Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Fast eine Weihnachtsgeschichte für Erwachsene: Ein Mann kommt in einer Stadt an und wird überfallen und bewusstlos geschlagen. Als er wieder zu sich kommt, hat er sein Gedächtnis verloren und auch seine Identität. Denn er weiß nicht mehr, wer er ist. Während er nun mit den Behörden einen kafkaesken Kampf um Unterstützung austrägt, erfährt er die Hilfe und die Liebe der Heilsarmistin Irma. „Der Mann ohne Vergangenheit“ ist ein zärtliches Märchen aus der kalten Welt des Neoliberalismus, das Aki Kaurismäki in seinem Film von 2002 erzählte. Aber auch eine Geschichte vom Ballast der Identität und der Frage, die sich speziell in diesen Tagen stellt: nämlich, was wirklich wichtig ist. Dimiter Gotscheff hat sich im Deutschen Theater dieses Stoffes angenommen. Premiere ist am Freitag. Einer, der der Welt ebenfalls fremd gegenübersteht, ist „Parzival“. Und so entschließt er sich, Ritter zu werden. Die Geschichte über den berühmtesten Außenseiter des Mittelalters ist alt, der Schweizer Dramatiker Lukas Bärfuss hat sie neu erzählt. Am Hans Otto Theater in Potsdam bringt sie Isabel Osthues jetzt auf die Bühne. Noch so einen Außenseiter und Weltflüchtling hat Dostojewski mit seinem berühmten Namenlosen geschaffen, der der Welt und sich selbst einen Hass aus seiner Kellerwohnung entgegenschleudert. Der isländische Regisseur Egill Heišar Anton Pálsson stellt sich morgen Abend mit seiner Inszenierung der „Aufzeichnungen aus dem Kellerloch“ an der Schaubühne dem Berliner Publikum vor. Die Sophiensaele zeigen ab Donnerstag einen neuen Abend der kanadischen Dramatikerin und Performerin Marie Brassard „Me talking to myself in the future“. Auch dies ein Abend, der zwischen berühmten antiken Mythen und Höchstpersönlichem oszilliert. Nach der Premiere gibt’s Waffeln. Es muss also wirklich bald Weihnachten sein.

■ „Der Mann ohne Vergangenheit“: Deutsches Theater, ab Fr

■ „Parzival“: Hans Otto Theater Potsdam, ab Fr

■ „Aufzeichnungen aus dem Kellerloch“: Schaubühne, ab Do

■ „Me talking to myself in the future“: Sophiensaele, Do-Sa