LESERINNENBRIEFE
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Wurzel allen Übels

■ betr.: „Respektierte Minderheit“, taz nord vom 7. 12. 2010

Zuerst erstaunt, dann begeistert (von der Arbeit der Gastredaktion), aber auch wütend und traurig (über berichtete Negativ-Erlebnisse) habe ich mich, aufmerksamer als üblich mit der taz-Lektüre befasst. Ich lebe in einem Dorf am Stadtrand Hamburgs und wir haben hier viele Migranten, zum Beispiel aus England, Australien, Kanada, Holland, Österreich und vielen anderen Ländern, ja sogar aus der Türkei, China und Indonesien. Probleme konnte ich bisher nicht feststellen. Das liegt vielleicht auch daran, dass die meisten Menschen hier in Einzelhäusern und großen Villen wohnen.

In Hamburg-Bahrenfeld, wo meine kleinen Enkel mit ihren Eltern leben, bekomme ich auf ganz andere Weise Kontakt mit der Migrantenwelt: Hole ich die Jungs mal von Kindergarten oder Schule ab, dann wimmelt es von Kindern mit Hautfarben und Akzenten in allen Schattierungen, wie man sie sonst nur in der Wandelhalle des Hauptbahnhofes findet. Weder hier noch auf Schulveranstaltungen bemerkte ich bisher Dissonanzen oder Diskriminierungen. Möglicherweise altersbedingt habe ich jedoch zuweilen Schwierigkeiten, mir die „fremdartigen“ – welch Wort, fällt mir dabei auf – Vornamen der FreundInnen meiner Enkel zu merken.

Die mir (als TV-Verweigerer) nur über taz und Zeit bekannte, nun in der Deutschland-taz dargestellte Problematik brachte mich beim Grübeln über die Ursachen der Xenophobie auf einen möglichen Zusammenhang. Da ich in meinem gesamten Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis nie eine Form der Fremdenfeindlichkeit registrieren konnte und aus dieser Population nie jemand auf die Idee käme, die Bild-Zeitung zu lesen: Liegt hier (und in einigen Trash-Talkshows und Hetzbüchern) eventuell die Wurzel allen Übels? Dann sehe ich den einzigen Silberstreif am Horizont nur in dem Bericht von Hasmik Episkoposian: So geht’s und so müsste es an allen Schulformen möglich sein. Was da nachwächst, scheint gegenüber xenophober Demagogie gefeit zu sein.  JÜRGEN STEUSSLOFF, Aumühle