China attackiert Westen vor Nobelpreisverleihung

FRIEDENSNOBELPREIS Peking sieht Verschwörung, weist Forderung nach Freilassung von Dissidenten zurück

PEKING/BERLIN afp/taz | Einen Tag vor der Verleihung des Friedensnobelpreises am Freitag in Oslo hat China den Westen erneut scharf angegriffen. Jeder Versuch, Druck auf China auszuüben, werde scheitern, sagte Außenamtssprecherin Jiang Yu am Donnerstag in Peking zur Preisverleihung an den chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo. Zugleich kritisierte sie eine Resolution des US-Repräsentantenhauses vom Mittwoch, in der Liu gewürdigt und China zur Freilassung politischer Gefangener aufgefordert worden war, als „arrogant“ und „unangemessen“.

Die Zeremonie zur Verleihung des Preises am Freitag in Oslo findet in Lius Abwesenheit statt. Chinas Behörden lassen auch seine Frau nicht anreisen. Liu war im Dezember 2009 wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ in China zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Laut Diplomaten drängte China andere Staaten, nicht an der Zeremonie teilzunehmen. Neben China haben 19 Staaten abgesagt. Chinas nationalistische Global Times deutete am Donnerstag eine „Verschwörung“ des Westens gegen Peking an, ein von der Propaganda gern genutztes Erklärungsmuster. China hatte die Auszeichnung Lius als gleichbedeutend mit einer „Anstiftung zum Verbrechen“ bezeichnet. Die Preisvergabe wird von Demonstrationen für und gegen Liu begleitet, Letztere organisiert von chinesischen Diplomaten.

Der Präsident des Nobelpreiskomitees, Thorbjoern Jagland, betonte, der Preis richte sich nicht gegen China. Zugleich zeigte er sich erfreut über die Unterstützung zahlreicher Politiker für Liu trotz des Drucks aus Peking. China ging zuletzt verstärkt gegen Menschen- und Bürgerrechtler vor. Am Donnerstag waren auch die Webseiten westlicher Sender wie CNN, BBC und der norwegische Kanal NRK nicht mehr abrufbar.

Am Donnerstag wurde in Peking schnell der bis dahin unbekannte „Konfuzius-Friedenspreis“ an Taiwans Exvizepräsidenten Lien Chan verliehen. Der Abwesende wusste nach Angaben seines Büros jedoch gar nichts von der erstmals verliehenen und erst kurz zuvor verkündeten Auszeichnung. Den Preis hatten fünf Pekinger Professoren, die dem Kulturministerium nahe stehen, kurzfristig vergeben, offenbar um dem Nobelpreis eine chinesische Auszeichnung entgegenzusetzen. HAN