Musterknaben in spe

Die Meeresanrainer Schleswig-Holstein und Niedersachsen tun sich zusammen – und veröffentlichen einen Berliner Aufruf zum Meeresschutz. Die beiden Länder warnen davor, das Ökosystem aus dem Gleichgewicht zu bringen

Für eine starke EU-Richtlinie zum Meeresschutz haben sich gestern die Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen eingesetzt. Der schleswig-holsteinische Umweltminister Christian von Boetticher (CDU) stellte in Berlin zehn Forderungen vor, die es ermöglichen sollen, das Meer als Lebensraum zu erhalten. „Entschlossenes und vorausschauendes Handeln ist jetzt notwendig, damit die Weltmeere kritische Systemgrenzen nicht überschreiten“, sagte von Boetticher.

Der Kieler Minister versteht den „Berliner Aufruf“ als „konstruktiven Beitrag“ zu den Verhandlungen über das Grünbuch „Die künftige Meerespolitik der EU“ – eine Vision, die im kommenden Jahr in konkrete Handlungsempfehlungen umgesetzt werden soll (taz berichtete). Umweltschützer kritisierten am Grünbuch, dass der Umweltschutz faktisch stets hinter ökonomischen Erwägungen zurück stehen müsse.

Mit dem Berliner Aufruf haben Schleswig-Holstein und Niedersachsen symbolisch einen klaren Schwerpunkt beim Umweltschutz gesetzt. Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein wollten sich anschließen, sagte von Boetticher.

In dem Aufruf fordern die Bundesländer, präzise Qualitätsziele vorzugeben, die erreichten Schutzstandards in Nord- und Ostsee nicht zu unterschreiten und den Schadstoffeintrag weiter zu verringern. Außerdem plädieren die Länder für eine effektivere Überwachung der Meeresumwelt.

Alfred Schumm, der Leiter des WWF-Meeresschutzzentrums in Hamburg, findet den Berliner Aufruf hilfreich. „Ich kann fast alles unterschreiben“, sagt der Umweltschützer. Deutschland und seine Küstenländer seien durchaus Vorreiter im Meeresschutz. Schumm forderte die EU auf, die Macht ihrer Subventionen zum Schutz der Meere zu nutzen. Statt Überfischung zur begünstigen, müsse sie den nachhaltigen Fischfang fördern.

GERNOT KNÖDLER