Lärmdiskussion ohne Betroffene

BBI Fluglärmkommission wird noch Monate über Routen diskutieren. Bürgerinitiativen sind davon ausgeschlossen: „Aus Stuttgart nichts gelernt“

■  Kathrin Schneider wurde am Montag zur neuen Vorsitzenden der Fluglärmkommission für den künftigen Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) gewählt. Seit 2009 ist sie Leiterin der Landesplanung Berlin-Brandenburg, die sowohl dem Berliner Senat für Stadtentwicklung als auch dem Brandenburger Infrastrukturministerium untersteht.

■  Die Neuwahl war erforderlich, weil der bisherige Vorsitzende Bernd Habermann nach Vorwürfen, er sei nicht neutral, das Amt niedergelegt hatte. (dapd)

Im Streit um die Flugrouten vom künftigen Hauptstadtflughafen ist eine schnelle Lösung nicht in Sicht. Eine weitere Sitzung der Fluglärmkommission am Montag brachte kaum zählbare Ergebnisse. Dafür entschied das Gremium: Bürgerinitiativen kommen nicht auf die Gästeliste der nächsten Sitzung, wohl aber Vertreter der Staatskanzleien Berlins und Brandenburgs.

Die Kommission tritt am 17. Januar wieder zusammen und hat weitere, monatliche Treffen bis Mai vereinbart. „Dann wollen wir eine brauchbare Grundlage für eine Stellungnahme an die Deutsche Flugsicherung (DFS) haben“, sagte die neue Vorsitzende Kathrin Schneider. Die Vertreter der DFS nahmen von der knapp fünfstündigen Sitzung 16 Alternativanträge mit und wollen sie nach Schneiders Angaben bis zur nächsten Sitzung prüfen. Die einzelnen Anträge wurden nicht im Detail diskutiert. „Ich halte es für richtig, dass man seine Kraft nicht darauf verwendet, sich die Anträge gegenseitig um die Ohren zu hauen“, sagte Schneider und sprach von einem Erfolg des Treffens.

Die Flugsicherung hatte im September überraschend Abflugrouten vorschlagen, die stark von den bisherigen Annahmen abweichen. Tausende Menschen in Berlin und Brandenburg protestieren deshalb seit Wochen. Die Lärmkommission aus Vertretern von Gemeinden, Behörden, Airlines und Flughafengesellschaft berät die Flugsicherung bei der Aufstellung der Start- und Landerouten. Das letzte Wort hat das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung.

Anträge der Berliner Industrie- und Handelskammer und von Bürgerinitiativen, als Gäste der Lärmkomission zugelassen zu werden, lehnte diese ab. „Die haben aus Stuttgart nichts gelernt“, kommentierte das der Ehrenvorsitzende des flughafenkritischen Bürgervereins Brandenburg-Berlin, Ferdi Breidbach, mit Blick auf die Proteste gegen den Stuttgarter Bahnhofsbau. „Es soll Camouflage gemacht werden.“ Auch andere Anwohnervertreter forderten mehr Offenheit. Schneider sagte nach der nichtöffentlichen Sitzung der Kommission nur: „Offensichtlich sahen die Mitglieder das anders.“

Thema in der Kommission war am Montag auch ein Brief des damaligen Flughafenchefs Götz Herberg an das Bundesverkehrsministerium aus dem Jahr 1998. Kritiker sehen darin einen Versuch, die Flugsicherung zu drängen, Geradeausstarts von den beiden geplanten Pisten vorzuschlagen und so die Planfeststellungsbehörde zu täuschen. Der Bürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, Norbert Kopp (CDU), sagte zu den Vorwürfen: „Wenn sich das bestätigen sollte, ist das sicherlich ein Skandal.“ (dpa)