Polizei zuerst für Deutsche

Gewerkschafter warnen vor einer Überlastung der Ordnungshüter, wenn diese verstärkt in Auslandsmissionen eingesetzt würden. Genau das will aber die Bundeskanzlerin

BERLIN taz ■ Zwischen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Bundesregierung bahnt sich ein Konflikt an. Dies machte Konrad Freiberg, der Bundesvorsitzende der GdP, auf dem Bundeskongress seiner Gewerkschaft am Mittwoch in Berlin deutlich. Den Grundstein für den herauf ziehenden Streit legte dabei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) selbst. Sie hatte auf dem Kongress angedeutet, deutsche Polizisten verstärkt beim Wiederaufbau in Krisenregionen einsetzen zu wollen. Im Gespräch ist vor allem eine deutliche Erhöhung der Polizeikontingente in Afghanistan.

Das sei „verantwortunglos“, schimpfte GdP-Chef Freiberg. Die Polizei werde zu einem „außenpolitischen Exportschlager“. Man könne im Innern nicht ständig Personal abbauen und gleichzeitig die Aufgabenfelder ausweiten. Bundesweit gebe es derzeit nur noch etwa 266.000 PolizistInnen; das seien rund 7.000 weniger als vor fünf Jahren. Dennoch sei die Polizei mit rund 230 Beamten an „fast allen Konfliktherden dieser Welt“ vertreten; vom Kosovo über den Sudan bis nach Afghanistan. Insgesamt waren bislang etwa 4.500 PolizeibeamtInnen im Auslandseinsatz.

Neben der Überlastung kritisierte Freiberg auch die zunehmende Gefährdung deutscher Polizisten in Gebieten wie der afghanischen Hauptstadt Kabul. „Wenn wir den ersten deutschen Polizisten begraben müssen, läuft die Diskussion ganz anders“, sagte der Gewerkschaftsführer. Man sei zu Hilfe in Einzelfällen bereit, für mehr fehlten der Polizei derzeit die Leute.

Zum Beweis verwies Freiberg auf den schon von Exbundesinnenminister Otto Schily (SPD) unternommenen Versuch, für Auslandseinsätze zwei Hundertschaften der Bundespolizei im niedersächsischen Gifhorn aufzubauen. Diese seien heute noch nicht vollständig „aufgefüllt“, da es an Freiwilligen fehle.

In diesem Zusammenhang wandte sich Freiberg auch gegen Überlegungen, die Bundeswehr mit Aufgaben im Innern zu betrauen. Einsätze außerhalb von Unterstützungen im Rahmen der Amtshilfe und des Katastrophenschutzes lehne die GdP entschieden ab. Die Gewerkschaft würde eine intensivere Zusammenarbeit der Polizei mit den deutschen Geheimdiensten zur Terrorbekämpfung bevorzugen. Zugleich wiesen die GdPler Überlegungen, die Grenzen zwischen Polizei und Diensten zu verwischen, zurück. Die Trennung habe sich bewährt und solle beibehalten werden.

Für seine Kraftprobe mit Bundeskanzlerin Merkel und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte Freiberg kurz zuvor Rückendeckung erhalten. Mit über 95 Prozent wählten die Delegierten von Deutschlands größter Polizeigewerkschaft Freiberg für vier Jahre wieder zu ihrem Vorsitzenden.

OTTO DIEDERICHS