Schweden / Dänemark / Deutschland 2005, R: Jørgen Lerdam, Anders Sørensen

„Es weihnachtet sehr im winterlichen Schweden, wo der alte Pettersson schwer damit beschäftigt ist, pünktlich zum Fest einen automatischen Weihnachtsmann für seinen kecken Kater Findus zu erfinden, denn der will nie wieder Weihnachten feiern, wenn der Weihnachtsmann nicht persönlich vorbeikommt. Zwar wurden unter der Regie von Jørgen Lerdam und Anders Sørensen Erzähl- und Animationsstil der ersten beiden Kinder-Cartoons geglättet und perfektioniert, aber wie immer bestehen die Helden auch dieses Kino-Abenteuer um Freundschaft und Hilfsbereitschaft mit Bravour und sorgen für herzerwärmendes Vorweihnachtsvergnügen.“ (Der Spiegel) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

My Dad is 100 Years Old Kanada 2005, R: Guy Maddin, D: Isabella Rossellini, Isaac Paz Jr. / Originalfassung ohne Untertitel

„Bei dieser einzigartigen Zusammenarbeit zwischen Isabella Rossellini und Guy Maddin feiert die Schauspielerin Leben und Werk ihres Vaters, des Regisseurs Roberto Rossellini, der 2006 hundert Jahre alt geworden wäre. In wagemutigen Auftritten verkörpert sie nicht nur ihre Mutter Ingrid Bergman, sondern auch weitere Ikonen der Filmgeschichte wie Federico Fellini, Alfred Hitchcock, Charlie Chaplin oder die Produzenten-Legende David O. Selznick.“ (Kino 46) HB

O

Oh, wie schön ist Panama Deutschland 2006, R: Martin Otevrel

„Erste Verfilmung des Klassikers von Janosch über den kleinen Tiger und den kleinen Bär, die sich auf die Reise nach Panama machen, um festzustellen, dass es nirgends schöner ist als daheim. Sehr eng hält sich Regisseur Martin Otrevel (Janosch-erfahren mit ‚Papa Löwe und seine glücklichen Kinder‘) bei der ersten Verfilmung der längst zum Klassiker avancierten Kindergeschichte von Janosch aus dem Jahr 1978 an die Vorlage. Der Film besticht durch seine absolut kindgerechte Erzählung und den zeitlosen Charme der Figuren und Geschichte. Als Sprecher für die Hauptfiguren konnten die Top-Stars Til Schweiger und Anke Engelke gewonnen werden, die u.a. von den Comedians Mirko Nontschew und Ralf Schmitz unterstützt werden.“ (Blickpunkt:Film) H, , HB, HH,OL

P

Pakt des Schweigens – Das zweite Leben des Erich Priebke Deutschland/Argentinien 2004, R: Carlos Echeverría

„Dokumentarfilm über den deutschen Kriegsverbrecher Erich Priebke, dem 1947 die Flucht nach Argentinien gelang. Bis 1994 lebte er als angesehener Bürger im patagonischen Wintersportort Bariloche, der auch anderen Nazi-Größen als Zufluchtsort diente. Der faktenreiche Film verdichtet sich auch zur Anklage der Einwohner des Städtchens, die diese Entwicklung nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern sie durch ihr Wohlverhalten auch unterstützen haben.“ (filmdienst) H

Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders Deutschland 2006, R: Tom Tykwer, D: Ben Whishaw, Dustin Hoffman

Tykwer hat das Paris des 18. Jahrhunderts in grandiosen Bildern lebendig werden lassen. Aber die Geschichte, die er erzählt, bleibt düster und brutal. Er hat auch einen verschwenderisch ausgestatteten Kostümfilm inszeniert, in dem 1000 Komparsen sich bei der Hinrichtungsszene die Kleider vom Leib reißen und sich orgiastisch miteinander vergnügen. Nicht nur bei dieser Sequenz, die Tykwer weder prüde noch obszön inszenierte, erweist er sich als ein stilsicherer Filmemacher, der so kreativ ist, dass er auch bei solch einer aufwendigen Literaturverfilmung seine eigene Duftmarke nicht verliert. (hip) DEL, H, HB, HH, HL,OL

