Revolutionär und Asket

Wenn Presseagenturen Albin Kurti als „Ultranationalisten“ bezeichnen, ist das falsch. Der frühere Studentenführer hat seit seinen ersten öffentlichen Auftritten 1996 gegen Nationalismus und Xenophobie Stellung bezogen. Kurti lebt wie ein Asket, ist ein unerbittlicher Kämpfer gegen Korruption und Nepotismus. Von vielen als Revolutionär bezeichnet, ist er eher ein Robespierre als ein Danton. Und zieht damit Aggressionen auf sich, auch der internationalen Gemeinschaft.

Der am 24. März 1975 in Prishtina geborene Kurti gründete Mitte der 90er Jahre eine streng pazifistisch agierende Studentenbewegung. Sie protestierte gegen die serbische Unterdrückung und hatte zugleich Kontakt zu serbischen oppositionellen Studenten. Nach den serbischen Massakern 1998 und dem Beginn des bewaffneten Widerstands arbeitete Kurti für den Sprecher der Kosovo-Befreiungsarmee UCK, Adem Demaci. Nach dem Angriff der Nato gegen Serbien im Frühjahr 1999 wurde er von der serbischen Polizei verhaftet, ins Gefängnis gebracht und zu 15 Jahren Haft verurteilt. Aufsehen erregte trotz vorausgehender Folter seine unbeugsame Haltung vor Gericht.

2001, nach dem Sturz von Slobodan Milosevic, wurde er entlassen, kehrte nach Kosovo zurück, studierte Computerwissenschaften und begann mit dem Aufbau einer zivilgesellschaftlichen Organisation. Die Gruppe „Selbstbestimmung“ sollte sich mit allen möglichen Mächten anlegen. Die UNO wolle durch Erpressung der korrupten UCK-Führer einen faulen Kompromiss mit Serbien erzwingen, sagte Kurti und demonstrierte gegen die UN-Mission, was ihm monatelange Gefängnisstrafen einbrachte. „Selbstbestimmung“ formierte sich zur Partei um. Mit dem Erfolg bei den jüngsten Parlamentswahlen wird es Kurti den internationalen Institutionen nicht leicht machen, einen neuen Verhandlungsprozess zwischen Belgrad und Prishtina einzuleiten. Er lehnt alle Verhandlungen über den Status des Kosovo ab und kann sich eine Vereinigung mit Albanien vorstellen, wenn Kosovo gezwungen würde, in den serbischen Staatsverband zurückzukehren. ER

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