AMERICAN PIE
: Für immer und Brett

FOOTBALL Die Minnesota Vikings und ihr Quarterback Brett Favre geben sich alle Mühe, die Gültigkeit von Murphys Gesetz zu beweisen

Was schiefgehen kann, geht auch schief. Wer noch an der Gültigkeit von Murphys Gesetz zweifeln sollte, der muss nur mal nach Minneapolis blicken. Zuerst hatten sich die dort beheimateten Minnesota Vikings, obwohl als Mitfavoriten in die Football-Saison gestartet, früh aus dem Titelrennen verabschiedet. Dann versagte das Dach ihrer Spielstätte den Dienst. Und nun endete auch noch die Serie ihres Spielmachers: Zum ersten Mal seit 19 Jahren musste Quarterback Brett Favre seinen Start absagen.

Eine Schulterverletzung, die er sich vor einer Woche gegen die Buffalo Bills zugezogen hatte, führte dazu, dass der 41-jährige Favre am Montag recht verloren am Spielfeldrand herumstand. Auf dem Kopf trug er keinen Footballhelm, sondern eine lila Wollmütze, während der Rest seiner Vikings von den New York Giants vorgeführt wurde und 3:21 verlor. Davor hatte Favre 321 Spiele ohne Pause bestritten: Eine im körperbetonten Football schier unglaubliche Serie, die der „Iron Man“ der NFL mit viel Glück und dem bisweilen missbräuchlichen Einsatz von Schmerzmitteln nahezu 18 Spielzeiten lang am Leben gehalten hatte. „Es war ein toller Lauf“, sagte Favre, „aber es wohl an der Zeit, dass die Serie endet.“

Eine Einschätzung, die mancher Beobachter teilt. Zwar ließ das inzwischen ergraute Aushängeschild der Liga in dieser Saison immer wieder seine alte Brillanz aufscheinen, aber mit schweren Patzern trug ein nicht immer völlig fitter Favre dazu bei, dass Minnesota allzu früh alle Titelhoffnungen begraben musste. Bei der Niederlage gegen die Giants wurde aber auch klar, dass es ohne Favre kaum besser gelaufen wäre: Sein Ersatz Tarvaris Jackson bekleckerte sich nicht eben mit Ruhm und gilt im Alter von 27 Jahren als einstmals großes, aber mittlerweile gescheitertes Talent.

Deshalb wäre der extrem ehrgeizige Favre wohl trotzdem gerne aufgelaufen. Aber seine Wurfhand blieb vollkommen gefühllos – auch nach einem zusätzlichen Tag der Ruhe. Hatten die Vikings doch das eigentlich für Sonntag angesetzte Spiel absagen, um 24 Stunden verschieben und nach Detroit verlegen müssen, weil das Dach des heimischen Metrodomes den Geist aufgegeben hatte. Das Gewölbe des dreißig Jahre alten Stadions, eine von erhöhtem Luftdruck im Innenraum gestützte Fiberglas-Konstruktion, hatte kapitulieren müssen, als sich innerhalb weniger Stunden eine 43 Zentimeter dicke Neuschneedecke auf ihm angesammelt hatte.

Durch die NFL twitterte daraufhin schnell der Witz, dass selbst der Wettergott ein Favre-Fan sei. Doch der Beistand von ganz oben war umsonst: Die ungewöhnlich ruhmreiche Karriere des Quarterbacks, deren Höhepunkt der Super-Bowl-Sieg 1997 mit den Green Bay Packers war, ist wohl zu Ende. Dass Favre, der als einziger drei Mal zum besten Akteur der NFL gewählt wurde, in einer der drei verbliebenen, für die Vikings bedeutungslosen Begegnungen auflaufen wird, ist ziemlich unwahrscheinlich. Und diese Saison, hat er bereits angekündigt, soll auch seine letzte sein. Allerdings: Favre hält nicht nur jeden verfügbaren NFL-Rekord als Passwerfer, sondern auch die Bestmarke, wenn es um Rücktritte vom Rücktritt geht. Die oft langwierige Entscheidung, ob der legendäre Spielmacher doch noch mal eine Saison dranhängt, ist bereits seit Jahren das Lieblingsthema der Medien in den Football-freien Sommermonaten. Bislang kehrte der als notorisch wankelmütig berüchtigte Favre noch immer wieder aus dem Ruhestand zurück. THOMAS WINKLER