Pingpong Deutschland 2006, R: Matthias Luthardt, D: Sebastian Urzendowsky, Marion Mitterhammer

„Nach dem Selbstmord seines Vaters besucht der 16-jährige Paul unangekündigt seine Tante Anna, die mit Ehemann und Sohn im gutbürgerlichen wie verlogenen Alltagsidyll vor sich hin lebt. Mit kühlen und eindringlichen Bildern seziert Regisseur Matthias Luthardt in seinem bemerkenswerten Debütfilm eine von innen zerfressene Familie, die nur noch die Sehnsucht nach dem schönen Schein zusammenhält.“ (Der Spiegel) H, HB, HH

Planet der Vampire Italien /Spanien 1965, R: Mario Bava, D: Barry Sullivan, Norma Bengell

„Bavas erster und einziger Ausflug ins Weltall ist praktisch in Vergessenheit geraten. Völlig zu Unrecht, denn ‚Planet der Vampire‘ begeistert durch atmosphärische Dichte und hat das Zeug zu einer echten Stil-Ikone der Sixties. Nach der Landung der zwei Raumschiffe Galliot und Argos auf einem düsteren Planeten werden einige Mannschaftsmitglieder der Argos von einer fremden Macht ergriffen, und dann wird die Besatzung der Galliot tot in ihrem Raumschiff aufgefunden. Es scheint, als ob sie sich gegenseitig getötet hätten. Doch die Angelegenheit wird noch mysteriöser als einige Leichen verschwinden, und dann lebend wieder auftauchen.“ (b-movie) HH

Play Your Own Thing – Eine Geschichte des Jazz in Europa Deutschland/Dänemark/Schweiz/Norwegen/Finnland 2006, R: Julian Benedikt

„In seinem dritten Film über Jazz richtet Julian Benedikt seinen Blick auf Europa. Ein weites Feld, wie sich zeigt; entsprechend prall gefüllt ist der Film mit Konzertszenen, Archivbildern und Interviews mit Größen wie Juliette Gréco, Albert Mangelsdorff oder Palle Mikkelborg. Leichter als mit Worten überträgt sich die Faszination am Jazz allerdings oft angesichts der Musiker in Aktion - in Gestalt von bizarren Freejazz-Improvisationen bis hin zur Live-Sessions im DDR-Fernsehen.“ (tip) HH

Q

Quand la mer monte … (Wenn die Flut kommt) Frankreich/Belgien 2004, R: Yolande Moreau, Gilles Porte, D: Yolande Moreau / Originalfassung mit Untertiteln

„Eine Alleinunterhalterin, die durch die nordfranzösische Provinz tingelt, geht eine Beziehung mit einem arbeitslosen Lebenskünstler ein, besinnt sich nach einer Weile aber wieder auf Mann und Kind und kehrt zu den bürgerlichen Konventionen zurück. Ein lakonisch entwickeltes Road Movie, das mehr über die Vergänglichkeit der Zweisamkeit philosophiert als sich auf sein authentisches Liebesdrama vom Rande der Gesellschaft einzulassen.“ (Lexikon des internationalen Films) HB

S

Santa Clause 3 USA 2006, R: Michael Lembeck, D: Tim Allen, Elizabeth Mitchell

„Die Vorgänger von 1994 und 2002 zogen ihren Reiz daraus, dass ein Mann aus der realen Welt (Tim Allen) zum Santa Clause in der Märchenwelt am Nordpol wird. Dieser Reiz ist im dritten Teil nicht mehr vorhanden, hier geht es um den witzlosen Streit von Santa und seinem Widersacher Jack Frost, ausgetragen vor kitschigen Billigkulissen. Wer’s unbedingt sehen will, sollte bis zum Schluss im Kino sitzen bleiben: die Outtakes im Abspann sind das Beste.“ (Cinema), DEL, H, HB, HH, HL, KL, OL

