off-kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Für eine Handvoll Dollar“, 26. 11. im Z-inema

Zum 100. Geburtstag des großen Kinorealisten Luchino Visconti ehrt das Arsenal-Kino den adeligen Marxisten mit einer umfangreichen Werkschau, die von den frühen neorealistischen Arbeiten bis zu den opernhaften Untergangsdramen der Spätzeit des Künstlers reicht. Wobei Realismus und opernartige Inszenierung eigentlich in fast allen Filmen Viscontis zum Tragen kommen. So entwickelt beispielsweise das mit sizilianischen Laiendarstellern gedrehte neorealistische Fischerdrama „La terra trema“ (1948) ein geradezu episches Format, während die opulente Ballszene in „Der Leopard“ (1962), dem grandiosen Abgesang auf den Adel im Palermo der 1860er-Jahre, vor allem mit detailversessenem Realismus besticht: Anderthalb Monate drehte Visconti mit echten Adeligen als Statisten, mit echten Speisen auf originalem Geschirr, während der alte Fürst von Salina (Burt Lancaster) zwischen Tanz, Trubel und Smalltalk mit resignierter Grandezza dahinsiecht. Eine Studie des Verfalls ist auch Viscontis Verfilmung von „Tod in Venedig“ (1970): Untermalt vom Adagietto aus Gustav Mahlers 5. Sinfonie wankt der Komponist Aschenbach (Dirk Bogarde) in dieser kongenialen Umsetzung der Thomas-Mann-Novelle durch ein graues, morbides Venedig und erlebt in einer letzten Woge verzweifelter Sinnlichkeit das Scheitern des bourgeoisen Künstlers.

„The Phantom of the Opera“, 27. 11. im Kino in der Komischen Oper

Zum Thema Oper passt natürlich auch „The Phantom of the Opera“, Rupert Julians Verfilmung des berühmten Gruselromans von Gaston Leroux, die noch dazu in der Komischen Oper gezeigt wird. Komisch ist an Horrorstar Lon Chaney, der hier einen grässlich verunstalteten und wahnsinnigen Musiker verkörpert, der eine junge Sängerin in die Katakomben des Pariser Opernhauses entführt, allerdings selbstredend nichts: Er versucht, sich an allen Menschen zu rächen, von denen er sich gedemütigt glaubt. Optischer und inszenatorischer Höhepunkt des Films ist ein pompöser Maskenball, dessen Pracht sich in dem seinerzeit gerade erfundenen 2-Farb-Technicolor erst so richtig entfalten konnte.

In den frühen 60er-Jahren produzierte die italienische Kinoindustrie in der Nachfolge des amerikanischen Studiosystems eine große Zahl von Abenteuerfilmen für den internationalen Markt. Und kam dabei meist über einen müden Abklatsch der einstigen Genreproduktion Hollywoods nicht hinaus. Bis zu jenem denkwürdigen Tag, an dem Sergio Leone unter dem Pseudonym Bob Robertson die Dreharbeiten zum Western „Für eine Handvoll Dollar“ in Angriff nahm und das ureigenste amerikanische Genre radikal vom Ballast der Mythen befreite: Fairness, Pioniergeist und Idealismus wurden durch eine gehörige Dosis Hinterhältigkeit, Geldgier und Zynismus ersetzt. Der sarkastische Witz, die plakative Brutalität, der stoisch am Zigarillostummel kauende Ex-Seriendarsteller Clint Eastwood und die Musik von Ennio Morricone machten den Film zu einem solchen Erfolg, dass er in den folgenden Jahren Dutzende von Nachahmern fand: Der Italo-Western war geboren. LARS PENNING

„La terra trema“ (OmU), 25. 11, „Der Leopard“, (OmU) 29. 11., „Tod in Venedig“, (Engl. F) 27. 11. im Arsenal