Mit der Tasche in den Park

Liebstes Spiel: Müll und Blätter sammeln. Der Kinderladen Himmelstraße in Winterhude geht auch bei Kälte und Regenwetter in die Natur. Wie sie die Kinder dazu motiviert, erklärt Leiterin Anke Lowin

INTERVIEW: GASTON KIRSCHE

taz: Frau Lowin, im Konzept Ihres Kinderladens steht, dass sie täglich, bei Wind und Wetter, im Stadtpark sind. Wie schaffen Sie das mit drei- bis sechsjährigen Kindern?

Anke Lowin: Wir gehen so viel wie möglich raus, weil das für die Kinder wichtig ist. Zurzeit ist es so, dass die Kinder sehr auf ihr Selbstbestimmungsrecht bestehen. Sie wollen an einigen Tagen drinnen bleiben und ihre Spielvorhaben verwirklichen. Deshalb dürfen sie es sich an zwei Tagen aussuchen, ob sie gleich nach dem Frühstück raus wollen oder erst später.

Gehen Sie wirklich bei jedem Wetter an die frische Luft?

Ja. Es sei denn, es stürmt oder gewittert und es würde gefährlich. Dann gehen wir nicht in den Stadtpark, um die Kinder zu schützen. Ansonsten finden wir es gerade wichtig, dass die Kinder die Jahreszeiten und Witterungen wahrnehmen. Das sind sinnliche Erfahrungen. Die Kinder lernen daraus, Umweltbildung ergibt sich fast von selbst. Sie finden auch viel zum Sammeln, dafür nehmen wir extra Sammeltaschen mit. Jetzt im Herbst sind es die Blätter oder Pilze. Manchmal sammeln sie auch Müll. All das wird oft mit in den Kinderladen geschleppt, dort untersucht, bestimmt und weiterverarbeitet. So entstehen Collagen aus Gips mit eingesammelten Kronkorken, Scherben oder anderem Müll. Oder es werden Pflanzen seziert und unter der Lupe untersucht.

Was machen Sie im Herbst noch im Stadtpark?

Wir bauen Laubhaufen, bauen mit Stöcken Gebilde. Und in den Pfützen wird liebend gerne geplanscht. Mit Wasser und Sand wird auch im Herbst viel gespielt, dafür ist der Regen gut, weil es im Stadtpark keine Wasserpumpen auf den Spielplätzen gibt. Wenn es richtig kalt ist, drehen wir nur eine große Runde, bleiben in Bewegung. Dann laufen und hüpfen wir auf dem Weg, oder turnen an den Trimm-Dich-Geräten im Stadtpark. Die Kinder finden es toll, sich da auszuprobieren, zu balancieren, an Ringen zu schaukeln.

Nehmen Ihre Kinder die Jahreszeiten bewusster wahr?

In jedem Fall. Unsere Kinder können auch Bäume unterscheiden und Blätter zuordnen. Einige können Pilze bestimmen. Die nehmen ganz viel mit, weil wir das immer benennen: Wir sagen nicht, ‚guck mal, da an dem Baum‘, wir sagen, ‚guck mal, da an der Buche. Da steht nicht ein Pilz, sondern ein Fliegenpilz‘. Sie wissen auch, was Bucheckern sind. Wir legen Wert auf sinnliche Erfahrungen, die Dinge anzufassen, daran zu riechen, bei Bucheckern eben auch zu schmecken. Diese sinnliche Erfahrung ist auch für Kinder mit Behinderung besonders wichtig. Deshalb scheuen wir auch keine Mühen, mit allen Kindern rauszugehen, mit allen Hilfsmitteln. Zurzeit haben wir noch einen Platz für ein behindertes Kind frei.

Gibt es Kinder, die mehr oder weniger raus wollen als andere?

Das hängt immer von Tagesform und Situation ab. Wenn einige im Kinderladen gerade intensiv in etwas vertieft sind, ist es schwer, sie davon abzubringen.

Was empfehlen Sie Eltern, deren Kinder nicht raus wollen?

Ich würde mir ein Vorhaben überlegen, das die Kinder interessiert. Spuren suchen zum Beispiel. So war es einigen unserer Kinder wichtig, am Tag nach dem Laternenfest im Stadtpark die Spuren des Brezelmannes zu suchen, der am Feuer plötzlich aus dem Dunkeln aufgetaucht war und Gebäck verschenkte.