Sauve qui peut (La Vie) – Rette sich, wer kann das Leben Frankreich/Schweiz/Deutschland 1980 R: Jean-Luc Godard, D: Isabelle Huppert, Jacques Dutronc / Originalfassung mit englischen Untertiteln

„Ein Regisseur, der tödlich verunglückt; ein Mädchen, das aufs Land zieht; ein anderes Mädchen, das als Hure mühsam seinen Lebensunterhalt verdient: drei Geschichten, die sich immer wieder treffen und doch keine Einheit ergeben. Jean-Luc Godard kehrte mit diesem Film nach einer Phase des Schweigens und des Experimentierens mit Video wieder zum ‚großen‘ Kino zurück. Das Ergebnis ist ein schwer entschlüsselbares Filmexperiment, das als düsteres Gleichnis über die Gegenwart verstanden werden will; wegen seiner teilweise schokkierenden Ausdrucksmittel und der resignativen Grundhaltung fordert der Film zum politischen und weltanschaulichen Widerspruch heraus.“ (Lexikon des internationalen Films) HB

Schiff ohne Hafen Deutschland 1932, R: Harry Piel, D: Harry Piel

Banal wie ein Groschenroman ist das Drehbuch von „Schiff ohne Hafen“, den der deutsche Superstar der 30er Jahre, Harry Piel, mit sich selber als Helden drehte. Es geht dabei mit viel Huch und Peng um Mord auf einem Gespensterschiff. Interessant ist der Film aber, weil er zum Teil auf dem Segel-Schulschiff „Bremerhaven“ gedreht wurde, also viel nostalgisches Lokalkolorit verspricht. (hip) HH

Scoop – Der Knüller Großbritannien/USA 2006, R: Woody Allen, D: Scarlett Johansson, Woody Allen

„‚Scoop‘ wäre ein klassischer Murder-Mystery, wären da nicht Sid und Sondra, Woody Allen und seine ideale Partnerin Scarlett Johansson, die sich als angebliches Vater-und-Tochter-Paar zusammentun, um in der feinen englischen Gesellschaft einem Serienkiller auf die Spur zu kommen. Es ist Woody Allens lustigster Film seit langem, auch wenn er keinen Kalauer auslässt. Als linkshändiger Magier verbreitet der bald 71-Jährige so viel altmodischen Charme, dass man die vielen schwergängigen Allen-Filme der vergangenen Jahre mit ihrer aufgesetzten Erotik – den letzten, den brillanten ‚Match Point‘ natürlich ausgenommen – schnell wieder vergisst.“ (Neue Zürcher Zeitung) H, HB, HH, HL, KI, OL

senses Großbritannien 2003, R: N. Debot, J. Marsala, J. Palmer, N. Kaplan de Macedo, C. Ayala / Originalfassung mit Untertiteln

„Die an der London Film School produzierten Kurzfilme sind Teil eines Spielfilmprojektes, das sich episodenartig jedem einzelnen unserer Sinne widmet. Ob und in wie weit wir uns einzig und allein auf das, was wir wahrnehmen verlassen dürfen, und welche Konsequenzen das für unsere Umwelt und unsere eigene Existenz hat, ist die Thematik der Filme.“ (Kommunalkino Hannover) H

