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: Die Grenzen der Rüttgers-Show

Noch immer wird nach der vierten Klasse entschieden, ob die Kinder aufs Gymnasium, die Real- oder die Hauptschule gehen. Viel zu früh, wie Experten kritisieren, wird damit der weitere Lebensweg festgelegt und vor allem aussortiert: Nur wer aufs Gymnasium darf, kann später studieren und darf damit – zumindest potenziell – in die Spitzenpositionen der Gesellschaft. Dieser Kritik schließt sich nun auch die SPD in Nordrhein-Westfalen an. Wenigstens in den Klassen 5 und 6 soll es weiter gemeinsamen Unterricht geben, lautet das Modell, das der Landesvorsitzende Jochen Dieckmann favorisiert. Das ist nicht viel – eine Art Gesamtschule light. Aber es geht in die Richtung, die auch Gewerkschaften und Grüne wollen.

KOMMENTAR VON DIRK ECKERT

Damit sind die Fronten in der NRW-Schulpolitik wieder begradigt: Hier die Opposition aus SPD, Grünen und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, dort die regierende CDU. Leider halten die Christdemokraten hartnäckig an lieb gewonnenen Ansichten fest. Bundesweit tourt Ministerpräsident Jürgen Rüttgers durch die Talkshows der Republik und mimt den Arbeiterführer. In seinem eigenen Bundesland blockt er dagegen alles ab – es sei denn, es ist neoliberal und kommt vom Koalitionspartner FDP.

„Einheitsschule ist Einheitsbrei“ hatte Rüttgers schon vor seiner Wahl gegen Gesamtschulen polemisiert. Auf dieser Linie liegt auch CDU-Fraktionschef Helmut Stahl, wenn er den SPD-Vorstoß als ideologisch verunglimpft. Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall: Es sind die Christdemokraten, die sich aus ideologischen Gründen am dreigliedrigen Schulsystem festhalten. Geht es nach den Konservativen, kann die Klassengesellschaft dem Nachwuchs offenbar gar nicht früh genug beigebracht werden. Oder wie soll man das sture Festhalten am alten Schulsystem und die rüden Ausfälle gegen neue Modelle anders interpretieren?