jürgen klopp
: Es tut gut

Eine gute Stunde dauerte es nach der Bundesliga-Partie zwischen dem FSV Mainz 05 und dem Hamburger SV, ehe Thomas Doll überhaupt bereit war, Rede und Antwort zu stehen. Rasch noch eine Dusche hatte sich der leidgeplagte HSV-Trainer nach Abpfiff verordnet, „ich muss noch ins ZDF-Sportstudio“, erklärte Doll seine Verspätung zur Pressekonferenz. Jürgen Klopp hatte es nicht gestört, auf dem Podium im Fokus der Kameras zu warten. Entspannt rührte der TV-Bundestrainer, der am vergangenen Mittwoch nur wenige Kilometer weiter aus dem ZDF-Sendezentrum die Fußballnation unterhalten hatte, in seiner Kaffeetasse und lauschte hernach seinem aufgebrachten Kollegen.

Der 39-Jährige schien mit sich im Reinen. Ungeachtet der Tatsache, auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht zu sein, sparte Klopp nicht mit Lob für die Seinen, die sich dank einer disziplinierten Defensivleistung das erste Zu-null-Spiel der Saison mehr als verdienten: „Dies gibt uns eine großes Stück Sicherheit: Selbstvertrauen kann man sich nicht einreden, sondern muss man sich erarbeiten.“ Es tue gut, wenn man die Sachen im Spiel sieht, die man sich im Training erarbeite. Genau das hatten die Mainzer ja tagelang unentwegt geübt: mit die Räume verstellen und dem Kontrahenten jeden Spaß am Spiel verderben. „Im Verhältnis Mannschaft und Trainer war diese Partie ganz wichtig“, konstatierte Präsident Harald Strutz zufrieden. Manager Christian Heidel hatte eigens vor dem Spiel den Toten-Hosen-Song „Steh auf, wenn du am Boden liegst“ mitsamt der Klopp-Rede nach dem Aufstieg einspielen lassen – das Mainzer Publikum reagierte mit stehenden Ovationen.

Auf die Idee, eine Nullnummer als Neuanfang zu verkaufen, so etwas funktioniert nicht an vielen anderen Bundesliga-Standorten – in Mainz sehr wohl. Doch Klopp hat seinen Teil zu beigetragen. Er, die omnipräsente Haupt- und Kultfigur des Mainzer Bundesliga-Business, hat sich die vergangenen Wochen selbst hinterfragt – und ein Stück weit zurückgenommen. Die dutzendfachen Interviewanfragen hat er abgeblockt und statt pathetischer Brandreden lieber praktische Trainingsarbeit in den Vordergrund gerückt. Und siehe da: „Es hat gut funktioniert.“

FRANK HELLMANN