Shortbus USA 2006, R: John Cameron Mitchell, D: Raphael Barker, Lindsay Beamish

„‚Shortbus‘ ist eine Filmreise ins Wunderland der körperlichen Liebe, die der US-Regisseur John Cameron Mitchell rund um den New Yorker Privatclub Shortbus inszeniert hat. In dem Etablissement treffen sich allerlei experimentierfreudige Männer und Frauen, die auf sexuelle Selbstverwirklichung hoffen, weil sie von kleineren Nöten gepeinigt werden. Gleich zu Beginn sieht man etwa einem Paar dabei zu, wie es sich durch eine Art Hochleistungs-Kamasutra vögelt; eine Domina quält in einem Apartment mit Blick auf Ground Zero einen reichen jungen Schnösel; und ein junger Schwuler besorgt es sich selbst, indem er sich so lange verbiegt, bis er seinen Penis in den eigenen Mund befördert hat. Derlei amüsante Sensationen präsentiert Mitchell ohne Scheu vor pornografischen Bildern, aber mit umwerfendem Charme - frei nach der Devise: Befreie deine Triebe, dein Hirn wird folgen!“ (Der Spiegel) H, HH

7 Jungfrauen Spanien 2005; R: Alberto Rodríguez, D: Juan José Ballesta, Jesús Carroz

„Wer ‚Sieben Jungfrauen‘ spielt, erfährt angeblich seine Zukunft. Für Tano aus Sevilla sind die nächsten 48 Stunden auch so klar vorgezeichnet. Im Sonderurlaub vom Jugendknast – sein großer Bruder heiratet - haut der Teen mit seinen kriminellen Freunden auf den Putz: Sex, Prügeleien, Saufen, Diebstähle und Drogenkonsum -- alles in so rascher Abfolge, dass einem erst nach dem Kinobesuch bewusst wird, wie oberflächlich der Film ist.“ (Cinema) H, HB, HH

7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug Deutschland 2006, R: Sven Unterwaldt jr., D: Otto Waalkes, Mirco Nontschew

„Der Wald ist nicht genug“ für die debilen Gnome, die vor zwei Jahren fast sieben Millionen Zuschauer in die deutschen Kinos lockten. Im Fortsetzungsfilm soll ausgerechnet der einfältigste aller Zipfelmützenträger (gespielt von Otto Waalkes) die Zwerge gegen Rumpelstilzchen in den Kampf um Schneewittchens Kind führen. Der wüste Märchenmix setzt auf das bewährte All-Star-Team deutscher Komiker, doch statt der anarchischen Ausgelassenheit des ersten Teils breitet sich langatmige Einfallslosigkeit aus. Selten wirkte Dummheit auf der Leinwand so ermüdend.“ (Der Spiegel) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Snow Cake Großbritannien/Kanada 2006, R: Marc Evans, D: Alan Rickman, Sigourney Weaver

„Ein wortkarger Engländer nimmt bei einer Fahrt durch das winterlich kalte Ontario eine junge Anhalterin mit, die wenig später bei einem Unfall ums Leben kommt. Als er ihre Mutter aufsucht, wird er mit dem befremdlichen Verhalten einer scheinbar gefühlskalten Autistin konfrontiert, die den Tod ihrer Tochter ungerührt zur Kenntnis nimmt. Er bleibt bis zum Begräbnis bei ihr, wodurch auch bei ihm innere Narben zu schmerzen beginnen. Leises, berührendes Drama, das sich an Verdrängungen und seelischen Wunden abarbeitet, wobei manche Wendung des weitgehend über Bilder und Stimmungen erzählten Plots allzu abrupt und konstruiert wirkt.“ (filmdienst) H, HH

Sommer 04 Deutschland 2005, R: Stefan Krohmer, D: Martina Gedeck, Robert Seeliger

„Während der Sommerferien an der Schlei in Schleswig-Holstein fühlt sich eine etwa 40-jährige Frau für die frühreife Freundin des Sohnes verantwortlich, will sie vor den angeblichen Avancen eines Amerikaners schützen und verliebt sich selbst in ihn. Daraus entwickelt sich ein komplexes Familiendrama um die Grenzen von Moral, Schuld und Liebe; was in leichter Ferienatmosphäre beginnt, endet tragisch. Hervorragend gespielt und eindrucksvoll fotografiert, verbindet der anspielungs- und bedeutungsreiche Film die Nonchalance und Beiläufigkeit des französisches Kinos mit einer tiefgründigen Reflexion über das Sexuelle als treibende Kraft im menschlichen und sozialen Leben sowie das Schweigen und die Unaufrichtigkeit im Umgang der Generationen.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI

