Abkehr von der Säkularität

Wissenschaftssenator Willi Lemke (SPD) warnt angehende Religionspädagogen: Nicht-Christen würden möglicherweise nicht eingestellt. Uni protestiert: „Gesinnungsschnüffelei“

„Religionszugehörig-keit kann den Berufseinstieg unmöglich machen“

von Armin Simon

Schule ist Schule und Religion ist Religion. Das gilt laut Bremer Verfassung auch für die Lehrenden in den Unterrichtsfächern „Biblische Geschichte“ (BGU) und „Islamkunde“ an den Bremer Schulen. Deren Konfession oder Nicht-Konfession, das hat auch das Bremer Verwaltungsgericht längst bestätigt, ist ihre Privatsache. Vielleicht müsste man besser sagen: war.

Denn auf Betreiben der christlichen Kirchen hat Wissenschaftssenator Willi Lemke (SPD) in einem Schreiben die Anforderungen an künftige Lehrkräfte in diesen Fächern präzisiert. „Biblische Geschichte“ müsse laut Verfassung auf „allgemein christlicher Grundlage“ unterrichtet werden, erinnert er darin. Daraus ergebe sich für die Studierenden der Religionspädagogik eine „spezielle, zwingende Anforderung“ – werde diese nicht erfüllt, könne die „den Eintritt in die Berufspraxis erschweren oder unmöglich machen“.

„Wir sind aufgefordert worden, den Studierenden zu erklären, dass ihre Religionszugehörigkeit zu begründeten Zweifeln an ihrer Fähigkeit führen kann, auf christlicher Grundlage zu unterrichten“, berichtet die für Lehre zuständige Konrektorin Ilse Helbrecht. „Das hängt wie ein Damoklesschwert über den Studierenden, weil die Nicht-Christen nicht mehr wissen, ob sie studieren können.“ Mancher Mitarbeiter am Fachbereich geht gar noch einen Schritt weiter: Die Aufforderung von Lemke, heißt es da, ebne der „Gesinnungsschnüffelei“ den Weg.

Erste Anzeichen davon gibt es bereits. So sollen sich Studierende, die eines der vorgeschriebenen Praktika absolvierten, an Schulen schon kritische Nachfragen zu ihrer Konfession haben gefallen lassen müssen. Aus Glaubensgründen abgelehnt wurden PraktikumsbewerberInnen nach Auskunft des Praktikabeauftragten des Studiengangs, Manfred Spiess, allerdings noch nicht. Auf einer Podiumsdiskussion zum Thema sagte Lemke gestern Abend öffentlich zu, dass es derlei Ausbildungsbeschränkungen nicht geben solle. Ein Sprecher der Behörde betonte gegenüber der taz, dass auch für angehende LehrerInnen keine Abfrage der Konfession geplant sei.

Helbrecht kritisierte, dass die Behörde mit ihrem Verweis auf „Einzelfallentscheidungen“ und möglicherweise konfessionell begründete „Zweifeln“ um eine klare Entscheidung zwischen einer konfessionell ungebundenen Religionskunde – wie sie in Bremen Tradition ist – und einem klassischem Religionsunterricht drücke. „Das Risiko wird personalisiert“, sagte sie mit Blick auf die betroffenen Studierenden. Dies sei aus Sicht der Universität unhaltbar.

Die Auswahl der Studierenden geschehe nach Abiturzeugnis und nicht nach Taufurkunde, unterstrich Helbrecht, die Uni biete eine „Fachausbildung“ an, die sie zum Unterricht qualifiziere. Konfession spiele dabei genauso wenig eine Rolle wie bei Mathematik-StudentInnen. Wenn das Wissenschaftsressort anderer Meinung sei, müsse es die Konsequenzen ziehen: „Dann müssen sie uns anweisen, eine konfessionsgebundene Fakultät zu gründen.“

Anstatt sich um die christliche Verwurzelung der BGU-LehrerInnen zu kümmern, solle die Bildungsbehörde lieber dafür sorgen, dass das Fach flächendeckend unterrichtet werde, empfahl Spiess. LehrerInnen dafür sind rar, viele Schulen bieten gar kein BGU an. Spiess: „Die Kinder bleiben dumm auf dem Gebiet der Religion.“