„Am Ende kommt der goldene Himmel“

Der Song „You’ll never walk alone“ ist nicht nur beim FC St. Pauli zur Fan-Hymne geworden. Die Geschichte des Songs hat der Hamburger Journalist Karsten Blum in einem Hörfunkfeature festgehalten – und dafür den Niedersächsischen Hörfunkpreis 2006 bekommen

taz: Herr Blum, der Song „You’ll never walk alone“ ist vor allem bekannt als die Fußball-Hymne des FC St. Pauli. Haben Sie noch Hoffnung, dass St. Pauli diese Saison den Aufstieg in die zweite Liga hinkriegt?

Karsten Blum: Ich habe schon noch Hoffnung. Obwohl ich mit der Trainer-Entscheidung gegen Andreas Bergmann nicht so glücklich bin. Aber ich sehe durchaus eine Chance: Der Abstand zur Spitze ist noch nicht so groß.

Worum geht es in „You’ll never walk alone“?

Es ist eigentlich ein relativ kitschiger Text, der aus dem Musical „Carousel“ aus dem Jahr 1945 stammt. Ins Deutsche übersetzt heißt es da: Man soll mit Hoffnung im Herzen weitergehen, egal ob es stürmt oder regnet, und am Ende, wenn man das alles geschafft hat, kommt der goldene Himmel und der süße Gesang der Lerche. In den USA wurde der Song auch gerne für Benefiz-Veranstaltungen benutzt.

Es ist in dem Song auch die Rede von Träumen, die platzen. Ist der Song eine Hymne für Verlierer?

Das könnte man meinen. Nur, in den letzten Jahrzehnten ist der Song ja zu einem Fußball-Song geworden, den die Fans aller Vereine singen. Der Song ist sehr pathetisch. Er schweißt die Fans mit dem Verein zusammen, egal, ob man verliert oder gewinnt.

Wird der Song tatsächlich auch nach einem Sieg gesungen?

Ja, der Song wird auch so einfach mal nach dem Abpfiff gespielt, das gehört zum automatischen Ablauf in einem Stadion dazu. Ich glaube nicht, dass die Verantwortlichen den Text kennen und sich klar darüber sind, was sie da spielen.

Also wissen auch die Fans gar nicht genau, was sie da singen.

Das würde ich für Deutschland vermuten. In England ist das natürlich anders: Da kommt der Song aus dem Umfeld des FC Liverpool und hat noch einmal einen anderen Hintergrund.

Welchen denn?

Chronologisch ist es so, dass der Song in den frühen 1960er Jahren von der Liverpooler Band „Gerry and the Pacemakers“ neu aufgelegt wurde und in die Hitparaden kam.

Woran liegt es, dass der Song ausgerechnet unter Fußball-Fans zu so einer Mitsing-Hymne geworden ist?

Die Fans singen Lieder ganz gerne, die eingängig sind und mit denen sie auch noch andere Sachen anstellen können. Wie zum Beispiel bei „Yellow Submarine“ von den „Beatles“. Auf diesen Song kann man singen: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus.“

Welches ist die jüngste Cover-Version, die Ihnen untergekommen ist?

Das waren die deutschen Versionen von Bela B für St. Pauli und die der „Toten Hosen“.

Wie sind Sie mit dem Song in Berührung gekommen?

Ich kannte ihn im Zusammenhang mit dem FC Liverpool. Und auch hier bei St. Pauli kriegt man den Song natürlich ständig um die Ohren. Außerdem gibt es eine persönliche Geschichte: Meine Frau und ich haben unseren Ehering im St. Pauli-Shop ausgesucht. In den Ring ist eingraviert „You will never walk alone“. Wir haben den Kitsch auch persönlich umgesetzt.

Singt man den Song auch beim FC Bayern?

Das müsste man mal recherchieren. Vom Text her würde es ja nicht so passen.

Welches ist das Pendant zu „You’ll never walk alone“ auf Gewinnerseite?

Eindeutig „We are the champions“ von „Queen“. Wobei dieser Song ja universell eingesetzt wird, nicht nur beim Fußball.

2003 bekamen Sie den Niedersächsischen Hörfunkpreis für die Hörfunk-Reihe „Die schönsten Niederlagen des FC Bayern München“. Worum geht es da?

Da haben wir besondere Niederlagen des FC Bayern rausgesucht und zu jeder dieser Niederlagen eine Geschichte erzählt, versehen mit Songs wie „Ich würde nie zum FC Bayern gehen“ von den „Toten Hosen“ oder „Bayern hat verloren“ von „Norbert und die Feiglinge“.

Wer wird deutscher Meister?

Werder Bremen. Ich würde lieber FC St. Pauli sagen. Aber das geht ja leider nicht.

Interview: KLAUS IRLER

Das Feature ist im Internet auf der Seite www.nlm.de zu hören