Step Up USA 2006, R: Anne Fletcher, D: Channing Tatum, Jenna Dewan

„Ein Krimineller verliebt sich in eine Ballett-Schülerin. Nach ‚Dance!‘ kommt hier der nächste Film, in dem widerspenstige junge Menschen mittels flotter Sohle in die Arme der Gesellschaft zurückfinden. In diesem Mix aus Amore, wummernden Beats und heißen Tanzeinlagen überzeugen allerdings nur letztere. Denn wenn die Darsteller den Mund aufmachen, wird die Lust an ihren geschmeidigen Bewegungen erheblich geschmälert.“ (Cinema) H, HB, HH, KL

Die Super-Ex USA 2006, R: Ivan Reitman, D: Luke Wilson, Uma Thurma

„Sie ist eine Superheldin und lässt beim Ex die Superkräfte spielen: In ‚Die Super-Ex‘ wird Uma Thurman als G-Girl zur Kratzbürste, die mit Luke Wilson erst das Bett zum Beben bringt, dann aber ebenso unerbittlich vorgeht, als er ihr sagt, dass es aus ist. Allerdings bleibt Thurman im Doppelleben zwischen Graumaus und Superheldin fast der einzige Reiz, betreibt Regisseur Ivan Reitman hier doch nur harmlos dahinalberndes Komödienbusiness, das längst nicht so gut ist wie die Idee, auf der es basiert.“ (tip) DEL, H, HB, HH, HL, KI

T

Der Teufel trägt Prada USA 2006, R: David Frankel, D: Meryl Streep, Anne Hathaway

„Lauren Weisbergers gleichnamiger Bestseller aus dem Jahr 2003 erschütterte weder die Welt der Mode, noch geriet die Bücherwelt aus den Fugen, aber die meisten Fashion-Victims krochen Weisberger auf den Leim. Viel pfiffiger als die selbstmitleidgetränkte ‚Abrechnung‘ zwischen Buchdeckeln ist die Leinwandversion. Es ist einmal mehr die Geschichte von Aschenputtel/Cinderella, die auch schon eine Audrey Hepburn oder Julia Roberts hell erstrahlen liess. Im Film spielt die erst 23-jährige Anne Hathaway einen Trampel, der keinen Schimmer hat von Mode. Die Pomeranze bewirbt sich beim Modemagazin ‚Runway‘ und wird von der Chefredaktorin, der teuflischen Miranda Priestly, als zweite Assistentin angestellt. Es beginnt ein Martyrium, denn Mirandas Eleganz ist gnadenlos. Meryl Streep ist satanisch gut in der Titelrolle, und Anne Hathaway ist ganz bezaubernd. Die Haute-Couture-Roben und -Kostüme, unerschwinglich für unsereiner, sind ein Gedicht.“ (Neue Zürcher Zeitung) , DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Thank You for Smoking USA 2005, R: Jason Reitman, D: Aaron Eckhart, Maria Bello

„Weniger der Tabakindustrie als den skrupellos wahrheitsverdrehenden ‚spin doctors‘ jeder Branche gilt diese brillante Satire. Aaron Eckhart verkörpert den aalglatten und wortgewandten Tabak-Lobbyisten Nick, der es mit krebskranken Teenagern ebenso aufnimmt wie mit politisch korrekten Senatoren, verführerischen Reporterinnen und einem bewaffneten Ex-‚Marlboro Man‘. In weiteren Rollen glänzen Robert Duvall, Maria Bello, William H. Macy und Katie Holmes. Jason Reitmans Adaption des Romans von Christopher Buckley ist ebenso bissig wie spassig, für Paffer genauso wie für Passivraucher.“ (Neue Zürcher Zeitung) BHV, HH

