Atommüllfässer in Auflösung begriffen

ASSE In einem Teil des Atommülllagers hat sich die Menge an radioaktiver Salzlösung verdoppelt

Vor der Einlagerungskammer acht des Atommülllagers Asse hat sich die Menge radioaktiv belasteter Salzlösung verdoppelt. Statt vier Liter täglich wie im ersten Halbjahr 2010 würden dort derzeit acht Liter aufgefangen, sagte der Sprecher des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Werner Nording. Messungen zeigten zudem, dass die Konzentration an radioaktivem Cäsium im selben Zeitraum von 2,4 auf etwa 4,3 Kilobecquerel pro Liter angestiegen ist.

Die Lösung tritt wahrscheinlich aus dem Deckgebirge zu und nimmt auf ihrem Weg durch die Kammer acht radioaktive Stoffe auf. In dieser Kammer lagern dem BfS zufolge 11.278 Fässer mit schwach radioaktiven Abfällen.

Der Vorsitzende der Grünen im Niedersächsischen Landtag, Stefan Wenzel, sagte, die Verdopplung der Radioaktivität in der Lauge zeige, „dass die Laugen in den Kammern Kontakt mit dem Müll haben müssen“. Es sei davon auszugehen, dass einige Fässer schon bei der Einlagerung beschädigt worden seien. Andere Fässer könnten durch den Bergdruck beschädigt worden sein. Im Rahmen der anlaufenden Probephase zur Bergung der Abfälle müsse jetzt möglichst zügig der Zustand der Kammern und der Fässer in den Kammern untersucht werden.

Udo Dettmann vom Asse-II-Koordinationskreis, dem Zusammenschluss der örtlichen Bürgerinitiativen, bezeichnete die erhöhte Menge an kontaminierter Lösung als „an sich“ noch kein großes Problem. Es verdichteten sich aber die Hinweise, dass mehrere Kammern mit Atommüll inzwischen nass seien und sich die eingelagerten Fässer auflösten.

Dies stelle das Konzept des BfS für eine „heile Rückholung“ des Atommülls in Frage. Die Behörde müsse ihre Planungen anpassen. „Wahrscheinlich befindet sich in den Kammern ein Konglomerat aus Fässern, Atommüll und Flüssigkeit“, sagte Dettmann. „Konkret heißt das: statt wie geplant mit Greifern, muss man das Zeug womöglich mit dem Frontlader herausholen.“ REIMAR PAUL