Für ein barrierefreies Jahr 2020

Bundeskongress der Interessengemeinschaft Behinderter tagt in Bremen und entwickelt Utopie der Gleichstellung

Die bundesweite Behinderten-Selbsthilfegruppe „ISL“ tagt seit gestern in der Bremischen Bürgerschaft. „Visionen 2020“ sind das Thema, die „Interessengemeinschaft Selbstbestimmt Leben“ will der Phantasie freien Raum geben. Das ist auch nötig: 130 TeilnehmerInnen werden erwartet, Bremen bietet aber nur 20 rollstuhlgerechte Hotelplätze. „In Berlin ist das anders“, sagt der Bremer Sozialrichter Horst Frehe, selbst Rollstuhlfahrer. Dort verlangt die Landesbauordnung, dass zehn Prozent der neu gebauten Hotelbetten barrierefrei erreichbar sein müssen. 2020 ist das überall so – und Frehe dann 70 und „Alterspräsident“ der ISL.

Wenn Behinderte vom Jahr 2020 träumen, dann kommt ihnen vor allem eines in den Kopf: Alle Formen der Ausgrenzung sollen dann überwunden sein. „Inclusion“ statt „Integration“: Weder in Wohnheimen noch in Werkstätten wollen Behinderte ausgesondert werden. Voraussetzung für die Wende, sagte die Beauftragte der Bundesregierung für Behinderte, die SPD-Abgeordnete Karin Evers-Meyer, sei ein „Assistenz-Gesetz“. Wenn Behinderte ein „persönliches Budget“ hätten, mit dem sie selbst die notwendigen Hilfen finanzieren müssten, dann wären sie „Arbeitgeber“, nicht Bittsteller. Der Rollenwechsel ist entscheidend für das Selbstwertgefühl.

Es gehe um den Grundsatz der Gleichstellung, so Evers-Meyer. Im internationalen Vergleich sei ihr manchmal peinlich, wie weit Deutschland vom Standard anderer – etwa Schwedens – entfernt sei. 90 Prozent der so genannten „Eingliederungshilfen“ fließen heute ins System der Ausgliederung, meinte Frehe. Das solle sich ändern. KAWE