The House is Burning Deutschland 2006, R: Holger Ernst, D: Nicole Vicius, Robin Taylor

Es gibt in diesem Jahr viele gelungene, erstaunlich leicht und souverän gemachte Spielfilme aus Deutschland, und deshalb ist der in einer amerikanischen Kleinstadt gedrehte „The House in burning“ von Holger Ernst solch ein Ärgernis. Mit teutonischem Tiefsinn wird darin das Trauma von 9/11 verarbeitet. Wim Wenders ist einer der Produzenten dieses „overwrought screamfest“ (so das Branchenblatt Variety). (hip) HH

Der tierisch verrückte Bauernhof USA 2006, R: Steve Oedekerk

„Auf einem Bauernhof, wo alle Tiere sprechen können, ohne dass die Menschen dies ahnen, übernimmt ein junger Bulle nach dem Tod seines Vaters widerwillig die Leitung, wobei er gegen die partyhungrigen Hoftiere ebenso vorgehen muss wie gegen hungrige Kojoten. Unterhaltsamer Trickfilm in erstklassiger Computeranimation, mit plastischen Figuren und einigen hübschen Einfällen. Das Vergnügen trüben einige dann doch allzu unglaubwürdige Details sowie düstere (Kampf-)Szenen mit den ‚feindlichen‘ Kojoten.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, KI, OL

Titanic Deutschland 1942/43, R: Herbert Selpin, Werner Klingler, D: Sybille Schmitz, Ernst Fritz Fürbringer

„Eine tendenziöse Darstellung der Schiffskatastrophe, für die in diesem Film die Profitgier britischer Geschäftsleute verantwortlich gemacht wird. Trotzdem wurde er 1943 von den Nazis verboten. Und nach Kriegsende von den Alliierten.“ (Metropolis) HH

TKKG – Das Geheimnis um die rätselhafte Mind-Machine Deutschland 2006, R: Tomy Wigand, D: Svea Bein, Lukas Eichhammer

„Die Hobbydetektive Tim, Karl, Klößchen und Gaby alias TKKG schreiten ein, als ein genialischer Mitschüler die ‚rätselhafte Mind-Machine‘ erfindet: eine gefährliche EEG-Apparatur wie aus Frankensteins Labor, mittels derer auch aus Unbegabten neue Einsteins werden. Tomy Wigands Verfilmung der Hörspielserie von 1979 bietet zeitgemäßes, erfrischendes Jugendkino, das die unsägliche TV-Adaption von 1985 vergessen lässt. Neben den Jungschauspielern überzeugen u.a. Jürgen Vogel, Ulrich Noethen und Jeanette Hain in Nebenrollen.“ (tip) H, HB, HH, KL, OL

Das Totenschiff Deutschland 1959, R: Georg Tressler, D: Horst Buchholz, Mario Adorf, Elke Sommer

„‚Verrat an Buchstaben und Geist der Romanvorlage‘, witterte Enno Patalas, als er 1959 für die „Filmkritik“ die in deutsch-mexikanischer Koproduktion entstandene B. Traven-Verfilmung rezensierte, kam aber nicht umhin, dem Werk hervorragende Gestaltung und Atmosphäre zu attestieren. Der geheimnisumwitterte Autor selbst, stets unnachgiebig auf Werktreue insitierend, hatte das in Deutschland verfasste Skript vor Beginn der Dreharbeiten gelesen und akzeptiert. „Das Totenschiff“, wenngleich ein Flop an der Kinokasse, ragt weit über die gängige Filmproduktion der fünfziger Jahre hinaus. Claudius Seidl bezeichnete ihn gar als ‚vielleicht den schönsten Film, den das deutsche Kino der Fünfziger überhaupt hervorbrachte‘.“(taz) HH

V

Volver – Zurückkehren Spanien 2006, R: Pedro Almodóvar, D: Penélope Cruz, Carmen Maura

„Es sind keine schrillen Weiber am Rand des Nervenzusammenbruchs, die Pedro Almodóvar hier inszeniert, sondern Frauen, die mitten im Leben stehen, lebende und höchst lebendige Tote. ‚Surrealistischen Naturalismus‘ nennt der Spanier sein Stilprinzip, das ihm erlaubt, mühelos zwischen der Welt der Lebenden und derjenigen der Toten zu wechseln und sein großartiges Frauenensemble durch eine Geschichte zu dirigieren, in der sich Witz und unvermittelter Ernst, Komik und plötzliche Beklemmung auf bezaubernde Weise die Hand reichen. Das kulminiert in den Szenen, in denen die tote Mutter (Carmen Maura) den Schwestern Sole (Lola Dueñas) und Raimunda erscheint, letztere verkörpert von einer hinreißend schönen Penélope Cruz, der der Regisseur auf erotische Weise huldigt.“ (Neue Zürcher Zeitung) HH

Vom Schaukeln der Dinge Deutschland 2006, R: Beatrix Schwehm

Rudolf Höhn war in den 90er Jahren ein erfolgreicher Schauspieler, Kabarettist und Autor. 1997 wurde bei ihm Parkinson diagnostiziert. Sechs Jahre nach dem Ausbruch der Krankheit wurde dann dieses Filmportrait gedreht. Dennoch ist dies keine deprimierende Krankengeschichte, denn Höhn hat erstaunlich kreativ und mit bewundernswerter Energie die Herausforderung dieses Schicksalsschlages angenommen. Der Film erzählt von der Krankheit, vom Theater, von der Literatur und vom Rugby - eigentlich müsste er heillos überladen sein, aber er wirkt wie aus einem Guss, weil Schwehm bei der Montage einer emotionalen Logik folgt und so die vielen Facetten von Höhn erstaunlich unangestrengt unter einen Hut bekommt. Dabei ist er oft sehr berührend, aber nie sentimental. (hip) H, HB, HH, HL, OL

W

Walle für Alle Bremen 2006, R: Jürgen J. Köster, D: Kurei Aslan, Walter Pohl Walle, rund um die Vegesackerstrasse: Der Film zeigt zahlreiche Menschen, die sich in unterschiedlicher Weise über Walle und zu ihrem Lebensgefühl in diesem Stadtteil äußern.“ (Kino 46) HB

Wicker Man USA 2006, R: Neil LaBute, D: Nicolas Cage, Ellen Burstyn

„Ein Polizist reist auf eine kleine Privatinsel, um nach einem lange vermissten Mädchen zu fahnden. Er trifft dort auf eine sektenähnliche, oberflächlich sehr friedliche Gemeinschaft, die unter der Leitung einer ‚Königin‘ eine Gesellschaftsform ähnlich der Bienen aufgebaut hat. Doch das Matriarchat birgt ein dunkles Geheimnis, das dem Polizisten zum Verhängnis zu werden droht. Kraftlos-prüde Adaption eines Gruselklassikers aus dem Jahr 1973, dem es trotz vielversprechender Ansätze nicht gelingt, aus der in die Gegenwart transportierten Geschichte das angestrebte intellektuelle Angstkino zu machen.“ (filmdienst) H, HB, HH, HI, OL

Wo ist Fred!? Deutschland 2006. R: Anno Saul, R: Til Schweiger, Jürgen Vogel

„Der fitte Bauarbeiter Fred (Til Schweiger) gibt sich als Behinderter aus, um einen signierten Basketball für den flegelhaften Sohn seiner Freundin zu ergattern. Mit Jürgen Vogel als prolligem Sidekick findet sich Schweiger in einer Serie von Behinderten-Slapsticknummern wieder. Als Vorbild dienen amerikanische bad taste-Komödien, aber weder ihr Witz noch ihre Schärfe werden erreicht. (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KL, OL